„Die Jagdsaison ist eröffnet!“
Es gibt so Filme wie „Funny Games“, „Das Experiment“ oder, um mal aktuellere Titel zu nennen, Filme und Serien aus dem „Unknown User“ oder aber auch dem „The Purge“-Universum, die Gesellschafts- und Medienkritik gewitzt in einen Spielfilm der härteren Machart einfließen lassen. Dass dieses Sub-Genre eine stabile Fanbase hat, beweisen unzählige Kinogänger und DVD bzw. Blu-ray Disc Verkaufszahlen oben genannter Titel. Der neueste Vertreter dieser Art stammt aus Kanada und erscheint demnächst hierzulande unter dem eindringlichen Namen „Red Letter Day – Töte deine Nachbarn“ als Direct-to-Video Veröffentlichung über Tiberius Film und im Vertrieb von Sony Pictures Home Entertainment in den hiesigen Händlerregalen auf DVD und Blu-ray Disc. Ich selbst hatte den Titel gar nicht so sehr am Radar, bis ich mal irgendwo gelesen habe, dass die Produzenten der Netflix Zombie-Serie „Black Summer“ dahinterstecken und ich mehr als hellhörig wurde.
Die filme.de Redaktion durfte für ihre Leser die Blu-ray Auswertung rechtzeitig und noch vor Release ausgiebig testen.
Story:
Alles könnte so schön sein, wenn da nicht plötzlich im Briefkasten der Anwohner einer Mittelklasse-Vorstadt ein roter Brief wäre, in dem sie unmissverständlich aufgefordert werden, ihren Nachbarn zu töten. Die Bewohner sind natürlich zuallererst verunsichert und ängstlich, auch Panik macht sich breit. Schließlich lässt der erste Mord nicht lange auf sich warten. Und wie das so in der heutigen Gesellschaft ist, wird selbst der anständigste Bewohner kreativ, wenn es um Mordwerkzeuge geht. So kommt es, dass in den sozialen Medien bald unter dem Hashtag #redletterday viele kreative, brutale Morde zu sehen sind.
In diesem Low-Budget-Film von Regisseur und Autor Cameron Mcgowan, der mit „Red Letter Day – Töte deine Nachbarn“ sein Langfilmdebut abliefert, erleben wir, was gute Nachbarschaft wirklich bedeuten kann. Und so werden die Zuschauer vorerst in eine typische Mittelklasse-Vorstadt entführt. Nach einer heftigen Eröffnungssequenz nimmt sich der Film dann viel Zeit, einige Charaktere zu beleuchten und wie sie mit den neuen Umständen, die die roten Briefe mit sich bringen, zurechtkommen. Genauer gesagt nimmt er sich sogar eine gute halbe Stunde Zeit bis er dann endlich loslegt. Bei einer Gesamtspielzeit von 76 Minuten (inklusive Abspannes) hätte es aber schon etwas früher „zur Sache“ gehen dürfen.
An manchen Stellen kann „Red Letter Day – Töte deine Nachbarn“ seine Low-Budget-Herkunft natürlich nicht verleugnen, holt aber zumindest optisch sicherlich das Beste heraus, um die meisten Horror- oder auch Home-Invasion-Fans zufrieden zu stellen. Schließlich gibt es literweise Blut und scheußlich-schöne Make-Up Effekte zu bestaunen.
Lediglich die steifen Schauspieler, die quer durch die Bank etwas zu hölzern agieren, schmälern den Spaß am skurrilen Werk, was ihm leider den Titel „Indie-Geheimtipp“ verwehrt. Mit Ausnahme der Hauptdarstellerin Dawn Van de Schoot als Mutter Melanie, handeln zu allem Überfluss die restlichen (offensichtlichen) Laiendarsteller auch noch unlogisch und nehmen sich selbst jedwede Sympathie.
