„Ein Woody – eine Nacht – eine Kamera – nur ein Take“
Mit seinem Regiedebüt hat sich Woody Harrelson („Zombieland“) etwas ganz Spezielles und auch höchst Persönliches ausgesucht. Sein Film über eine verrückte und selbst erlebte Nacht sollte etwas Besonderes werden: „Lost in London“ soll ohne einen einzigen Schnitt auskommen und während des Drehs live in vielen Kinos ausgestrahlt werden! In einer Nacht, mit nur einer Kamera bestückt, machten Harrelson und sein Team dieses gewagte Projekt wahr. Sein Herzensprojekt wurde am 19. Januar 2017 live in über 550 Kinos in den Staaten übertragen.Im Vertrieb von Tiberius Film erschien nun dieses Projekt Digital, auf DVD und auch als Blu-ray Disc im heimischen Handel. Die filme.de-Redaktion hat sich für ihre Leser die hochauflösende Blu-ray Version genauestens angesehen…
(Alexander Gabler)
Story:
Woody Harrelson erzählt seine „wahre“ Geschichte über eine verrückte Partynacht im Jahr 2002 in London, in der er fast seine Familie und das Leben, wie er es kennt, verlor. Als seine Frau von seiner Sex-Orgie aus der Zeitung erfährt, ist die Empörung groß und Woody landet nach einem bitteren Streit auf der Straße. Bei seinem wilden Streifzug durch die Nacht landet er unter anderem auf einer Party, wo er seinen alten Kumpel Owen Wilson trifft. Doch diese Begegnung läuft aus dem Ruder und die Ereignisse überschlagen sich. Schon bald hat Woody die Polizei am Hals.
Der Mut, so ein Projekt ins Leben zu rufen und dann auch durchzuziehen, ist wirklich erstaunlich und alle Ehren wert. Harrelson wollte also die verrückteste Nacht seines Lebens filmisch aufarbeiten. Inwieweit das Gezeigte der Wahrheit entspricht, kann ich natürlich nicht beurteilen, aber was man hier zu sehen bekommt, ist schon sehr verrückt. Ein echter Filmstoff eben. Schon die gelungene Montage am Anfang, die zeigt, welchen Stress Harrelson und sein dreißigköpfiges Team ausgesetzt waren, ist großartig und macht Lust auf mehr. Dieses sehr persönliche Projekt, strotzt nur so vor Selbstironie, skurrilen Figuren aus dem Leben und ganz viel Theater-Feeling. Woody Harrelson schafft es, sein Regiedebüt so federleicht und verrückt zu inszenieren, als würde ihm dies alles gerade wirklich wieder so passieren. Der Dreh überspannte sich auf über 14 Orten, drei Fahrzeugen und ein paar Gebäuden, die alle erstaunlich gut ausgeleuchtet und gut in Szene gesetzt wurden. Wenn man genau hinsieht, ist der Film aber auch viel mehr als nur eine wilde Komödie.
Die Geschichte, die Harrelson erzählt, ist voller philosophischer Mystik. Da wäre die Frau, die er vor einem Club kennenlernt und die ihm dann, mit einem spirituellen Ritual, auf der Toilette, aus der Patsche hilft. Oder der geheimnisvolle Taxifahrer, der ein Gedicht als Zahlungsmethode akzeptiert sowie die Erkenntnis, dass er nur mit wahrer Hingebung und Opferbereitschaft seine Sünden wieder gut machen kann. Bei all der Verneigung, dem Mut und der guten Darstellungen, konnte mich der Film dennoch nicht wirklich packen. „Lost in London“ ist mir einfach zu hektisch, ohne wirklichen Tiefgang oder einfach gesagt, zu übertrieben echt dargestellt. Der Film konnte mir kein wirkliches Gefühl vermitteln oder mir die Charaktere näherbringen, um mit ihnen diese Nacht durchzustehen. Noch am Rande erwähnt sei, dass man sich die deutsche Fassung getrost sparen kann, denn die Synchronisation ist furchtbar.
Das Beste an „Lost in London“ ist, dass es diese irre Nacht wirklich gab, Woody Harrelson seine Ehe doch noch retten konnte und das mutige Konzept des Films. Alles andere hat irgendwie keine wirkliche Sogkraft und erzeugt keine eindrückliche Nachhaltigkeit im Kopf des Zuschauers. Dennoch ist der Film weit entfernt davon, eine Katastrophe zu sein. Denn dafür, dass „Lost in London“ in nur einer Nacht mit einer Kamera gedreht wurde, ohne einen einzigen Schnitt, ist der Film doch ganz ordentlich geworden. Spirituell angehaucht und mit viel Liebe und Hingabe inszeniert. Nur leider war es nicht meins, aber meinen unumstößlichen Respekt, hat sich dieses mutige Projekt allemal erspielt.
