Story: Birmingham 1919: Die Peaky Blinders haben die Unterwelt fest in ihrer Hand. Familienoberhaupt Tommy Shelby (Cillian Murphy) ist der König der Slums von Birmingham und wird von allen gefürchtet, wobei die Polizei keine Ausnahme macht, die ihm ebenfalls weitestgehend aus der Hand frisst. Das ändert sich jedoch, als den Blinders versehentlich eine Kiste mit Kriegswaffen in die Hände fällt. Aufgrund der politischen Brisanz des Inhalts schickt die Obrigkeit Polizeiinspektor Campbell (Sam Neill) nach Belfast, um die Sache aufzuklären, und dieser zähe Hund lässt sich so leicht nichts vormachen.
„Peaky Blinders“ ist Gangsterepos, Drama, Liebesgeschichte und Thriller in einem. Am besten lässt sich die Serie als eine britische Mischung aus „Boardwalk Empire“ und „Gangs of New York“ deklarieren. Hier wie dort geht es um edel gekleidete Gangster, die in aller Öffentlichkeit herumstolzieren, weil sie mit ihren Methoden einerseits einschüchtern und andererseits die Obrigkeiten fest im Griff haben. Mit Brutalität und Kompromisslosigkeit beherrschen die Peaky Blinders die Straßen von Birmingham und verbreiten Angst und Schrecken unter ihren Gegnern.
Die Haupthandlung um die Waffen wird um die Planungen Tommy Shelbys erweitert, aus dem Kreis der illegalen Wettbüros auszubrechen um ein legales Wettgeschäft aufzubauen. Hierbei kommt ihm der Wettmogul Billy Kimber in die Quere, der nicht nur über die dazu nötigen Lizenzen verfügt, sondern auch eine wahre Armee von Schlägern und Mördern beschäftigt und ebenso ein linker Hund ist wie die Tommy und seine Brüder. Und auch die Liebschaften der Shelby-Schwester mit einem „Feind der Familie“ sorgen für zusätzlichen Zündstoff. Die insgesamt sechs Episoden stecken also voller Ideen, Wendungen und einer enorm packenden Storyline.
Dabei verfügt die Serie nicht nur über eine tolle und mitreißend wendungsreiche Handlung, sondern auch über wundervolle Kostüme und ein tolles Setting, welches den Charme der Zeit perfekt einfängt ohne dabei gekünstelt zu wirken. Hier stimmt einfach alles. Jede noch so kleine Szene ist enorm detailverliebt und selbst die teilweise sehr gewöhnungsbedürftigen Frisuren der Männer wurden nach Fotografien und Vorlagen des Handlungszeitraums kreiert. Die „Peaky Blinders“ basieren im Übrigen auf einer tatsächlichen Gangstervereinigung aus dem Birmingham der 1920er Jahren. Die Geschichte, die hier erzählt wird, ist hingegen aber rein fiktiv.
Hauptdarsteller Cilian Murphy ist die absolute Top-Besetzung des psychopatischen Gangsteroberhauptes Tommy Shelby. Jeder Blick, jede Geste, allein seine Anwesenheit ist derart intensiv und bedrohlich, dass selbst sein Lächeln wirkt wie die Drohgebärden eines mordsgefährlichen Hundes, der jeden Augenblick durchdrehen kann. Dabei handelt sein Charakter selten impulsiv, sondern stets überlegt und vorausschauend. Ganz im Gegensatz zu seinem älteren Filmbruder Arthur Shelby, der von Paul Anderson nicht minder bedrohlich dargestellt wird. Absolut Top! Auf der Seite des Gesetzes agiert Altstar Sam Neill, der seinem Charakter ebenfalls absolut überzeugend darstellt und einen perfekten Gegenpart zu der Straßengang darstellt.
In dieser männerbeherrschten Zeit ist es für Frauen natürlich schwer, sich zu behaupten. Dennoch gibt es gleich drei weibliche Charaktere, die dies geradezu spielerisch beherrschen. An erster Stelle steht dabei Helen McCrory als Polly Gray, die Tante der Shelby-Brüder, die während der Abwesenheit ihrer Neffen die Oberhand über die Geschäfte hatte, und sich nun von diesen auch nicht unbedingt in ihr Geschäft hineinreden lassen möchte. Sie agiert zwar aus dem Hintergrund und lässt Tommy in dem Glauben, das Oberhaupt der Peaky Blinders zu sein, zieht aber für sich ihre Strippen. Die stärkste Performance und interessanteste weibliche Figur ist allerdings das Barmädchen Grace, dargestellt von Annabelle Wallis, die in Wahrheit als verdeckte Ermittlerin für Campbell hinter den Blinders her ist und diese zur Strecke bringen will. Grace wird als Bedienung im örtlichen Pub eingeschleust und auf Tommy Shelby angesetzt. Da Graces Eltern einem Anschlag der IRA zum Opfer gefallen sind, hat sie auch ein persönliches Interesse daran, die Machenschaften der Gangster zu beenden. Dabei erliegt sie allerdings dem Charme des charismatischen Tommy, wodurch nicht nur eine gefährliche (und dadurch ausgesprochen spannende) Liebesgeschichte in die Handlung involviert wird, sondern auch ihr Auftrag in Gefahr gerät. Das Ganze wird noch dadurch verstärkt, dass Campbell seinerseits auch ein Auge auf Grace geworfen hat, und diese damit nicht nur zwischen den Fronten steht, sondern zum Spielball der beiden Kontrahenten wird.
