The Nightingale – Blu-ray Review | Koch Films | 10.06.2020

Story:

Die junge, irische Clare lebt als Verurteilte mit Ehemann Eddie und ihrem Baby in der britischen Strafkolonie Van Diemen`s Land, zur Zeit der Kolonialisierung Australiens, im Jahre 1825. Im Grunde als Sklavin für den englischen Leutnant Hawkins, fiebert sie dem Ende ihrer Strafe entgegen und der Freiheit für ihre Familie. Doch Hawkins lässt sie trotz abgebüßter Strafzeit nicht ziehen, auch grenzenlose Kompromisse ihrerseits an Hawkins verhelfen ihr nicht zur Freiheit. Als ihr Mann Eddie sich auflehnt, eskaliert die Situation, die Konsequenz daraus ist, dass Eddie und das Baby getötet werden. Clare wird misshandelt aber am Leben gelassen, als sich Hawkins mit ein paar Soldaten in Richtung Norden aufmacht, fasst Clare einen Plan. Mit dem Aborigine Billy, einem Fährtenleser, nimmt sie die Spur von Hawkins und seinen Männern auf, ihr Ziel, Rache.

Eindruck:

Im Jahr 2014 gab die Regisseurin Jennifer Kent mit „The Babadook“ ihr Spielfilm-Debüt. Mit dem sie einen unter die Haut gehen Horrorfilm drehte, der Kritiker und Publikum begeistern konnte. Jetzt kommt mit „The Nightingale“ ihr zweiter Film, der kontrastreicher kaum ausfallen konnte. Ein historischer Rachethriller, der sich neben der englischen Kolonialisierung natürlich auch mit der Ausrottung der Ureinwohner beschäftigt. Die Grundidee gefällt mir, nun, wie ist die Umsetzung ausgefallen, kann „The Nightingale“ an Jennifer Kents Erstlingswerk anknüpfen?

Die Ausgangslage ist klar, für Clare, die alles verloren hat, gibt es nur noch einen Weg. Dass sie für diesen einen Aborigine an ihrer Seite wählt, dessen Volk fast gänzlich abgeschlachtet wurde, birgt eine vielversprechende Note, die zusätzlich Zündstoff in die Geschichte bringt. All das wird imposant in Szene gesetzt, mit einer authentischen Kulisse, welche die damalige Zeit recht eindrucksvoll vermittelt. Das spiegelt sich ebenfalls in den Kostümen und auch in ihren Frisuren wider. Keine glänzenden Uniformen, nicht tadellos sitzende Frisuren, alles sieht ehrlich und realistisch aus.

Clare, gespielt von der recht unbekannten Aisling Franciosi gespielt, bietet eine eindringliche und facettenreiche Darbietung. Ihr Begleiter Billy, dargestellt von Baykali Ganambarr, steht ihr in fast nichts nach und verkommt nicht nur zum Führer für Clare, auch sein Schicksal wird thematisiert. Der fiese Leutnant Hawkins wird von Sam Claflin eindrucksvoll wiedergegeben, auch er gibt seiner Rolle die nötige Vielschichtigkeit und wirkt nicht so stereotypisch wie die üblichen Bösewichte.

Fazit:

„The Nightingale“ bedient sich dem bekannten Rape and Revenge Thema, wie zum Beispiel „I Spit on your Grave“, ist allerdings nicht annähernd so reißerisch inszeniert. Denn wie emotionslos und unaufgeregt brutale Szenen hier kameratechnisch eingefangen sind, ist faszinierend und erschreckend zugleich. Das Gleiche gilt für die Darsteller, die Szenen sind nicht mit schnellen Schnitten versehen, die Kamera bleibt fast stehen, dadurch entsteht eine verstörende und beklemmende Wirkung, die einem Schlag in der Magengrube gleicht.

Auch Clares Jagd nach Rache ist mit seltener Dynamik geprägt, fast ruhig zieht sie mit ihrem Führer hinter Hawkins und seinen Leuten her, man zeigt, wie sie von Albträumen geplagt wird und den Aborigine Billy auf ihrem gemeinsamen Weg näher kennenlernt. Man lässt sich sogar etwas Zeit für die unterschiedlichen Kulturen der beiden, verliert dabei aber nie die eigentliche Jagd aus den Augen. Sie versuchen, die Soldaten schnellstmöglich einzuholen, nutzen Abkürzungen, wodurch der Weg aber auch beschwerlicher wird.

„The Nightingale“ besticht durch seine untypisch gelassene Herangehensweise in der Erzählgeschwindigkeit. Die ruhigen fast quälend wirkenden Bilder, immer mit dem Fokus auf die entsprechende Szene, entwickeln eine ungeheure Atmosphäre. Denn unterschwellig schwingt immer noch die grausame Tat zu Beginn von „The Nightingale“ beim Zuschauer mit. Der Film beginnt mit einem Schrecken, der bis zum Ende nachhallt, die abwechslungsreiche Verfolgung bietet bisweilen etwas Erholung davon. Jedoch bleibt die Spannung stets erhalten und entlädt sich in einem dramatischen Finale.

Für Freunde von blutigen und dynamisch geschnittenen Rape and Revenge Filmen, wird diese Inszenierung nicht unbedingt Begeisterungsstürme auslösen. Ignorieren sollten sie „The Nightingale“ dennoch nicht, eine ungewöhnliche Initiierung, ja, eine wirkungsvolle, definitiv.

Zu dem Mediabook oder der Amaray Veröffentlichung von The Nightingale, kann ich leider keine Information beisteuern, da mir lediglich die reine Disc zum Film vorlag.

Bild:

Eine teils warme Farbgebung wechselt sich mit einer dezent grün/gräulichen Filterung ab. Die entsättigten Farben vermitteln eine passende Stimmung und sind keinesfalls zu blass oder monoton. Der Kontrast und Schwarzwert sind auf recht gutem Niveau, selten gibt es ein paar Ausrutscher, mit denen man aber gut leben kann. Die Schärfe ist durchweg auf hohem Niveau, selten wirken vereinzelte Szenen softer. Das fast quadratische Bildformat besitzt eine eindringliche Wirkung und ist deshalb nicht unpassend gewählt.

Ton:

Die DTS-HD MA 5.1 Spur wird hier selten gefordert. Der Gesang von Clare, einige sporadische eingesetzte Umgebungsgeräusche, vermitteln bisweilen eine gelungene Räumlichkeit. Im Vordergrund stehen die klar verständlichen Dialoge, der Subwoofer könnte fast ausgeschaltet bleiben, selten unterstützt er eine Szene und wenn, dann ohne sich auch nur annähernd im Vordergrund zu spielen. Zu der Inszenierung dennoch eine gute Tonspur, die sich nicht auf die Geschichte legt, sondern sie begleitet.

Extras:

• Originaltrailer
• Deutscher Trailer
• The Nightingale in Context
• Making Of

Testequipment:

JVC DLA-X35
Panasonic DMP UB704
Marantz AV8801 / MM7055
B&W 7er Serie 5.1

(Hartmut Haake)

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