Story:
In dem Restaurant La Barca neigt sich der Arbeitstag dem Ende entgegen. Ein letzter Gast verzehrt noch seine Mahlzeit, das Küchenpersonal um den Koch Djair ist mit Small Talk und letzten Reinigungsarbeiten beschäftigt. Auch der Chef des Restaurants bereitet sich auf den bevorstehenden Feierabend vor und träumt von dem großen Durchbruch seines Lokals. Scheinbar soll in der nächsten Woche ein Gastronomiekritiker einkehren, er impft seine Angestellten ruhig und bestimmend auf das bevorstehende Ereignis ein.
Unter dem Personal wird das natürlich diskutiert, ob wirklich jemand kommt und wie der Speiseplan aussehen könnte. Letztlich denkt jeder erstmal an den Feierabend und beschäftigt sich damit, wie der Abend ausklingen könnte. Doch plötzlich betritt noch ein Paar das Restaurant zum Essen, die Begeisterung des Personals hält sich in Grenzen. Dennoch werden die Gäste mit der gebotenen Höflichkeit bedient, zuvorkommend eine Speise empfohlen und auch der dazugehörige Wein. Das Pärchen wirkt aber sichtlich aufgeblasen und herablassend, sodass der Chef selbst zur Hilfe eilt, um mit seiner Bedienung den Wünschen des Paares gerecht zu werden.
Hinter der Theke sowie in der Küche ist das Empfinden natürlich ein anderes, man spricht über die arroganten Gäste und ist sichtlich genervt. Allerdings bleibt man professionell und gibt sein Bestes, um deren Erwartungen zu erfüllen. Plötzlich betreten zwei Räuber das Lokal mit einer Waffe in der Hand und der nötigen Brutalität, überfallen sie Gäste wie Personal. Die Situation ist beängstigend, während es scheinbar unter der Oberfläche einiger Mitarbeiter zu brodeln beginnt. Die Stimmung verschärft sich zunehmend, es scheint nur eine Frage der Zeit, bis die Situation außer Kontrolle gerät.
Eindruck:
Der brasilianische Thriller „The Friendly Beast“ aus dem Jahre 2017, erscheint von dem Indie Label Bildstörung nun auch bei uns. Die Regisseurin Gabriela Amaral Almeida zeigt uns eine klassische Alltagssituation in einem Restaurant, auch die Charakterisierung der Figuren ist realistisch und nachvollziehbar. Eben aus dem Leben gegriffen, so versteht man die menschliche Konstellation des Personals und der Gäste nur zu gut.
Man erkennt das professionelle Arbeiten des Personals genauso wie ihre unterschiedliche menschliche Seite. Dazu die Gäste, welche ebenso individuell dargestellt werden und es dem Personal nicht immer einfach machen. Die hier dargestellte Situation empfindet eben jeder anders, der eine bleibt souverän, der andere zeigt Symptome von Stress, die sich daraus entwickelnde Lage wirkt überzeugend. Dabei gibt die Regisseurin in „The Friendly Beast“ den Akteuren genügend Spielraum, um das handeln nicht hektisch oder impulsiv wirken zu lassen. Ganz im Gegenteil, wie im wahren Leben gibt es Momente, in denen jeder seine Aktionen auch reflektiert. Das wirkt nicht nur realistischer, sondern verursacht bei den Taten eine zusätzlich verstörende Wirkung.
Durch den angespannten Umstand im Restaurant zeigt uns die Regisseurin gekonnt, wie es unter der Oberfläche jedes einzelnen aussieht. Das Ganze hat sie sorgsam aufgebaut, klammheimlich überrascht sie den Zuschauer mit einer Seite der Personen, die man so nicht erwartet hätte.
Die Ausgangssituation in dem Restaurant, welche kammerspielartig inszeniert ist, verstärkt die Wirkung enorm. Die dadurch geschaffene Enge und Hoffnungslosigkeit lässt einen die Entwicklung und das Verhalten der Figuren glaubhaft erscheinen. Mehr und mehr bricht sie die oberflächliche Hülle der Figuren auf, zeigt uns, was sich innerlich bei einigen angestaut hat und entlädt es zunehmend. Ich finde, „The Friendly Beast“ ist ein kleines Juwel, der das menschliche Grauen offenbart und uns damit schockiert. Genauso treffend sind die Opfer skizziert, man versteht ihre Ängste in dieser ungewohnten und bedrohlichen Situation. Die für uns eher unbekannten Darsteller überzeugen durch die Bank, jeder verkörpert seine Figur exzellent und haucht ihr Leben ein. Dadurch wird man von Minute zu Minute mehr in den Bann der Story hineingezogen, bis zum bitteren Ende.
Bildstörung veröffentlicht „The Friendly Beast“ im Original mit deutschen Untertiteln, auch wenn das vielleicht einige abschrecken mag, so appelliere ich an euch, den Film anzuschauen. Dieser gelungene Genrebeitrag wird euch fesseln, denn er ist von der Inszenierung bis hin zu den Darstellern einfach tadellos arrangiert worden. Die Bilder sind ehrlich und entsprechen nicht dem üblichen Hochglanz der Hollywood Industrie, dadurch verstärkt sich die ohnehin grandiose Atmosphäre enorm. Dieser filmische Ausflug ins tiefste Innere der menschlichen Seele, ist von mir daher eine absolute Empfehlung. Das Ganze verpackt mit eindrucksvollen Bildern, die von der gelungenen und teils ungewöhnlichen Kameraführung profitieren.
Bildstörung bietet „The Friendly Beast“ in unterschiedlichen Editionen an, welche sehr edel gestaltet wurden. Von einer DVD-Veröffentlichung bis zu der auf 300 Stück limitierten Blu-ray Version, inklusive Soundtrack CD, hier sollte für jeden etwas dabei sein. Der schön gestaltete Schuber ist natürlich frei vom FSK Logo, dieses ist lediglich auf der Banderole zu finden.
Bild:
Mit feiner Schärfe wird das Bild auf die Leinwand gezaubert. Ein sehr ausgewogener Kontrast und ein guter Schwarzwert untermauern die positive Vorstellung. Die Farbgebung wirkt leicht fahl, jedoch nie farblos und unterstreicht das Ambiente des Restaurants gelungen. In der Küche wirkt alles dynamischer, hell, farbenfroh und mit einem leicht kühlen Flair. Eine rundum gelungene Darbietung, die Atmosphärisch absolut passend ist.
Ton:
Der Ton gibt sich ebenfalls keine Blöße, auch wenn es hier keine aufgesetzte Effekthascherei gibt, so präsentiert sich die Abmischung durchaus gelungen. Kristallklar werden die Umgebungsgeräusche in den Raum gestellt, der ansonsten dialoglastige Film wirkt daher nicht zu frontlastig. Dafür sorgt nicht nur der räumlich abgemischte Synthie-Score, gekonnt werden die Rears bisweilen einbezogen und tragen zur Stimmung der Szene bei. Die portugiesische DTS-HD MA Tonspur kann ich letztendlich nur als gelungen bezeichnen und natürlich sind die Untertitel gut lesbar positioniert, ohne störend zu wirken.
Extras:
- Audiokommentar mit Regisseurin Gabriela Amaral Almeida
- Kurzfilm – Die Hand, die Streichelt
- Kurzfilm – Keine Bewegung
- Trailer
- Booklet
The Friendly Beast Soundtrack
Testequipment:
JVC DLA-X35
Panasonic DMP UB704
Marantz AV8801 / MM7055
B&W 7er Serie 5.1
(Hartmut Haake)
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