Film: Amerika 1871. Der dänische Ex-Soldat Jon hat mit seinem Bruder Peter sieben Jahre lang eine kleine Farm bestellt, um nun endlich seinen Sohn und seine Frau in das „gelobte Land“ zu holen. Bereits auf der Kutschfahrt in ihre neues Heim wird die Familie von Banditen überfallen. Der 10jährige Sohn wird ermordet und Jons Frau stirbt an den Folgen einer Vergewaltigung. Jon nimmt das Gesetz in die eigenen Hände und erschießt die beiden Gangster. Dumm nur, dass einer der Beiden der Bruder des berüchtigten Outlaws Delarue war, und dieser fordert nun blutige Rache.
Der Western – ein Genre, das oftmals totgesagt wurde, und dann doch immer wieder aus der Versenkung auftaucht. Der aktuelle Beitrag zum Amerikanischsten aller Filmgenres stammt von dem dänischen Regisseur Kristian Levring, der gemeinsam mit Anders Thomas Jensen auch das Drehbuch verfasste. Gedreht wurde in Afrika, und zwar überwiegend mit dänischen, englischen und französischen Schauspielern. Aber wie uns bereits der berühmt-berüchtigte Italo-Western, oder „Spagetti-Western“, wie er oft liebevoll von Fans des Genres genannt wird, gelehrt hat: Einige der besten Vertreter dieses Ur-Amerikanischen-Genres kommen fast völlig ohne amerikanische Beteiligung aus.
Wenn man das Genre des Western genauer betrachtet, so handelt es in der Hauptsache von der Gründung der vereinigten Staaten oder einer gesellschaftlichen Ordnung und dem Mit- respektive Gegeneinander verschiedener Kulturen. Und dass Einwanderer dabei eine gigantische Rolle spielen, und die eigentlichen „Amerikaner“, sprich „die Ureinwohner“ dabei eher entbehrlich sind (außer als Feindbild oder Kanonenfutter), dürfte ebenfalls kein Geheimnis sein. Schließlich bestand und besteht Amerika fast ausschließlich aus Einwanderern, zumindest in den Gründerjahren.
Der Film handelt von dänischen Einwanderern, die sich in der neuen Welt ein friedliches Leben erhoffen. Dem Gesetz des Genres folgend stößt dem Helden dabei großes Unrecht zu, und die Grundthematik des Rachewesterns nimmt seinen Lauf. Ungewöhnlich ist dabei, dass der Protagonist Jon seine Rache relativ zeitnah bekommt und nun eigentlich alles gut sein müsste – doch weit gefehlt. Denn nun dreht Regisseur Levring den Spieß um, und lässt den Bösewicht seinerseits Rache an dem Helden üben. Nun hofft der Zuschauer nicht mehr, dass der Held seine Rache bekommt, sondern bangt mit ihm, dass er doch mit heiler Haut davonkommen möge.
Das dies allerdings nicht möglich ist bekommt der Zuschauer in dem Moment zu spüren, in dem der Bösewicht selbst in Erscheinung tritt. Denn mit diesem Halunken ist ganz klar nicht gut Kirschenessen. Er fordert „Auge um Auge – Zahn um Zahn“, und solange man ihm nicht dem Mörder seines Bruders aushändigt, muss eben die Stadt und seine Bewohner darunter leiden. Sogleich werden einige der braven Bürger von ihm hingerichtet und die „Steuern“ erhöht. Kein Wunder also, dass die Bewohner den Helden ausliefern, um die eigene Haut zu retten, denn die gesamte Stadt besteht – wie es das Klischee verlangt – aus Feiglingen.
Der Filmtitel „The Salvation“ (zu Deutsch: Die Erlösung) klingt bereits sehr religiös, und die Symbolik des christlichen Glaubens wird hier auch stark verarbeitet. Mit der Forderung „Auge um Auge – Zahn um Zahn“ beginnt der Einzug der christlichen Mythologie in den Film. Der Held wird zu einer Art Christus-Erlöser-Figur hochstilisiert: Er wird von den Seinen verraten, dem „Stadthalter“ ausgeliefert und sogar gekreuzigt. Anschließend erhebt er sich gar aus seinem Grab in den Felsen – wenn man so will – und bringt anschließend „The Salvation“ – die Erlösung. Glücklicherweise ist Jon kein Zimmermann, sondern ein ausgebildeter Soldat, der die Preußen in Dänemark bekämpfte, sonst säe es wohl schlecht aus für ein Happy End.
