„Gibt es wirklich einen Vorhof zur Hölle, um seine Sünden zu büßen…?“
Obwohl es bei uns momentan mit den Temperaturen wieder steil bergauf geht und die ersten Freibäder ihre Pforten öffneten, beschert uns das deutsche Independent Label LEONINE einen eiskalten Psychothriller, der obendrein auch noch in den Bergen Kanadas spielt, ein frostiges Kontrastprogramm. „The Lodge“, so der Titel des Eröffnungsfilms des Fantasy Filmfestes 2019, soll, Kritiken nach, Fans des modernen Horrorkinos (mit Hang zum Drama), wie etwa „Midsommar“, „The Neon Demon“ oder „Hereditary“ wahre Freudentränen in die Augen schießen lassen. Ob dem so ist, und auch wie sich die technische Seite der Blu-ray so schlägt, sollen Filme.de-Leser gleich erfahren…
Story:
Um seinen Kindern die Weihnachtsferien zu versüßen, will der Journalist Richard mit seinen Kindern Mia und Aiden in eine gemütliche und verschneite Hütte in die Berge fahren. Alles könnte so schön sein, doch auch seine neue Freundin Grace ist mit an Bord und das gefällt den Kindern so gar nicht. Sie mögen und trauen Grace nicht übern Weg und zeigen ihr offen ihre Abneigung. Als Richard beruflich für ein paar Tage in die Stadt muss, bleiben Grace und die Kinder alleine in der Hütte. Die Kinder sind nicht angetan von der Reglung und werden in ihrem Widerwillen bestärkt, als jeden Tag unheimliche Dinge passieren. Als sie im Internet nach Grace recherchieren, finden sie über Grace Kindheit einige grausame Dinge heraus. Das ist der Beginn eines eskalierenden Katz-und-Maus-Spiels, bei dem Mia, Aidan und Grace an die Grenzen des Wahnsinns gezogen werden.
Inszeniert wurde der Psychothriller von dem österreichischen Regie-Duo Veronika Franz und Severin Fiala, die mit ihrem Erstlingswerk „Ich seh, ich seh“ bereits 2014 für Aufmerksamkeit in der Indie-Horror-Szene sorgten.
Bei wem sich aufgrund des oben genannten Titels immer noch die Nackenhaare aufstellen und Gänsehaut breitmacht, der liegt auch mit „The Lodge“ genau richtig. Auch hier steht subtiles Gruseln und ein sich stetig steigernder Spannungsbogen an der Tagesordnung… auch wenn beim zweiten Werk etwas anders an die familiäre Tragödie herangegangen wird.
Parallelen zum Erstling sind aber nicht von der Hand zu weisen. Da wäre zum einen die Frau, die mit zwei Kindern an Ort und Stelle festsitzt, anhaltende, ja fast schon „Kubrick“-artige Kamerafahrten durch die Gemäuer und auch stetige Kamerashots in den leeren Raum hinein sind wieder mit von der Partie.
Der Zuseher bekommt so genügend Zeit, die spärlich beleuchteten und fahlen Bilder zu bewundern, damit sich ein konstanter Grusel aufbauen kann. Dieser kommt nicht nur durch die spärlich eingespielten Jumpscare-Szenen zustande, sondern ist auch dem gemächlichen Storyaufbau sowie dem perfekten Zusammenspiel der schaurigen Beleuchtung sowie einigen ungewohnten Kameraeinstellungen geschuldet. Oftmals zeigen sich die schauderhaften Bilder, die Kameramann Thimios Bakatakis eingefangen hat, extrem distanziert und starren ins Leere, auf der anderen Seite wieder verstörend nah an den Protagonisten. „Shining“ lässt grüßen.
Auch der gut aufspielende Cast, unter anderem mit Richard Armitage („Thorin“ aus der „Hobbit“-Trilogie) Elvis Presleys Enkelin Riley Keough („It comes at night„), Jaeden Martell („Es – Kapitel 2„), Lia McHugh (“Along Came the Devil“) und last but not least, Alicia Silverstone („Clueless… was sonst?“, „The Killing of a Sacred Deer“), auch wenn diese nur kurz zu Beginn des Films zu bewundern ist, überzeugt auf ganzer Linie.
