„Ghost in the Shell“, „Akira“, „Captain Harlock“ sind allesamt ganz, ganz große Sci Fi Anime Perlen. Seit 2012 hat sich ein neuer Titel zu denen eingereiht „Psycho-Pass“. Diese Serie wird zu Recht mit dem großen „Blade Runner“ verglichen und Staffel 1 schlug ein wie eine Bombe und schaffte die perfekte Mischung aus Film-Noir-Atmosphäre, Crime und Action. Eine Staffel, die man wirklich gesehen haben muss und in jede gute Anime-Sammlung gehört.
Doch mit der zweiten Staffel kam bereits die Ernüchterung. Die großen Fußstapfen, die Season 1 hinterlassen hat, konnten nicht mehr erfüllt werden, auch wenn die Staffel selbst natürlich immer noch ganz ordentlich war. Der darauffolgende Film war dann zwar wieder merklich besser, aber auch hier immer noch deutlich schwächer, als die grandiose erste Staffel.
Doch der Erfolg blieb weiterhin enorm, schließlich ist „Psycho-Pass“ als Gesamtwerk immer noch besser, als so manch andere Anime Serie.2019 erschienen in Japan dann drei Filme, jeweils mit einem Monat Abstand, und zwar unter dem Titel „Psycho-Pass: Sinners of the System“, welche als kleine Leckerbissen dienen sollten, bevor dann im Herbst 2019 die dritte Staffel in Japan erschien.
Wie bei Staffel 1+2 sowie dem ersten Film hat sich auch hier bei „Sinners of the System“ Kazé Anime die Rechte gesichert und bringt direkt alle drei Filme auf einmal im Zuge der „Kazé Anime Nights“ bei uns mit deutscher Synchronisation am 31.03.2020 in die Kinos. Wir hatten das große Glück, die drei Filme vorab testen zu dürfen und können euch direkt sagen, ob die Filme wieder das grandiose Level der ersten Staffel erreichen oder vielleicht doch etwas enttäuschen, aber vor allem können wir euch auch sagen, ob es hilft, die dritte Staffel (welches wir bereits als Review haben) besser zu verstehen.
Story:
In der Zukunft werden die Menschen nur noch anhand ihres Psycho-Pass eingestuft, ein messbarer Wert, welcher errechnet, wie groß der Hang zur Gewalt ist. Dieser Wert wird mit den sogenannten Dominatoren gemessen, ist dieser zu hoch, kommen die Enforcer, auch Ermittler genannt, ins Spiel. Sie jagen und töten diejenigen, mit einem zu hohem Psycho-Pass.
Dies sind drei ihrer Geschichten.
Nr. 1 Schuld und Sühne:
Inspektor Mika Shimotsuki und Enforcer Nobuchika Ginoza müssen Zusammenarbeiten, als eine psychisch verwirrte Frau aufgegriffen wird. Ihre Ermittlungen führt die beiden in ein Gefängnis, wo experimentiert wird, ob man mithilfe von Drogen in der Lage ist, den Psycho Pass der Insassen zu verändern.
Nr. 2: First Guardian:
Soldat Teppei Sugo muss während eines Einsatzes mit ansehen, wie seine Vorgesetzte von einem Terroristen getötet wird. Zusammen mit einem Enforcer und einer Polizistin beginnt er die Jagd und bald lernt er was es heißt, ein Enforcer zu sein.
Nr. 3: Jenseits von Liebe und Hass:
Nach seiner Flucht aus Japan lebt der ehemalige Enforcer Shinya Kogami zurückgezogen als Söldner in Tibet. Als er ein paar Flüchtlinge rettet, befindet sich unter ihnen die junge Halbjapanerin Tenzing Wangchuk. Kogami nimmt sie unter seine Fittiche und zeigt ihr, wie man sich verteidigt. Als Tenzing aber später einen Terroristen, den Mörder ihres Vaters aufspürt, wird sie schwer verletzt. Von Zorn gepackt, eröffnet Kogami die Jagd.
Eindruck:
Die ersten beiden Filme haben jeweils eine Laufzeit von ca. 60 Minuten und der dritte Film eine Laufzeit von 67 Minuten. Jeder der Filme steht für sich ohne großen Zusammenhang, außer, dass halt die Charaktere aus den vorherigen Staffeln und dem Film auftauchen. Auch die Reihenfolge, wann man welchen Film guckt, ist jetzt nicht wirklich relevant, also theoretisch kann man diese komplett durcheinander gucken. Was man aber kennen sollte, wären die ersten beiden Staffeln und den ersten Film. Bei „Sinners of the System“ gibt es keinerlei Einführung, keine Erklärungen und auch die Charaktere werden nicht vorgestellt. Man stellt also voraus, dass der Zuschauer bereits weiß, worum es geht und wer die ganzen Charaktere sind und in welchem Zusammenhang sie stehen.