Dadurch, dass man sich mit den konfus handelnden und unsympathischen Darstellern nicht identifizieren geschweige denn mitfühlen kann, kommt auch selten bis gar keine Spannung auf. Klar, Regisseur McGowan wollte sicherlich etwas Sarkasmus und Gesellschaftskritik in den Film packen, gelungen ist´s ihm aber leider nicht, denn von einer Horrorkomödie, wie es am hinteren Cover steht, kann da keine Rede sein. Der unmotivierte und viel zu leise vor sich hin klimpernde Score gibt dem Film dann auch noch den Gnadenschuss. Ein Home Invasion-Thriller sieht definitiv anders aus, wie uns Genrekollegen wie „The Purge“ oder auch „The Strangers“ bereits vor Jahren eindrücklich gezeigt haben.
Was bleibt ist ein gescheiterter Versuch im Fahrwasser oben genannter Filme mit zu schwimmen, da „Red Letter Day – Töte deine Nachbarn“ zwar einige gute Ansätze mitbringt, aufgrund fehlender Spannung, hölzernen Laiendarstellern und mauem Drehbuch den Zuseher aber leider nicht bei der Stange hält.
Bild:
Das Bild im Ansichtsverhältnis 2,39:1 ist grundsolide. Der Schärfe- und Detailgrad bewegt sich auf Full-HD Niveau, auch wenn noch etwas Luft nach oben herrscht. Der Schwarzwert ist solide eingestellt und lässt auch in dunklen Szenen keine Details absaufen. Lediglich der Kontrast neigt selten aber doch zum Überstrahlen. Die Farben wurden zwar Großteils natürlich gehalten, tendieren aber ab und an zu warmen Brauntönen und erzeugen so einen eigenen Look.
Ton:
- Deutsch DTS-HD MA 5.1
- Englisch DTS-HD MA 5.1
Sowohl der deutsche als auch der Originalton kommen relativ frontlastig, kraftlos und zurückhaltend daher. Die Dialoge sind zwar jederzeit gut zu verstehen, allerdings fehlt dem Film etwas an Dynamik. Hin und wieder gibt es zwar direktionale Effekte auch aus den hinteren Lautsprechern zu hören, der Subwoofer wird aber so gut wie gar nicht gefordert.
Leider kann auch der viel zu leise und oftmals nervig arrangierte (Synthie)Score von Jono Grant („Sense8“, „How to be Single“) nicht wirklich punkten.
Insgesamt bleibt der gerade noch solide Ton leider hinter den Erwartungen heutiger Produktionen stecken, denn wenn schon der Score keine Jump-Scare-Effekte und ähnliches unterstreichen kann, was bleibt dann noch übrig?
Extras:
Die Extras bestehen lediglich aus 6 Trailern aus dem Hause Tiberius Film. An ein Wendecover ohne FSK 18 Siegel (weil der Trailer zu „Martyrs“ von 2015 enthalten ist) wurde nicht gedacht.
Trailer:
- „Red Letter Day – Töte deine Nachbarn“ (deutsch und englisch, HD)
- „The Rake – Das Monster“ (HD)
- „Daughter of The Wolf“ (HD)
- „10 Minutes Gone“ (HD)
- „Martyrs“ (2015) (FSK 18, HD)
- „Supergrid“ (HD)
Fazit:
Der Ton kann leider mit dem grundsoliden Full-HD Bild nicht ganz mithalten, da er eine Spur zu kraftlos daherkommt – für einen Home-Invasion-Thriller ein Todesurteil.
Bonusmaterial? 6 Trailer.
„Red Letter Day – Töte deine Nachbarn“ bringt zwar viele gute Ansätze mit, die aber leider von den hölzernen Darstellern, dem lahmen Drehbuch und einem nicht vorhandenen Spannungsbogen zunichtegemacht werden. Immerhin können sich die tollen und blutigen Make-Up Effekte sehen lassen.
Testgeräte:
TV: LG OLED 55C8PLA
Player: Sony UBP X-700
AV-Receiver: Denon AVR X-1500 H
Center-Lautsprecher: Teufel Ultima UL 40 C Mk3
Front- und Surround-Lautsprecher: Teufel Motiv 6
Atmos-Lautsprecher: Teufel Reflekt (Front Height)
(Alexander Gabler)
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