Bereits im Dezember kam der Film „Ted Bundy: No Man of God“ auf DVD, Blu-ray und als Collectors Edition in den Handel und wir haben das Review dazu:
Zwischen 1974 und 1978 ermordete der Serienkiller Ted Bundy um die 30 Frauen und junge Mädchen in verschiedenen US-Bundesstaaten. Er wurde festgenommen und starb 1989 auf dem elektrischen Stuhl. In den letzten Jahren vor der Hinrichtung, zwischen 1984 und 1989, vernahm der FBI-Agent Bill Hagmaier Ted Bundy, was auf Tonbänder aufgezeichnet wurde. Unter der Regie von Amber Sealy nimmt sich „Ted Bundy: No Man of God“ der Verhöre und der Beziehung zwischen den beiden Männern, die sich im Laufe der Jahre entwickelt hat, an. 2021 feierte der Film seine Premiere beim Tribeca Film Festival, der Kinostart erfolgte wenig später.
Story:
Bill Hagmaier (Elijah Wood), ein aufstrebender FBI-Agent mit einem Abschluss in Psychologie, erhält eine einzigartige Karrierechance: Um das Verfahren der Verhaltensanalyse von Straftätern weiter verbessern zu können, soll der berüchtigte Serienmörder Ted Bundy (Luke Kirby) vernommen werden. Hagmaier meldet sich freiwillig für die Aufgabe, die ihm psychisch und emotional einiges abverlangen wird…
Eindruck:
Es würde einem Experten für die Geschichte Ted Bundys obliegen, zu beurteilen, bis zu welchem Detailgrad „Ted Bundy: No Man of God“ den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Auch ohne profunde Kenntnisse lässt sich jedoch festhalten, dass der Film angenehm viel Wert auf Authentizität und Detailarbeit legt. Die gezeigten Verhöre basieren laut Angaben des Films auf den originalen Tonbandaufnahmen. Der echte Bill Hagmaier, der mittlerweile seinen Ruhestand genießt, stand den beiden Hauptdarstellern beratend zur Seite, und wer sich nur ein wenig mit Bildmaterial aus den echten Verhören auseinandersetzt, das im Internet zu finden ist, erkennt, dass bisweilen sogar auf Details wie Kleidung geachtet wurde.
Ein Film kann die (in diesem Fall vergangene) Wahrheit ohnehin nie eins zu eins darstellen, und vor allem muss er auch losgelöst von der Hintergrundgeschichte als Film funktionieren. Auch diese Aufgabe meistert „Ted Bundy: No Man of God“ souverän. Die Thematik ist natürlich eine spezifische, sodass grundlegendes Interesse für die Geschichte der Ted Bundy-Morde mitzubringen ist. Auch Vorwissen schadet keineswegs, da der Film Bundys Gräueltaten zwar anspricht, sich jedoch ganz auf die Gespräche zwischen ihm und Hagmaier kapriziert und die vorausgegangenen Morde nicht etwa, wie man vielleicht erwarten könnte und wie es andere Filme mit reißerischen Hintergedanken bestimmt machen würden, in Rückblenden zeigt. Es handelt sich um reduziertes, aber höchst atmosphärisches Kammerspiel, das sich zum größten Teil in einem kühl und trostlos wirkenden Verhörraum entfaltet.
Diese Prämisse bringt es freilich mit sich, dass „Ted Bundy: No Man of God“ nicht unbedingt ein Film ist, der besonders viel Aufregung und Spannung erzeugen würde. Von Langeweile kann indes aber keine Rede sein, dafür sind die langen Dialoge viel zu fesselnd und vor allem auch das hervorragende Schauspiel der beiden Hauptdarsteller viel zu faszinierend. Elijah Wood ist seiner weltberühmten Rolle als niedlich-femininer Hobbit Frodo Beutlin längst entwachsen und stellt Bill Hagmaier gekonnt als anfänglich ruhig, beherrscht und distanziert dar, wobei ihn die Person seines Gesprächspartners immer mehr vereinnahmt und auch beeinflusst.