(Thomas P. Groh)
Bild:
Das hauptsächlich mit einer Steadicam (auch Schwebestativ genannt) aufgezeichnete Bild wird uns im Ansichtsverhältnis 1,78:1, also im Vollbild präsentiert und kann durchaus überzeugen. Klar, „Lost in London“ spielt über die gesamte Laufzeit hinweg bei Nacht in Clubs, Bars und auf den Straßen Londons, dennoch wurden die Darsteller größtenteils gut ausgeleuchtet, was bei diesem Projekt ohnehin eine Meisterleistung darstellt.
Die Schärfe bewegt sich, wie für eine aktuelle Produktion auch nicht anders zu erwarten, auf einem hohen Niveau und bietet trotz nächtlichen Szenen genügend Details wie Woodys Gesichtsfalten oder auch die Beschaffenheit der Londoner Gehsteige zu entdecken. Die natürlichen Farben werden sehr akkurat und ohne störende Filter wiedergegeben. Auch der Schwarzwert wie auch die Durchzeichnung sind durchaus solide.
Da aber allgemein noch etwas Luft nach oben hin herrscht ist das Bild im gehobenen Mittelfeld einzustufen.
Ton:
- Deutsch DTS-HD MA 5.1
- Englisch DTS-HD MA 5.1
Untertitel:
- Deutsch
„Lost in London“ ist zwar sehr dialoglastig, Umgebungsgeräusche wie Straßenverkehr oder typische Bar-Sounds werden, selten aber doch, trotzdem auch über die hinteren Kanäle ausgegeben. Genrebedingt ist natürlich kein Effektgewitter zu erwarten, Dialoge sind aber jederzeit klar verständlich.
Die deutsche Synchronisation, die unter der Regie von René Hofschneider bei Legendary Units GmbH in Berlin entstand, kann leider nicht ganz überzeugen. Da wäre zum Beispiel, dass Woody Harrelson nicht von seinem Stammsynchronsprecher Thomas Nero Wolff gesprochen wurde. Das wäre ja nicht weiter schlimm, wenn dieser und sämtliche weiteren deutschen Stimmen zumindest passend gewählt wurden. Dass diese Sprecher, die vermutlich noch nicht viel Erfahrung sammeln durften, auch viel zu oft jenseits von Lippensynchron zu hören sind, machen die deutsche Tonspur für den Zuseher leider zur Qual. Hier hilft nur per Knopfdruck auf die Fernbedienung auf die originale englische Version zu switchen.
Extras:
„Lost in London“ Trailer (deutsch, englisch HD)
Trailershow:
- „Daughter of the Wolf“
- „Tag der Vergeltung“
- „10 Minutes Gone“
- „Weiß wie Schnee“
Leider wurde bis auf die Trailer zum Hauptfilm und weiteren vier HD-Trailern aus dem Hause Tiberius Film kein Bonusmaterial auf die blaue Scheibe gepackt. Ein genauerer Blick hinter die Kulissen bzw. den Dreharbeiten, genauso oder so ähnlich wie er in der Montage am Anfang des Films zu sehen war, wäre schon sehr interessant gewesen.
An ein Wendecover ohne FSK 12 Flatschen wurde leider nicht gedacht.
(Alexander Gabler)
Fazit:
Lässt man die laienhafte Synchronisation links liegen, bietet die Blu-ray neben einem soliden Bild mit natürlichen Farben und toller Schärfe immerhin auch einen ordentlichen Ton. Das Bonusmaterial hätte hingegen etwas üppiger ausfallen können. Woody Harrelsons Herzensangelegenheit „Lost in London“ ist zwar ein mutiges und auch sehr intimes Projekt, das aber leider irgendwie nicht so recht zünden möchte, bestimmt nicht jedermanns Sache ist und die Bezeichnung „Film“ nur bedingt verdient.
Testgeräte:
TV: LG OLED 55C8PLA
Player: Sony UBP X-700
AV-Receiver: Denon AVR X-1500 H
Center-Lautsprecher: Teufel Ultima UL 40 C Mk3
Front- und Surround-Lautsprecher: Teufel Motiv 6
Atmos-Lautsprecher: Teufel Reflekt (Front Height)
(Alexander Gabler)
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