Nach dem gesellschaftskritischen Roman von Juli Zeh aus dem Jahre 2016, bringt uns nun das ZDF „UNTERLEUTEN“ als Dreiteiler ins Fernsehen. Die Serie erzählt die Geschichte des fiktiven Dorfes Unterleuten und seiner Einwohner. Unterleuten liegt in der brandenburgischen Provinz, nahe Berlin, dessen ältere Einwohner immer noch die Nachwehen der Wiedervereinigung spüren und zu verarbeiten haben. Aber auch die jüngeren Generationen bemerken, dass in diesem vermeintlichen Idyll, etwas nicht stimmt und das so ganz und gar nicht. Der Dreiteiler wird erstmalig beginnend ab dem 09., 10., und 11. März 2020, jeweils um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt. Ich durfte bereits einen Blick auf die fertige Serie werfen und werde euch erzählen ob es lohnt einzuschalten.
Story:
Das in der brandenburgischen Provinz liegende Dorf Unterleuten, scheint auf den ersten Blick einer typisch ländlichen Idylle zu gleichen. Einem Ort, an dem man seine Kinder großziehen will, weit weg vom Lärm und Dreck der Großstädte, eine Gegend, in der man eins mit der Natur sein kann. Wären da nicht die Einwohner Unterleutens, mit all ihren Geheimnissen, ungeklärten Problemen, verklärten Sichtweisen, vergrabenen „Leichen“, Eigeninteressen, fälschlich angenommener Wahrheiten, heuschreckenartiger Investoren sowie finanzieller Probleme des Dörfchens selbst. Doch was verbindet und entzweit die Bewohner Unterleutens gleichermaßen? Es ist die Aussicht des Bürgermeisters auf finanziellen Aufschwung, dank der Windkraft-Technologie. Diese Entwicklung schürt nicht nur neue Hoffnungen, sondern erregt auch die Gemüter. In diesem Zusammenhang werden alte Wunden aufgerissen, Verborgenes kommt ans Tageslicht, Intrigen werden gesponnen und alte Rechnungen wollen beglichen werden. Die letztendlich gefällten Entscheidungen eines jeden Einwohners werden nicht erwartete Folgen nach sich ziehen. Ebenso tritt Gewalt an Stelle der Vernunft, es wird Opfer fordern und fast niemand ist mehr frei von Schuld. Schlussendlich steht sinnbildlich kein Stein mehr auf dem anderen und allen ist klar, der Preis, den sie für ihr Handeln zahlten, war eindeutig zu hoch.
Meinung und Wertung:
Juli Zehs Roman „Unterleuten“ aus dem Jahre 2016 war mir bis dato unbekannt, umso positiv überraschter war ich von dieser Romanverfilmung. Der Dreiteiler fängt eigentlich recht harmlos an und könnte auch eine Episode aus der alten deutschen Serie „Neues aus Uhlenbusch“ mit einem Hauch „Lindenstraße“ sein. Ein Dorf mit Bewohnern jeglichen Alters und bunt gemischt: alteingesessene Einheimische, Zugezogene, Ökos, Grantler, Frei-Denker, etc. so wie man es auch aus der „Lindenstraße“ kennt. Im Verlauf des ersten Teils, lernen wir wie verschiedenen Protagonisten kennen, allen voran der alte Rudolf Gombrowski, seines Zeichens Großgrundbesitzer und nach der Wende Hauptarbeitgeber im Dorf samt Frau: Sowie den ebenfalls alten Kron, standhafter Kommunist aus den alten Zeiten der DDR. Diese beiden verbindet seit Jugendtagen eine alte Feindschaft, die nach dem Tod eines gemeinsamen Bekannten ihren Höhepunkt fand. Seitdem vermutet Kron, dass Gombrowski für sein zerschmettertes Knie und den Tod Eriks verantwortlich ist und Bodo Schaller sein ausführendes Organ war. Beweise gab es nie, Aussprachen ebenso wenig, einzig verhärtete Fronten und alte Wunden blieben zurück. Als Zuschauer spürt man fast schon zur ersten Minute, dass dort etwas unheilvolles in der Luft liegt. Die weiteren Protagonisten sind Krons und Grombowskis alte Freundin Hilde und Witwe von Erik sowie Krons Tochter nebst Ehemann und Enkelin, der Naturbeauftragte Dr. Gerhard Fleiß mit seiner wesentlich jüngeren Frau Jule und kleinem Töchterchen. Der neuste Zugang im Dorf Linda Franzen mit Freund Frederick, deren größter Traum eine Reitanlage ist. Sowie der zurückgekehrte Bodo Schaller, der Bürgermeister, Anne Pilz (wie der Champignon) Beauftragte der Vento Direkt und der durchreisende Investor Konrad Meiler, der eine gewinnbringende Investition wittert.
