Der Film „Nur ein Augenblick“ kommt am 13. August 2020 in die deutschen Kinos und hier gibt es das ausführliche Review dazu.
Das Kriegstreiben in Syrien und seine Folgen sind allgegenwärtig. Auch bei uns sind die Auswirkungen, durch die Flüchtlinge spürbar. Doch das wahre Grauen spielt sich natürlich im, von Gewalt übersäten und blutdurchtränkten, Kriegsgebiet Syrien ab. Nur auf diesen Fakt wird, vor allem in vielen Filmproduktionen, die sich diesem Thema annehmen, viel zu wenig eingegangen. Regisseurin Rand Chahoud („Tatort: Lakritz“) will diese traurige Tatsache nun ändern und zeigt in ihrem Drama, die ungeschönte Wahrheit mit intensiven Emotionen. Ob mich der Film bis zum Schluss packen konnte, das erfahrt ihr wie immer in den folgenden Zeilen.
Story:
Der mittlerweile etablierte Immigrant Karim (Mhedi Meskar) fühlt sich wohl in seiner neuen Heimat Deutschland, genauer gesagt in seiner Heimatstadt Hamburg. Er hat ein geregeltes Leben: Eine wundervolle Frau, einen tollen Job und bald steht auch süßer Nachwuchs an. Es könnte, für das sympathische Pärchen Karim und Lilly, (Emily Cox) nicht besser laufen. Doch dann schlägt das Schicksal grausam zu. Karims Bruder Yassir wird vermisst, er wurde gefangen genommen und darum muss Karim zurück in den Krieg, der ihm eigentlich schon fremd geworden ist. Er will um jeden Preis seinen geliebten Bruder aus den Kriegsfängen befreien, doch dabei bleibt seine Lilly, mit großen Sorgen um ihn, allein in Deutschland zurück. Die schrecklichen Erfahrungen, die Karim im Krieg machen wird und die Verzweiflung, die Lilly quält, werden das glückliche Paar vor großen emotionalen Herausforderungen stellen…
Meinung und Wertung:
Der neue Film von Regisseurin und Drehbuchautorin Randa Chahoud dürfte wohl auch ein sehr persönlicher geworden sein, jedenfalls fühlt es sich so an. „Nur ein Augenblick“ erzählt eine nahbare Geschichte, die nur von ihrer Intensität und ihren Emotionen lebt und die Gefühle sowie das Innenleben ihre Protagonisten ohne Kitsch in den Vordergrund hebt. Das Thema Syrien-Krieg spielt hierbei eine zentrale Rolle, ohne dabei ein reiner Kriegsfilm zu sein. Denn Chahoud finde die richtige Balance zwischen bitterem Drama und einen schonungslosen Blick auf das Leiden, welches der Krieg so mit sich bringt. Dies alles wird ohne reißerischen Action-Sequenzen, Folter-Szenen oder sonstigen unnötigen bluttriefenden Gewaltspitzen erzählt. Mit hingebungsvoller Subtilität hebt sie den inneren Konflikt ihrer Figuren und ihre Ängste mit einer ruhigen, aber bedrückenden Intensität hervor, der den Schrecken glaubhaft erzählt, ohne dabei sein entschleunigtes Terrain zu verlassen. Dies alles hindert aber nicht daran, den Krieg in seiner grausamsten Form zu zeigen, denn durch die wirklich glaubhaften und hervorragend gespielten Figuren, wird die Unmenschlichkeit zur bitteren Realität. Ein Thema, das Hierzulande gerne totgeschwiegen oder weg-gelächelt wird und durch diesen Film erbarmungslos in die Köpfe der Zuschauer projiziert wird.
Durch die emotionsgeladene Prämisse und dem offenen aufgreifen des Syrien-Kriegs ist „Nur ein Augenblick“ schon alleine deshalb einen Gang ins Kino wert. Hier wird leise, aber umso einprägender erklärt, was für eine Bedeutung die Worte „Krieg in Syrien“ inne tragen.
Ein weiterer gelungener Kniff sind die gut geschriebenen Figuren. Allen voran die des Hauptcharakters Karim, der in einem, für ihn fremden Krieg, gerät und das, obwohl er kein Held oder ein Soldat ist. Er ist ein Durchschnitts-Typ mit normalen Problemen und eben auch mit den überaus menschlichen Ängsten, der in eine Spirale aus Gewalt und Tod gerät, weil er eben nicht mehr länger nur zusehen kann. Interessante Zusammenspiele der dramatischen Art. Doch auch die Protagonistin Lilly, die schwangere Frau an Karims Seite, hat bedeutende Szenen, die vor emotionaler Tiefe nur so strotzen. Zusammen ergeben sie ein intensives Psychogramm, einer wundervollen Liebe, in einer Welt voller Hass.
Diese beiden Darsteller sind das pochende Herz des Films und spielen mit einer beeindruckenden Intensität auf. Sie schaffen es, die Gefühlswelten der jeweiligen Figur glaubhaft und mitfühlend zu gestalten. Jede Emotion wird glaubhaft vermittelt. Mehdi Meskar („Rafaël2) und Emily Cox („The Last Kingdom“) spielen ein traumhaftes Paar, denen das Grauen des Krieges dazwischenkommt. Die beiden sympathischen Schauspieler vermitteln diese Emotionen mehr als glaubhaft. Zu diesen einprägenden Darstellungen gesellen sich die fast spürbaren Bilder, die der Kameramann Sören Schulz subtil aber ausdrucksstark einfängt. Klar, der Film hat natürlich auch seine kleinen Schwächen, aber die werden durch die gute Inszenierung und das verdammt gute Schauspiel gekonnt überschattet.
Bei „Nur ein Augenblick“ geht es weniger um das Kriegstreiben an sich, sondern mehr an die Folgen die Karim am eigenen Leib erfahren muss. Denn diese Erfahrungen wird niemand mehr los, selbst wenn die Waffen für immer ruhen sollten.
Fazit:
Mit „Nur ein Augenblick“ kommt ein realistisches und zutiefst ehrliches Kriegsdrama in unsere Kinos. Der Film entwickelt sich zu einer Achterbahn der Emotionen und zu einer kleinen feinen aber umso intensiveren (Syrien-Krieg) Erfahrung. Die herausragenden darstellerischen Leistungen heben das emotional aufgeladene Drama in fühlbare Sphären, die dem Zuschauer das Gefühl vermitteln, Teil der Geschichte zu sein. Ein gutes Stück deutsches Kino – Ehrlich und Nahbar! Bravo.
Danke für Eure Aufmerksamkeit und danke für Eure Lesezeit.
(Thomas P. Groh)
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