Das mag abgedroschen und albern klingen, funktioniert im Film selbst aber ausgesprochen gut. Mikkelsen gibt mit seinem im Wind wehenden Haupthaar und der hageren Gestalt (Clint Eastwood wäre stolz auf ihn!) einen ebenso guten Jesus ab wie den einsamen Revolvermann.
Ach, was muss der arme Mads hier wieder einmal leiden, wie so oft in seinen Filmen, wenn man einen rückwärtigen Blick auf seine Vita wagen möchte. Und all das nur, weil er seinerzeit James Bonds Weichteile mit einem Schiffstau malträtierte! Damals stand ihm die Schönheit Eva Green als Bondgirl zur Seite, und inzwischen ist die hübsche Französin durch allerlei Blockbuster zu enormer Bekanntheit gelangt. Hier spielt sie die stumme Ehefrau des ermordeten Gangsterbruders, doch so richtig unzufrieden scheint sie mit den Umständen des Todes ihres Gatten nicht zu sein. Undurchsichtig und streng spielt Eva Green die stumme „Gangsterbraut“ Madeleine. Auch sie macht ihre Sache absolut überzeugend und dies, ohne auch nur ein einziges Wort zu sprechen.
Die Rollen sind allesamt hervorragend besetzt. An erster Stelle hätten wir natürlich Mads Mikkelsen als den Einwanderer Jon, den wortkargen Helden der Geschichte. Wie bereits in früheren Filmen wie „Michael Kohlhaas“, oder „Die Jagd“ spielt er einen gehetzten Charakter, der nur versucht Recht und Ordnung in sein Leben zu bringen. Im Gegensatz zu „Die Jagd“ hat er das Verbrechen, dessen er beschuldigt wird, allerdings verübt, jedoch sind hier – wie in „Michael Kohlhaas“ – Recht und Gerechtigkeit nicht immer miteinander zu vereinbaren.
An seiner Seite steht Mikael Persbrandt als sein Filmbruder Peter. Ursprünglich war die Rolle für Mikkelsen tatsächlichen Bruder Lars vorgesehen. Als dieser nicht für den Film gewonnen werden konnte empfahl Mads seinen Kollegen Persbrandt. Und siehe: Die Wahl war gut. Ebenso stoisch wie Mikkelsen und dabei ebenso unerbittlich, wenn es darum geht, das Recht mit eiserener Hand durchzusetzen, könnten die beiden tatsächlich Brüder sein. Glaubhaft und stark in der Darstellung stellt sich das Gespann Mikkelsen/Persbrandt als exzellentes Heldenduo heraus, bei dem lediglich zu kritisieren wäre, dass Persbrandts Rolle leider etwas zu kurz kam.
In der Garde der Bösewichte finden sich ebenfalls ausnahmslos hervorragende Darsteller. Delarues Bande ist exzellent besetzt und voller hassenswerter Individuen, denen man samt und sonders einen möglichst qualvollen Tod wünscht. Allen voran natürlich Jeffrey Dean Morgan als Delarue selbst, der mit seinen Handlungen zu einem der fiesesten Bösewichte des gesamten Genres avanciert und seiner Rolle als Antagonist Negan aus „The Walking Dead“ alle Ehre macht. Angsteinflößend und diabolisch – dabei darstellerisch jederzeit völlig authentisch und überzeugend.
Natürlich könnte man kritisieren, dass der Film zu plakativ und sehr schwarz-weiß-Malerisch daherkommt und quasi keine Charakterentwicklung stattfindet. Die Helden sind aufrecht, edel und gut und lediglich die Selbstjustiz hinterlässt einen kleinen Makel auf der ansonsten weißen Weste. Der Held ist aufopferungsvoll und zurückhaltend, allerdings energisch bei der Bestrafung der Sünder. Sehr viel mehr hätte man den Good-Guy kaum glorifizieren können. Ebenso geht der Film mit seinen Bösewichten um: Fies bis ins Mark, ohne die kleinste Spur von Güte.
