Die Idee hinter all den gruseligen Film-Puppen, angefangen bei der „Puppet Master“ – Reihe, über Chucky aus „Chucky – Die Mörderpuppe“ bis hin zur Annabelle Puppe aus dem „Conjuring“ – Universum besteht ja darin, dass das vermeintlich leblose Objekt lebendig wird und eine Spur der (meist) blutigen Verwüstung anrichtet. Wobei der Weg dorthin meistens spannender und beängstigender als die tatsächliche Ausführung der Puppen ist. Das Knifflige für Filmemacher ist dabei, die Puppe als wahre Bedrohung und nicht bloß als lächerliches Kinderspielzeug dastehen zu lassen.
Auch „The Boy“ (2016), der bereits 2016 als Mediabook und im normalen Keep Case erschien, reiht sich in die oben genannten Filme nahtlos ein. Über Capelight Pictures und im Vertrieb von Koch Media erschien nun eine Neuauflage des Gruslers von 2016, dessen Blu-ray an dieser Stelle natürlich auf Herz und Nieren geprüft wird.
Story:
Wer ist eigentlich Brahms?
Brahms ist der achtjährige Sohn von Mr. und Mrs. Heelshire und er fordert ganz besonders liebevolle Aufmerksamkeit und Zuwendung. Die soll er künftig von der jungen Amerikanerin Greta (Lauren Cohan) erhalten, die als seine neue Nanny einen strikten Regelkatalog erhält. Aber auch der kann sie nicht ansatzweise auf das vorbereiten, was sie bei Arbeitsantritt im pittoresken Herrenhaus wirklich erwartet: Brahms ist eine Porzellanpuppe! Was Greta zunächst für einen grausamen Scherz hält, lässt nach Verletzung einiger Regeln jedoch nur einen Schluss zu: Die Puppe führt ein furchteinflößendes Eigenleben… Es ist besser, Du befolgst die Regeln.
„The Walking Dead“ – Star Lauren Cohan schafft es, als Greta spielend und vor allem auf glaubhafte Weise, dem Zuschauer ihren (fast zu subtilen) Wandel von der misstrauischen zur liebevollen Nanny darzustellen. Ihre darstellerische Leistung ist es auch, die viel zur Atmosphäre des düsteren Streifens beiträgt. Entgegen typischer Genre-Konventionen fällt nämlich recht bald auf, dass Greta clever reagieren und nicht zu voreilig handelt. So kann sich der Zuschauer auch locker mit ihr identifizieren und mitfühlen.
Natürlich werden alle bekannten Genre-Geschütze wie lange Kamerafahrten, knarzende Türen und schattenhafte Erscheinungen aufgefahren, aufgrund der extrem guten Bild- und Tonkomposition schafft es „The Boy“ (2016) aber immer wieder aufs Neue, eine wohlige Gänsehaut zu erzeugen. Selbst „Gruselfilm-Hardliner“ (zu denen ich mich übrigens auch selbst zähle) sind davon nicht gefeit, denn der Film setzt seine Jumpscares wohldosiert und nicht alle fünf Minuten ein.
Das Ende des fast blutleeren Films wird vielleicht nicht jeden zufriedenstellen, ich persönlich fand das Finale aber spannend und handwerklich sehrt gut umgesetzt. Es macht definitiv Appetit auf Teil 2, der bereits 2020 mit Katie Holmes in der Hauptrolle in die Kinos anlaufen wird.
Apropos blutleer. „The Boy“ (2016) bietet zwar erst gegen Ende hin eine etwas blutigere Szene, die FSK 12 Einstufung ist aber dennoch mit Vorsicht zu genießen, da der Film noch genügend schreckliche Bilder und Szenen parat hält, die definitiv nichts für 12-jährige Filmfans sind.
Am Ende dürfen Horrorfans blind zugreifen, da „The Boy“ (2016) genügend Momente auffährt, die für wohligen Grusel und enorm viel Gänsehaut sorgen. Das i-Tüpfelchen sind der gut aufgelegte Cast und das atmosphärische Setting.
Bild:
Kameramann Daniel Pearl („The Texas Chainsaw Massacre“ (2013), „Pathfinder – Fährte des Kriegers“) erschafft im Ansichtsverhältnis 2,35:1 eine düstere Atmosphäre, die bedrückender nicht sein könnte. Die leicht entsättigten, aber dennoch natürlichen Farben, passen perfekt zur trauernden Welt, in der sich die Heelshires mitsamt Brahms und Greta befinden. Die schaurigen und langen Kamerafahrten tun ihr übriges.