Wie bereits erwähnt, fußt ein Teil der Geschichte auf einer alten Feindschaft und auch die finanziellen Probleme des Dörfchens verschärfen die Situation. Und das nicht nur zwischen Gombrowski und Kron, sondern bei fast allen genannten Figuren. Die finanzielle Lösung hat Anne Pilz parat, die Vento Direkt plant den Ausbau ihrer Windkrafträder. Für den Bürgermeister die Chance, finanziell wieder Oberwasser zu gewinnen. Dies ruft im Dorf unterschiedliche Reaktionen hervor, während der eine die Chance sieht, seinen maroden Betrieb zu retten, so sehen andere ihr ländlich friedliches Leben bedroht und Investor Meiler sieht viel Geld auf sich zukommen, Linda Franzen ihren Pferdehof und Dr. Fleiß den Verlust seines neu entdeckten Lebensgefühls. Ist man sich als Zuschauer anfangs noch nicht sicher, auf welche Seite man sich schlagen würde, so wird einem diese Entscheidung im Verlauf der drei Teile immer schwerer und letztendlich ist die Antwort dann doch so einfach: auf keine! Aus einem augenscheinlich ländlichen Idyll, mit seinen so netten und freundlichen Einwohnern, wird ein Ort voller Intrigen, Missverständnissen, Verrat, Angst, Gewalt, Täuschungen, Gier und Betrug.
Fazit:
Es wird Zeit fürs Fazit: „UNTERLEUTEN“ erzählt sehr eindringlich die Geschichte seiner Einwohner, die im Verlaufe der drei Teile ihren Irrungen und Wirrungen erliegen. Was bis dahin noch nicht dramatisch wäre, wenn sie diese nicht zu Aktionen verleitet hätten, die weit über dem Akzeptierbaren liegen. Was Anfangs mit Unwillen und Missgunst beginnt, wandelt sich von einer Chance zu Gier bis hin zu Betrug. Aus Recht und Ordnung entsteht Angst und daraus wiederum Gewalt. Halb oder gar völlige Unwissenheit sowie fälschliche Annahmen verleiten die Bewohner zu Taten, die nicht mehr rückgängig zu machen sind und in Dramen enden. Interessant dabei zu beobachten ist, wie sich die Spirale der direkten und indirekten Gewalt immer weiter ausdehnt. Aus einem idyllischen Dörfchen wird ein Schlachtfeld und so gut wie keiner bleibt mehr ohne Schuld zurück, von den Kollateral-Geschädigten mal ganz abgesehen. Das Schauspiel ist auf sehr hohem Niveau, was nicht zuletzt an dem Cast liegt, der unter anderem aus: Thomas Thieme (Das Parfüm), und Miriam Stein („Unsere Mütter, unsere Väter“), Alexander Held („Tannbach“), Charly Hübner („Lindenberg! Mach dein Ding“), Bjarne Mädel („Tatortreiniger“), Ulrich Noethen („Der Untergang“), Jörg Schüttauf („Bad Banks“), Mina Tander („jerks“) besteht. Regie führte Matti Geschonneck („In Zeiten des abnehmenden Lichts“).
Empfehlen kann ich diesen ZDF-Dreiteiler besonders denjenigen, die auch mal wieder eine dramaturgisch tiefergehende und intensive Gesellschaftskritik aus unseren Landen sehen möchten. „UNTERLEUTEN“ zeigt dabei sehr eindringlich, zu was Menschen aus unterschiedlichsten Gründen fähig sein können. Auch in Dörfern herrscht nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen. Besonders dann nicht, wenn Menschen ihre Komfortzone verlassen müssen oder alte Leichen zu Tage gefördert werden und man sich gezwungen sieht, sich der Vergangenheit, der Gegenwart und auch der Zukunft stellen zu müssen.
Wie immer möchte ich mich für eure Aufmerksamkeit bedanken und hoffe wir lesen uns bei meinem nächsten Review wieder.
(Marc Maurer)
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