Blieben noch die Dorfbewohner, die entbehrlichen Fußtruppen, die von dem Bösen niedergestreckt und vom Helden verteidigt werden. Diese sind – bis auf zwei Ausnahmen – überwiegend austauschbar und entbehrlich, aber dennoch vonnöten, um die Niedertracht des Bösen bildlich darzustellen. An erster Stelle hätten wir den Bürgermeister, gespielt von Mikkelsen Bond-Bösewicht-Vorgänger Jonathan Pryce, der zunächst als gieriger und selbstsüchtiger Betrüger vorgestellt wird, im Laufe der Handlung – wenn dem Zuschauer die Hintergründe zu seinen Handlungen offenbart werden – nur noch als der Feigling dasteht, der er eigentlich ist. Auch der feige Sheriff Mallick, gespielt von Douglas Henshall, der sich zwar nicht mit Delarue und seinen Schergen anlegt, aber kein Problem damit hat, den armen Helden mit einer ganzen Schar von Deputies einzukesseln, ist ein Abziehbild des Genres und entspricht im Großen und Ganzen dem typischen Bild solcher Charaktere.
Abgesehen vom klar definierten Rollenbild und der übertriebenen Christlichen Symbolik ist „The Salvation“ ein durch und durch packender, spannender Rache-Western, der die typische Erzählstruktur zunächst auf den Kopf stellt, um letztendlich dann doch wieder dem altgewohnten Pfad des Genres zu folgen. Bildgewaltig inszeniert, packend erzählt und überzeugend gespielt, sollte sich kein Westernfan diesen Streifen entgehen lassen.
Bildqualität: Das Bild ist zu jeder Zeit absolut fantastisch! Die Schärfe ist einwandfrei und bildet Staubrest in der Luft, jede Unebenheit auf Mikkelsen zerfurchtem Gesicht, jede Bartstoppel und jede Materialbeschaffenheit ab. Selbst in dunklen Szenen ist die Schärfe noch vorbildlich und die Detailzeichnung leidet, wenn überhaupt, nur minimalst. Die Farben sind genretypisch in erdigen Tönen gehalten, bleiben aber jederzeit absolut natürlich. Dabei sind die Farben extrem kräftig und satt und geben nicht den geringsten Anlass zur Kritik. Das grüne Hemd des Helden, der rote Rock des Bösewichts – hier erlebt der Zuschauer Farben, die beinahe satter sind als in der Natur. Der Kontrast ist ebenfalls sehr gut eingestellt und lässt die dunklen Szenen, wie oben bereits erwähnt, in dem bestmöglichen Licht dastehen. Die Schwarzflächen sind satt und tief, allerdings bleiben Details jederzeit erhalten und die Durchzeichnung ist absolut vorbildlich. Bei Innenaufnahmen macht sich sogar eine – für 2D Verhältnisse – enorme Tiefenwirkung bemerkbar, die leider bei den wunderschön fotografierten Landschaftsaufnahmen nicht ganz so stark überzeugen kann. Fehler sind indessen keine aufgefallen, nicht die geringste Spur von Kompressionsartefakten oder sonstigen Beeinträchtigungen.
Dieses perfekte Bild hat allerdings auch seine Schattenseiten. So ist beispielsweise das Feuer am Ende eindeutig als Computereffekt zu erkennen, und auch ansonsten wirkt das gesamte Bild ein wenig zu sauber und steril für diese Art von Film. Bei einem Western, gerade einen „dreckigen“ wie diesem, wäre ein etwas rauerer Look passender gewesen. Das ändert allerdings nichts daran, dass die Bildqualität objektiv gesehen absolut herausragend ist.
Tonqualität: Klangtechnisch hat „The Salvation“ ebenfalls einiges zu bieten, nutzt aber leider nicht alle Möglichkeiten zur Gänze aus. Die Räumlichkeit ist in manchen Szenen absolut hervorragend, in anderen wiederum etwas zu zurückhaltend. Nehmen wir die Szene am Anfang, in welcher der Zug mit Jons Frau und Sohn donnernd in den Bahnhof einfährt – hier fühlt sich der Zuschauer, als stände er höchstpersönlich am Bahnhof. Leider sind solche Szenen eher die Ausnahme als die Regel, denn viel zu oft bleibt der Ton, mit Ausnahme des wundervoll atmosphärischen Soundtracks, der ganz im Genrestil auf zahlreiche Akustikgitarrensoli setzt, auf die vorderen Kanäle beschränkt. Allerdings klingt der Ton deshalb keineswegs schlecht. Selbst winzigste Geräusche sind wahrzunehmen, und die Schrittgeräusche auf den Holzdielen oder im Wüstensand klingen atemberaubend authentisch.