So sehr die Performance Elijah Woods auch gefällt, Luke Kirby als Ted Bundy begeistert fast noch mehr. Wer sich schon einmal, beispielsweise anhand einer der zahlreichen Dokumentationen zu der Thematik, mit Ted Bundy befasst hat, weiß, dass er als unglaublich charismatisch, intelligent und eben auch manipulativ beschrieben wird. All das bringt Kirby perfekt auf den Punkt, und wenn man als Zuschauer zusammenzuckt, wenn er während eines Verhörs aus der bedrohlich wirkenden Ruhe heraus unvermittelt in einen Wutausbruch übergeht, weiß man, dass die Performance einwandfrei sitzt. Entgegen der Erwartungen, welche der Titel vielleicht weckt, ist „Ted Bundy: No Man of God“ letztlich zwar mehr ein Film über Bill Hagmeier als über Ted Bundy. Doch der Serienkiller ist überaus präsent und Luke Kirby dominiert die gemeinsamen Szenen gewissermaßen. Das trägt dem wie erwähnt ebenfalls hervorragenden Spiel Elijah Woods jedoch nichts ab, und es ist sogar ein sinnvoller Effekt, da der echte Ted Bundy, wenn man dem Film glaubt, den echten Bill Hagmeier zeitweise ebenfalls in den Gesprächen dominierte oder dies zumindest annahm.
Ein Film wie „Ted Bundy: No Man of God“ ruft natürlich immer auch eine Frage hervor, auf welche die beiden Hauptdarsteller in den übrigens ebenfalls sehr empfehlenswerten Interviews, welche der Blu-ray als Bonusmaterial beiliegen, auch eingehen: Wie weit darf ein Film, der von einem realen Serienkiller handelt, gehen? Oder anders ausgedrückt: Besteht die Gefahr, dass er dem nicht gerecht wird, was diejenigen, die Ted Bundy gekannt haben (es gibt beispielweise Opfer Bundys, die überlebt und sich in Interviews über ihn und ihre Erlebnisse geäußert haben, zudem hatte er eine langjährige Lebensgefährtin namens Elizabeth Kandall, die auch in der sehenswerten Amazon-Dokuserie „Ted Bundy: Falling For a Killer“ ausführlich berichtet), durchleben mussten? Das wirklich zu beurteilen, ist uns Außenstehenden kaum möglich. Wir können jedoch festhalten, dass der Film sehr respektvoll und angemessen mit seiner schwierigen Thematik umgeht, die ja noch nicht wirklich lange zurückliegt. „Ted Bundy: No Man of God“ lässt zwar besonders zum Ende hin deutlich durchblicken, was Bill Hagmaier vom Serienmörder Ted Bundy und seinen Taten hält. In erster Linie geht es dem Film jedoch nicht um eine moralisierende Beurteilung oder gar um das Erheben eines Zeigefingers, sondern er stellt die analytische und wirkungsvolle Untersuchung des Psychospiels, das sich zwischen beiden Hauptfiguren entfaltet, in den Vordergrund.
Bild:
Das Bild der Blu-ray-Ausgabe ist dem Trägermedium sehr angemessen. Es bietet sowohl angenehme Bildschärfe als auch hohen Detailgrad und übertrumpft damit auch die Ausgaben mancher großer Blockbuster.
Ton:
Die Blu-ray bietet sowohl den englischen Originalton als auch eine deutsche Synchronfassung jeweils als DTS-HD Master Audio 5.1. Entgegen meiner Gewohnheiten wurde für die Sichtung die deutsche Synchro gewählt, welche aber sehr gelungen ist. Schade ist, gerade für diejenigen, die Filme ebenfalls gerne in der Originalsprache sehen, lediglich der Umstand, dass es nur deutsche Untertitel auf die Ausgabe geschafft haben, jedoch keine englischen.
Fazit:
„Ted Bundy: No Man of God“ ist einer dieser kleineren, leiseren Filme, welche deswegen oft untergehen. So war er jedenfalls hierzulande längst nicht in jedem Kino zu sehen. In diesem und in vielen anderen Fällen ist die stiefmütterliche Behandlung jedoch ungerechtfertigt. Wer sich für die Geschichte Ted Bundys interessiert, sollte sich diesen sehr atmosphärischen und wahrlich hervorragend gespielten Film nicht entgehen lassen.
Hier erhältlich:
- Ted Bundy: No Man of God (Blu-ray) Collectors Edition
- Ted Bundy: No Man of God (Blu-ray)
- Ted Bundy: No Man of God (DVD)
(Pascal Weber)
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