Der Schärfewert ist aufgrund des Drehs mit einer Arri Alexa Xt Plus Kamera in einer Auflösung von 2,8K durchgehend ordentlich und weist dank einer Datenrate von 30 MB/s keine Fehler oder Artefakte auf. Hautporen in den Gesichtern und Texturen der Kleidungen sind oft zu erkennen und lassen ein schönes und plastisches Full-HD Gefühl aufkommen. Der gut eingestellte Kontrast weiß ebenso wie der mehr als ordentliche Schwarzwert zu gefallen.
Etwas Luft nach oben herrscht aber dennoch, obwohl dies schon Meckern auf sehr hohem Niveau wäre.
Ton:
- Deutsch Dolby Atmos 7.1
- Englisch Dolby Atmos 7.1
Capelight hat The Boy für die deutsche und die englische Fassung eine moderne Dolby-Atmos-Spur verpasst, die mit einem Dolby-True-HD-Kern ausgestattet ist.
Wie bei den meisten Horrorfilmen muss man auch hier den Lautstärkepegel etwas anheben, damit man den Dialogen spielend folgen kann. Dafür sitzen dann aber die fein eingestreuten Jumpscare-Szenen umso besser, da diese dynamisch aus den Lautsprechern erklingen dürfen. Der Subwoofer darf auch hin und wieder zeigen was er kann.
Der ruhig erzählte Film bietet eine Vielzahl von direktionalen Effekten und die hinteren Lautsprecher dürfen immer wieder für den Score, für knarzende Türen und für Wettereffekte herhalten.
Womit wir auch schon bei der 3D-Soundebene wären, denn diese lässt bereits in den ersten Minuten erahnen, wie es in Punkto Soundatmosphäre weitergeht, denn wenn die große Tür des Herrenhauses hinter Greta zufällt, melden sich schon alle Lautsprecher inklusive Subwoofer zu Wort.
Weiter geht es dann bei Minute 23, als das Gewitter einsetzt. Immer wieder hört man Regen, Blitz- und Donnergeräusche, die perfekt auf die oberen Lautsprecher gelegt wurden. So wird, wie auch in einigen anderen Szenen ein immenses Mittendrin-Gefühl erzeugt. Der Film ist zwar kein Soundmonster á la „Godzilla II: King of the Monsters“ und bekam auch eine ruhige Erzählweise spendiert, wenn dann aber direktionale Effekte oder der Einsatz der Atmos-Lautsprecher gefordert wird, braucht sich der Ton, vor allem im Finale, von wesentlich höher budgetierten Titeln nicht zu verstecken.
Extras:
Das Bonusmaterial auf der blauen Scheibe ist recht übersichtlich gehalten, denn neben ein paar Trailern und Teasern gesellt sich lediglich ein kurzes Making-Of hinzu, dass Cast und Crew zu Wort kommen lässt.
Immerhin spendierte man der Neuauflage einen schicken Karton-Schuber in Form einer O-Card.
- Making Of (HD, 11:21 Minuten)
- Trailer „The Boy“ (2016)
- Teaser: Auserwählt
- Teaser: Gebet
- Teaser: Unter Uns
- Teaser: Gedicht
- Teaser: Piano
- Teaser: Regeln
Filmtipps:
- „Jessabelle – Die Vorhersehung“
- „Ich seh, ich seh“
- „Spring – Love is a Monster“
- „Der Babadook“
- „Duff – Hast du keine, bist du eine“
- „The Spectacular Now“
Fazit:
Audiovisuell spielt „The Boy“ (2016) definitiv in der oberen Liga. Das Bild bietet natürliche und passende entsättigte Farben, eine tolle Schärfe sowie einen guten Schwarzwert. Der Ton kommt mit einem zurückhaltenden aber hervorragend gemixten Dolby Atmos Track daher, und bietet eine Vielzahl an sauberen sowie direktionalen Effekten aus jedem Lautsprecher.
Am Ende liefert Regisseur William Bell, der auch für Teil 2 zuständig ist, einen atmosphärischen und ruhig erzählten Grusler der alten Schule. Der exzellent aufgelegte Cast, die schaurigen Kulissen und eine melancholische Porzellanpuppe heben „The Boy“ (2016) vom Gruseleinheitsbrei der letzten Jahre positiv hervor. Gänsehaut garantiert!
Testgeräte:
TV: LG OLED 55C8PLA
Player: Sony UBP X-700
AV-Receiver: Denon AVR X-1500 H
Lautsprecher: Teufel Motiv 6 (5.1)
Atmos Lautsprecher: Teufel Reflekt (Front Height)
(Alexander Gabler)
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