Erinnert ihr euch noch an „Alan Wake“ von Remedy? „Alan Wake“ war ein Psycho-Thriller, bei dem der Hauptcharakter nur in Sicherheit war, wenn er sich in der Nähe von Lichtquellen befand. Im Dunklen lauerten die Schatten, die Alan ins Unheil stürzen wollten…
In ähnlicher Weise knüpft „Those Who Remain“ von Camel 101 an dieses Spielprinzip an. Alles beginnt mit einer Sequenz, in der unser Hauptcharakter Edward extreme Gewissensbisse aufgrund einer Affäre mit einer anderen Frau hat. Er beschließt, die Geschichte zu beenden und deshalb den Ort Dormont aufzusuchen, um die Affäre mit Diane endgültig zu beenden und zu seiner Frau zurückzukehren. Auf der Fahrt zum Motel sinniert Edward über die Fehler, die er in seinem Leben gemacht hat. Am Treffpunkt angekommen, findet er zwar das richtige Hotelzimmer, aber keine Spur von der Frau. Nur eine Nachricht von seiner Bettgespielin mit dem merkwürdigen Hinweis – „bleib im Licht….“ ist der einzige Hinweis. Wo ist die gesuchte Freundin, was sind das für finstere Gestalten, die einen beobachten und nach dem Leben trachten?
„Those Who Remain“ ist ein Walking Simulator in First-Person Ansicht mit Rätseleinlagen. Die Story spielt fast nur bei Nacht – und beruht auf dem Spiel mit Licht und Schatten. Genau wie bei „Alan Wake“ ist der Held nur im Licht in Sicherheit. In der Dunkelheit lauern dunkle Schattenwesen, die Edward mit glühenden Augen anstarren und ans Leder wollen. Zumeist ist man damit beschäftigt, den Weg in die Stadt Dormont zu finden. Hierzu muss Edward an verschiedenen Stellen kleinere Rätsel lösen, um weiter zu kommen. Beispielsweise in einem verlassenen Haus eine Sicherung finden, damit man den Generator für die Scheinwerfer wieder in Gang bekommt, um das dunkle Feld mit den Schattenwesen überwinden zu können. Die Rätsel sind zumeist recht logisch aufgebaut und können meistens durch genaues Betrachten der jeweiligen Location gut gelöst werden. An bestimmten Stellen im Spiel muss Edward aber von der „normalen“ Welt in eine Parallelwelt (den anderen Ort) wechseln. Hierzu gibt es leuchtende Portale zumeist in Form von Türen, die Edward durchschreiten kann. In der Parallelwelt kann Edward dann Dinge tun, die ihm in der realen Welt wiederum den Weg frei machen. Ein Beispiel: an einer verlassenen Tankstelle steht ein verlassenes Auto. Damit Edward weiter kommt, benötigt er Licht. Er kann aber die Autotür nicht öffnen und somit nicht die Scheinwerfer einschalten. In der Parallelwelt findet Edward das Auto ebenfalls vor, aber in einer verrosteten Variante, die stark mit Efeu bewachsen ist und die Türen somit nicht zu öffnen sind. Zum Glück findet Edward eine Spritze mit Unkrautvernichter. Diese beseitigt das Unkraut – das Auto lässt sich öffnen und die Scheinwerfer einschalten. Im weiteren Verlauf der Geschichte sind von Edward auch Entscheidungen zu treffen, die sich auf den Fortgang und das jeweilige Ende des Spiels auswirken, die aber sehr oberflächlich bleiben. An späteren Stellen im Spiel bekommt man es auch mit feindseligen Gegnern zu tun. Beispielsweise einem Golem, der einem durch ein Kürbisfeld folgt, bei dem es ein Rätsel mit mehreren Löwenstatuen zu lösen gilt sowie einer alten verrückten Frau, die unvermittelt auftaucht und bei der nur die Flucht nach vorne als Lösung bleibt. Wie schaut’s denn technisch bei „Those Who Remain“ aus? Die Grafik ist aus meiner Sicht höchstens als zweckmäßig zu bezeichnen. Zwar sind die Licht- und Schattensequenzen gut gelungen, aber viele Texturen der Umgebung und der Charaktere wirken sehr grob und matschig. Zudem hat man den Eindruck, dass das Bild trotz optimaler Gamma-einstellung zu dunkel bzw. milchig wirkt. Akustisch sieht es da etwas besser aus – die Ton-Effekte sind gut gesetzt, es gibt beunruhigende Umgebungsgeräusche und einen passenden Soundtrack. In der deutschen Lokalisation spricht Sascha Rothemund den Charakter Edward. Auffällig war in meinem Test, dass an ein paar Stellen im Spiel, die deutsche Version auf die englische Tonspur wechselte.
Fazit:
Der Producer von „Those Who Remain“ nennt sein Werk selbst einen „First-Person-Psycho Logical-Adventure-Thriller“. Ein sehr ambitionierter Anspruch, der aus meiner Sicht kaum gehalten wird. „Those Who Remain“ bedient sich bekannter Motive wie dem Licht- und Schattenspiel aus „Alan Wake“. Dem Motiv einer Kleinstadt, in der merkwürdige Dinge passieren á la Twin Peaks – sowie einem Paralleluniversum (der andere Ort). Die Elemente werden bunt mit einem von Selbstzweifeln gepeinigten Hauptcharakter zusammengemischt – aber das allein macht kein gutes Mystery-Game. Das Ergebnis spielt sich nicht besonders spannend, von Horror keine Spur – die dämlich rumstehenden Gestalten mit den leuchtenden Augen, verunsichern vielleicht In den ersten fünf Minuten, danach sind sie nur Statisten. Auch ist Edward in seinem Aktionsradius stark limitiert – eigentlich kann er nur ein wenig durch die Gegend spazieren und nach Gegenständen suchen bzw. benutzen – Abwechslung – Fehlanzeige. Auch technisch kommt der Titel eher sparsam daher – die Grafik ist an manchen Stellen einfach nicht mehr zeitgemäß und der Spielablauf viel zu linear. Das Einzige, was „Those Who Remain“ vor dem kompletten Absturz rettet, ist eine einigermaßen interessante Story und das Wechseln zwischen der Realität und der Parallelwelt, um die Rätsel zu lösen.
Pro:
- Nettes Mystery-Setting, mit einigermaßen interessanter Story
- Reizvoller Wechsel zwischen Realität und Parallelwelt
Contra:
- Zusammengeklaubte Mystery-Elemente, die nicht richtig harmonieren
- Kaum Spannung, geschweige denn Horror
- Schwache Grafik, matschige Texturen
- Langatmiger Spielablauf
(Michael Schröder)
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