Vor allem die Kinder und Riley Keough machen ihre Sache außerordentlich gut und lassen durch ihr gekonntes Schauspiel den Wahnsinn dieses Psycho-Dramas erst so richtig entfalten. Schön, dass auch gegen Ende hin immer wieder ein paar Storytwists geboten werden, die doch den ein oder anderen Genre-Veteranen noch überraschen werden…
Auch wenn sich ab und an ein paar Längen einschleichen, bekommt man, wenn man sich auf den Titel wirklich einlässt, ein starkes und dramatisches Kammerspiel geboten, bei dem sich nicht nur einmal die Nackenhaare aufstellen werden. Fans von Splatter und hektischen Schnitten werden aber definitiv nicht glücklich mit „The Lodge“, da sich der Schauer, wie bereits erwähnt, erst mit fortwährender Laufzeit immer mehr entfaltet.
An Genregrößen wie „Hereditary“ oder „Midsommar“ kommt der Titel leider nicht ganz heran, denn dazu fehlt es ihm am gewissen Etwas. Wer aber auf gemächliche Psychodramen mit Horroreinschlag steht, kann dem zweiten Film des österreichischem Regie-Duos Veronika Franz und Severin Fiala durchaus eine Chance geben.
Bild:
Das fast bildschirmfüllende Gezeigte wird uns im Ansichtsverhältnis 1,85:1 präsentiert. Gedreht wurde analog auf 35mm mit Arricam Lt und Panavision Primo Kameras, die einen natürlichen Look wiedergeben können.
Die Farben und auch der Kontrast wurden bewusst und Genretypisch etwas zurückgefahren und auch einige gewollte Unschärfen lassen sich teilweise ausmachen. Die (Grund)Schärfe ist im gehobenen Durchschnitt anzusiedeln und bietet die meiste Zeit über ein ordentliches Bild.
Der Schwarzwert könnte zwar etwas saturierter sein, lässt aber dafür in den dunklen Szenen nichts absaufen, bzw. zeigt uns genau das, was auch Regisseur und Kameramann uns zeigen wollen.Filmkorn oder störende Artefakte konnten keine ausgemacht werden.
Ton:
- Deutsch DTS-HD MA 5.1
- Englisch DTS-HD MA 5.1
Sowohl der deutsche als auch der englische Originalton sind im Großen und Ganzen in Ordnung. Ein akustisches Effektfeuerwerk darf man zwar nicht erwarten, dennoch fallen dem Zuschauer in diesem doch recht dialoglastigen Psychodrama dezente direktionale Surround Effekte auf. Erst recht, wenn sich der Score von Danny Bensi und Saunder Jurriaans mit seinen abscheulichen unorthodoxen Klängen ankündigt, dann erzeugt dies schon eine wohlige Gänsehaut.
Der Subwoofer bekommt wenig bis gar nichts zu tun – immerhin sind die Dialoge stets gut zu verstehen, könnten aber in ihrer Dynamik noch einen Ticken lauter rüberkommen.
Extras:
„The Lodge“ Trailer
Trailershow:
- „Becoming – Das Böse in ihm“
- „Rythm Section – Zeit der Rache“
- „Strangers – Opfernacht“
- „Hustlers“
- „Countdown“
- „7500“
Leider besteht das Bonusmaterial lediglich aus weiteren Trailern aus dem Hause LEONINE.
Da der Redaktion für ein Review lediglich die lose Filmdisc zur Verfügung gestellt wurde, kann über ein etwaiges Wendecover ohne FSK 16 Siegel leider keine Auskunft gegeben werden.
Fazit:
Bild und Ton der Disc aus dem Hause LEONINE liegen Qualitativ im oberen Mittelfeld. Lediglich das spärliche Bonusmaterial hinterlässt einen faden Beigeschmack.
„The Lodge“ spielt gekonnt mit den Themen Drama, Wahnsinn und Horror und bietet Genrefreunden einen soliden Titel. Der erhoffte große Wurf ist dem österreichischen Regie-Duo, trotz den starken Jungdarstellern, aber leider nicht ganz gelungen.
Testgeräte:
TV: LG OLED 55C8PLA
Player: Sony UBP X-700
AV-Receiver: Denon AVR X-1500 H
Center-Lautsprecher: Teufel Ultima UL 40 C Mk3
Front- und Surround-Lautsprecher: Teufel Motiv 6
Atmos-Lautsprecher: Teufel Reflekt (Front Height)
(Alexander Gabler)
©Bilder und Trailer LEONINE – Alle Rechte vorbehalten!