Rein optisch kriegt man bei allen drei Filmen was ganz Feines geboten. Production I.G zeigt hier erneut, warum sie in dem Bereich ein Level für sich sind. Die Welt und die Charaktere sind herausragend animiert und die Action ist atemberaubend in Szene gesetzt. Es gibt richtig klasse Shootouts und wie man es bei Psycho-Pass kennt, hervorragende Fight Szenen, die einen an Filme wie „Matrix“ oder „The Raid“ erinnern. Wer jetzt aber denkt, die Filme sind im Grunde Nonstop-Action, den muss ich leider enttäuschen. Alleine schon beim ersten Film „Schuld und Sühne“ merkt man, dass es sehr ruhig erzählt wird. Dafür bekommt man aber herausragende Film-Noir-Atmosphäre geboten, so dass man direkt von der ersten Sekunde an in diese Welt eintaucht und man denkt, man kriegt eine weitere Variante von „Blade Runner“ zu spüren. Die Charaktere sind wieder einmal klasse und tatsächlich kriegt man so auch mit, wie die neuen Charaktere, die später in Staffel drei eine größere Rolle haben werden, zur Truppe stoßen und hat nicht nur Fragezeichen im Schädel als, wenn man den Film vorher nicht gesehen hat. Inhaltlich gibt es auch einige Sachen, die später in Staffel 3 eine wichtige Rolle haben werden.
Das Finale des ersten Films hat es in sich und hier kommen Actionfans klar auf ihre Kosten. Ohne Probleme kann die Action im Finale mit denen der Referenzanimes mithalten.
Der erste Film ist auch der einzige Film, der viele Verweise zur dritten Staffel hat und ist optisch sowie von der Atmosphäre her recht nah an der Serie ist. Der zweite Film „First Guardian“ ist dann im Vergleich zu „Schuld und Sühne“ gewöhnungsbedürftig. Okay zur Serie auch. Es ist nicht nur ein Prequel, sondern hat zum Großteil auch ein komplett anderes Szenario, da es die meiste Zeit außerhalb der Großstadt spielt. Aber es macht auch Laune, eigentlich bereits verstorbene Charaktere wiederzusehen und die Origin Story von Sugo kommt wirklich sehr gut rüber.
Von der Atmosphäre her erinnert es schon ein bisschen an Platoon, da vieles in den Wäldern spielt. Erst im späteren Verlauf wechselt es in die Stadt. Actionmäßig passiert hier deutlich mehr als noch bei „Schuld und Sühne“. Die Film-Noir-Atmosphäre wie im Vergleich zum ersten Film von „Sinners of the System“ gibt es zwar nicht, dafür ist es aber ein sehr kurzweiliger Spaß geworden, womit man noch mal fleißig Background zu den Charakteren bekommt.
Nun kommen wir zu Film Nr. 3 „Jenseits von Liebe und Hass“. Hier ist die Atmosphäre komplett anders, nicht nur, weil es außerhalb der Stadt spielt, wo die Serie sonst spielte, sondern weil man da auch direkt das Land gewechselt hat. Aber dafür gibt es ein Wiedersehen mit Shinya Kogami, dem Helden der ersten Staffel, wodurch der Film noch mal ein ganz anderes Kaliber geworden ist, da er halt ein sensationeller Charakter ist. Zeitlich spielt „Jenseits von Liebe und Hass“ zwischen der „Psycho-Pass The Movie“ und der dritten Staffel, wodurch entsprechend auch einige offene Fragen geklärt werden, was Kogamis Schicksal angeht. Hier im dritten Film gibt es auch die meiste Action im Vergleich zu den anderen Filmen und die Action hat es natürlich, wie Anfangs erwähnt, in sich. Tolle Shootouts und Fight-Sequenzen, die man hier geboten kriegt. Dazu trotz der kurzen Laufzeit ist man direkt in der Story drin und fiebert mit den Charakteren mit. Entsprechend gibt es auch gute Gänsehautmomente und das Ende des Films ist ein klasse Übergang zur dritten Staffel.
Was aber allgemein zu den drei Filmen gesagt sein muss, wie die Serie ist dieser Anime nicht für Kinder geeignet. Nicht nur, dass die Stories und auch alle Charaktere sehr komplex sind, man geht hier alles andere als zimperlich zur Sache. Brutale Messerkämpfe und Knochenbrüche mit entsprechenden Geräuschen sind schon Standard bei „Psycho-Pass: Sinners of the System“.
Fazit:
Wer bisher noch nie was von Psycho-Pass gehört hat, dem kann ich diese
Filme nicht empfehlen. Ohne entsprechende Hintergründe zur Story und vor allem zu den Charakteren wären die drei Filme nur ein einziges riesiges Fragezeichen bei den Zuschauern, trotz toller Atmosphäre, Optik und Action.
Wer aber die ersten beiden Staffeln und den ersten Film kennt und vor
Allem, wem diese auch noch gefallen haben, dem kann ich „Psycho-Pass: Sinners of the System“ wärmstens empfehlen. Es ist definitiv eine tolle Erweiterung zum Psycho-Pass Universum und hilft auch, bei einigen Story-Backgrounds zu den Charakteren. In Sachen Atmosphäre sind aber „First Guardian“ und „Jenseits von Liebe und Hass“ recht gewöhnungsbedürftig, da diese außerhalb der Stadt spielen und somit jetzt nicht die Film-Noir-Atmosphäre auftaucht, wie man es sonst von „Psycho-Pass“ her kennt. Aber dafür kommen Actionfans voll auf ihre Kosten. Am nächsten zur Hauptserie vom Stil und Atmosphäre ist der erste Film „Schuld und Sühne“ und zumindest als Vorbereitung zur dritten Staffel ist dieser Film absolute Pflicht.
Alles in allem kann ich aber „Psycho-Pass: Sinners of the System“ klar meine Empfehlung aussprechen. Zwar nicht ganz so gut wie die erste Staffel, die einfach vom Level her kaum zu erreichen ist, aber auch hier zumindest besser als die zweite Staffel.
(Pierre Schulte)
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