Bei der Zug-Szene am Anfang, dem Einreiten der Bösewichte in die Stadt und natürlich dem obligatorischen Showdown macht sich auch eine großartige Direktionalität bemerkbar, die allerdings ebenfalls auf die wenigen hier aufgezählten Szenen beschränkt bleibt. Der Subwoofer wird erwartungsgemäß kaum gefordert, dafür aber in den entsprechenden Szenen mit anständiger Brachialität. Vor allem wenn Delarues Männer mit donnernden Hufen durchs Bild reiten, dröhnt es ganz gewaltig in der Magengegend.
Die Balance ist hingegen ganz hervorragend und auch an der Dynamik gibt es kaum noch etwas zu verbessern. Obwohl über lange Strecken leise Töne vorherrschen bleibt stets alles perfekt verständlich. Der Soundtrack von Komponist Kaper Winding kommt hier perfekt zur Geltung, überlagert aber nie die Dialoge. Für die deutsche Synchronisation war die FFS Film- & Fernseh-Synchron GmbH in München zuständig und setzte Cornelius Frommann als Dialogregisseur ein. Mad Mikkelsen wir hier, wie schon in „Die Jagd“ und „King Arthur“ von Matthias Klie synchronisiert und sein Gegenspieler Jeffrey Dean Morgan wurde erstmals von Martin Umbach synchronisiert. Umbach, der bereits mehrfach Stars wie Russel Crowe und Kenneth Branagh synchronisierte (darunter auch den Fiesling Dr. Loveless in „Wild Wild West“) passt perfekt zum von Morgan dargestellten Charakter und schafft es mit seiner Stimme den ohnehin bedrohlichen Delarue noch unheilvoller wirken zu lassen.
Extras: Das Menü ist übersichtlich und benutzerfreundlich gestaltet und erlaubt eine problemlose Menüführung.
Als Extras befinden sich sechs kurze Features über die Waffen, einzelne Charaktere und den Film selbst mit im Gepäck, die eine Gesamtlaufzeit von knapp 7 Minuten erreichen und keinen wirklichen Mehrwert bieten. Hierbei handelt es sich um zwar werbewirksame Informationsfetzen, die lediglich an der Oberfläche kratzen. Etwas informativer sind da schon die Interviews mit dem drei Hauptdarstellern Mads Mikkelsen, Eva Green und Jeffrey Dean Morgan, in welchen sie von ihren Rollen und dem Film selbst erzählen. Allerdings ist der Interviewer derart voreingenommen und schmiert den Darstellern in einer Art und Weise Honig ums Maul, dass von einem objektiven Interview keine Rede sein kann und die „Fragerunde“ ebenfalls sehr zum Vorteil des Films ausfällt. Die obligatorischen Trailer runden das leider sehr dürftige Bonuspaket ab.
Da uns leider nur eine Presse-Disc ohne Verpackung zur Verfügung gestellt wurde, kann an dieser Stelle keine verbindliche Aussage bezüglich Verpackung und ein eventuelles Wendecover gegeben werden.
Fazit: Mit „The Salvation“ kehrt der dreckige Rache-Western zurück in die Heimkinos. Das Bild ist absolut hervorragend, von enormer Detailfülle und mit satten Farben gesegnet. Vielleicht ist das Bild für einen Film dieser Machart sogar schon etwas zu gut, aber rein technisch gesehen gibt es absolut nichts zu beanstanden. Der Ton ist ebenfalls vorzüglich, lässt allerdings einige Möglichkeiten verstreichen – ansonsten gibt es auch hier nichts zu meckern. Anders sieht es bei dem Bonusmaterial aus, das nicht viel mehr bietet als ein paar werbelastige Interviews und oberflächliche Hintergrundinformationen, von denen man sich sicher etwas mehr gewünscht hätte.
Der Film ist ein packender Western, der zwar etwas zu plakativ mit seinen klischeehaften Charakteren hantiert und obendrein eine überflüssige Christus-Symbolik an den Tag legt, aber abgesehen davon absolut sehenswert ist. Tolle Bilder, hervorragende Schauspieler und eine spannende Story: The Salvation beweist erneut, dass das Genre des Westerns absolut nicht totzukriegen ist.
(Michael Speier)
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