Unterm Strich lässt sich sagen, dass „Peaky Blinders“ eine weitere Serie ist, die man als verwöhnter Genrefan durchaus in Augenschein nehmen sollte. Wer nun überbrodelnde Action, Verfolgungsjagten oder Straßenkämpfe erwartet, wie sie zum Teil bei „Gangs of New York“ stattfinden, der wird sicherlich enttäuscht sein. Dafür bietet die Staffel anspruchsvolle Unterhaltung auf hohem Niveau, die trotz – oder weil – der eher ruhigen Gangart, die sich beizeiten in brutaler Gewalt entlädt, absolut empfehlenswert ist.
Bild: Wie bei einer aktuellen Produktion aus dem Hause BBC zu erwarten bewegt sich die Bildqualität auf recht hohem Niveau. Vor allem die Schärfe kann hier begeistern und offenbart haufenweise Details. Lediglich einige Halbtotal-Shoots sind ein wenig verwaschen, wobei das durchaus so gewollt sein könnte, da dadurch ein toller nostalgischer Eindruck entsteht. Die Farben sind sehr erdig und dreckig, dabei aber trotzdem sehr natürlich. Auch hier spielt wieder die Stilmittel-Wahl in die Punktewertung hinein, denn die Farben machen das Bild erst so richtig schön. Der Kontrast hätte durchaus etwas steiler sein können. Gerade die Schwarzflächen wirken zuweilen ein wenig gräulich, dafür mangelt es nicht in der Detailzeichnung. Die Plastische Wirkung ist ebenfalls recht ordentlich, wobei sich hier nur selten Möglichkeiten bieten, dies zur Gänze auszuschöpfen.
Leider machen sich bei den Test-Blu-rays häufige Kompressionsartefakte in Form von Blöcken bemerkbar, welche das Gesamtbild leider wieder ein wenig nach unten drückt.
Nichtsdestotrotz eine beachtliche Performance, die sich wirklich sehen lassen kann.
Ton: Tontechnisch macht die blaue Scheibe ebenfalls einen sehr guten Eindruck. Immer wieder machen sich Geräuschfetzen aus den Rears bemerkbar, die für eine ganz ordentliche Räumlichkeit sorgen. Die Signalortung ist dabei nicht immer ganz optimal, fällt aber andererseits auch nicht negativ auf. Der Subwoofer wird vor allem von der Musik und einigen wenigen Effekten gefordert, bleibt aber überwiegend recht unauffällig. Dafür ist die deutsche Tonspur akkurat ausbalanciert und klingt erfreulich frisch und stimmig. In der Originalfassung stellt vor allem der Slang der Darsteller ein echtes Problem dar, mit Untertiteln oder entsprechenden Englischkenntnissen verstärkt dies jedoch erheblich die Authentizität der Serie. Wer lieber auf die deutsche Synchronfassung zurückgreift bekommt natürlich lupenreines Hochdeutsch geboten, was zwar nicht ganz so stimmungsvoll ist, dafür aber jederzeit klar verständlich.
Extras: Das Menü der beiden Discs ist recht spartanisch gehalten. Während der Titelsong der Serie (Red Right Hand von Nick Cave & The Bad Seed) läuft sehen wir im Hintergrund Szenen aus der Serie, umrahmt von einem Standbild, welches dem Coverartwork entspricht. Unten gibt es die Auswahlmöglichkeiten die Serie zu starten oder eine bestimmte Episode auszuwählen sowie eine Sprach- und Untertitelauswahl. Auf Disc zwei besteht darüber hinaus noch die Möglichkeit, das Making-Of anzuwählen. In dem komplett deutsch untertitelten Feature kommen sowohl die Darsteller, als auch die wichtigen Leute hinter der Kamera zu Wort und erzählen von ihren Intentionen und der Serie im Allgemeinen. Allerdings sollte man sich dieses interessante und informative Feature erst nach der Serie ansehen, da es einige kleinere Spoiler enthält.
Dieses gut viertelstündige Making-Of ist im Übrigen das Einzige Extra, welches an dieser Stelle von uns festgestellt werden konnte.
Leider wurde uns zu Testzwecken lediglich ein 2-Disc umfassendes Pressemuster überlassen, weshalb wir an dieser Stelle keine verlässliche Auskunft über die Verpackung geben können. Außerdem scheint die Handelsversion drei Discs zu umfassen. Über den Inhalt und die Qualität der vermeintlichen dritten Disc können an dieser Stelle ebenfalls keine verlässliche Information gegeben werde.
Fazit: Ein weiteres Qualitätsprodukt der BBC erscheint nun auch in Deutschland und kommt in einer sehr annehmbaren Qualität auf Blu-Ray heraus. Das Bild vermittelt dank diverser Stilmittel genau das richtige Flair. Das geht zwar etwas zu Ungunsten der Schärfe und Natürlichkeit der Farben, sieht dafür aber fantastisch aus. Der Ton ist ebenfalls ganz gefällig, kann aber Genrebedingt nur wenig auffahren. Dafür nutzt er die gegebenen Möglichkeiten fast völlig aus. Die Extras sind leider etwas mager ausgefallen, allerdings standen uns zu Testzwecken lediglich zwei der angekündigten drei Discs zur Verfügung, weshalb auf Form und Inhalt der dritten Disc an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann.
Die Serie selbst ist ebenfalls auf typisch hohem BBC-Niveau: Bild, Kamera und Ausstattung der Serie ist phänomenal. Die Darsteller beherrschen ihr Handwerk ganz vorzüglich und spielen die Wendungsreiche Story souverän und mitreißend. Wer eine Stilvolle Gangsterserie im Stil von „Boardwalk Empire“ sucht, und dabei noch einen Hauch „Gangs of New York“ vermisst, der wird bei „Peaky Blinders“ fündig. Lediglich das offene Ende ist ein kleines Ärgernis, aber das ist bei aktuellen Serienproduktionen ja inzwischen obligatorisch.
(Marc Maurer)
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