Was macht man als Regisseur mit einem Cast bestehend aus: Christopher Plummer, Daniel Craig, Chris Evans, Jamie Lee Curtis, Don Johnson, Toni Collette, Michael Shannon, Frank Oz und Ana de Armas? Richtig, man macht einen Krimi, ein probates Mittel, um eine Top-Darsteller Riege um sich zu scharen. Um genau zu sein, fristet das Krimi Genre im Kino eh ein Nischendasein. Zuletzt startete 2017 Kenneth Branagh mit Agatha Christies „Mord im Orient“ ein Krimi-Comeback. Nun versucht sich auch Rian Johnson mit seinem selbst verfassten „Knives Out – Mord ist Familiensache“ an diesem Genre. Ob dieser neuzeitliche Krimi überzeugen konnte, erfahrt ihr wie immer wenn ihr weiterlest. Natürlich werde ich versuchen, dieses Review so spoilerfrei wie möglich zu halten, damit auch jeder noch seinen Spaß an der Auflösung haben kann.
Story:
Wer ermordete Harlan Thrombey? Das es Mord und kein Unfall war, da ist sich Privatdetektiv Benoit Blanc ganz sicher. Keiner der Befragten der Familie Thrombeys ist in seinen Augen glaubwürdig. Jeder, so scheint es, nimmt es mit der Wahrheit nicht ganz so genau. Doch da wäre noch Marta, die Pflegerin und Vertraute Harlans, ihr könnte man Glauben schenken. Marta leidet an einem Syndrom, denn jedes Mal, wenn sie lügt muss sie sich kurz darauf übergeben. Der perfekte Lügendetektor, so scheint es jedenfalls. Den Polizisten Elliot und Wagner ist klar, es kann nur ein Selbstmord gewesen sein. Doch warum wurde Blanc dann von einem Unbekannten engagiert, sollte es sich um ein „einfachen“ Selbstmord handeln. Fragen über Fragen und die sich in die Tasche lügende Familie ist auch nicht gerade sonderlich hilfreich. Verbergen sie den Mord oder verbergen sie etwas anderes. Blanc setzt all seine Erfahrung und Hoffnung auf Marta, sie und ein winzig kleiner Blutfleck scheinen der Schlüssel zu diesem mysteriösen Fall zu sein.
Meinung:
Wie bereits erwähnt, ist das Krimigenre nicht mehr ein so oft gesehener Gast auf einer Kinoleinwand. Dieses wurde von Thrillern, Actionfilmen und auch den zwischenzeitlich ausufernden Superhelden Verfilmungen, immer mehr ins Nischendasein gedrängt. Selbst Piraten durften unlängst ein mehrfaches Revival feiern. Ebenfalls schnitt ich Kenneth Branaghs („Harry Potter und die Kammer des Schreckens“) 2017er Version eines bereits verfilmten Krimis aus dem Jahr 1974 nach Agatha Christie „Mord im Orient Express“ an. Ein schweres Erbe, welches auch Branagh nicht gelang zu toppen. Und das trotz eines ebenfalls opulenten Casts ebenso wie bei „Knives Out“. Nun versucht sich Rian Johnson („Star Wars – Die letzten Jedi“) erneut an einem Krimi. Dieses Mal nicht basierend auf einem bestehenden Buch, sondern mit einem selbst geschrieben und inszenierten Script.
Ich muss sagen, ich bin als alter Krimifreund hin- und hergerissen. Fangen wir mal bei den positiven Punkten an. Der Cast ist unglaublich spielfreudig, selbst Christopher Plummer, der immerhin schon über 90 Jahre zählt, scheint seine wahre Freude, an der Rolle des Opfers Harlan Thrombey gehabt zu haben. Dazu gesellen sich Jamie Lee Curtis als Tochter des Opfers, die allein schon mit einer nach oben gezogenen Augenbraue eine ganze Szene tragen kann. Mister „Miami Vice“ Don Johnson darf dabei ihren Gatten spielen und „Captain America“ Chris Evans den Sohn von Curtis und Johnson. Weiterhin haben wir noch Michael Shannon als Sohn des alten Thormbeys sowie in weiteren Rollen Tony Collete, Katherine Langford, Edi Patterson, K Callen und Regisseur und Puppenspieler Frank Oz („Der dunkle Kristal“) in einer kleinen Nebenrolle. Ana de Armas als Marta Cabrea spielt die Pflegerin Thrombeys. Last but noch least dürfen wir auch noch Daniel Craig in der Rolle des Privatdetektivs Benoit Blanc mal fernab seines Alter Egos Mr. Bond, bewundern.
Allein der Cast ist schon eine Sichtung wert, dazu gesellen sich tolle Aufnahmen, ein unglaublich detailreiches Set, das uneingeschränkt an Cluedo (Krimi-Brettspiel) erinnert und ein wirklich unterhaltsamer Kriminalfall. Natürlich wie es sich gehört mit all seinen Irrungen und Wirrungen.
Kommen wir nun zu den wenigen, aber dennoch vorhandenen Defiziten. Diese beziehen sich mehr auf den Fallaufbau bzw. die Inszenierung, denn am Cast gibt es nichts zu bemängeln. Dazu muss man noch zwischen dem geübten Teilzeit Kriminologen und dem unbedarfteren Zuschauer unterscheiden. Rian Johnson versucht eine Art Mittelweg zu finden, wobei ich ihm mal eine gewisse Mutlosigkeit unterstelle. Dies beziehe ich auf sein Vertrauen in die Zuschauer. Dabei ist der Kriminalfall nicht einmal das Manko, sondern die besagte Mutlosigkeit des Regisseurs. Johnson baut schon früh einen Hinweis ein, der auch weniger geübten Krimizuschauern auffallen kann bzw. wird. Dies verrät leider schon früh, wer eventuell mit involviert sein könnte. Dazu gibt es noch zwei, drei weitere Tipps, die in meinen Augen, dann doch zu viel des Guten waren. Man merkt, dass Johnson versucht, dem Zuschauer auf die Sprünge zu helfen, damit dieser auch ja seiner Geschichte folgen kann.
Fazit:
Decken wir nun mal die Fakten auf und kommen zum Fazit: Ich bin wirklich begeistert, dass einige Filmemacher sich endlich wieder dem Krimi-Genre zuwenden. Wenn auch bei Branagh, wie auch Johnson noch Luft nach oben ist. Das kann so manch älterer Film-Vertreter doch noch einen Ticken besser. Nichts desto trotz wurde ich bei Johnsons „Knives Out – Mord ist Familiensache“ mit einem Top Cast und seiner ungeheuren Spielfreude belohnt. Der Kriminalfall selbst ist solide, aber es hapert an dem Vertrauen des Regisseurs in seine Zuschauer. So hat mir der Film einerseits sehr gut gefallen, aber mit meiner Meinung nach unnötigen Hinweisen hat Johnson selbst den Aha- oder auch Wow-Effekt gekillt. Sprich, mir fehlte bei der Auflösung der Kick. Johnson wedelt für mich schon zu früh mit den ersten Hinweisen und konnte es auch nicht sein lassen, noch ein paar weitere zu streuen. Johnson hätte ruhig etwas zurückhaltender sein dürfen und die Story noch einen Ticken mehr ausklügeln dürfen. Trotzdem war es ein Spaß dem Cast zuzusehen und endlich mal wieder dem Krimi Genre zu frönen. Auf eines dürfen wir uns auf jeden Fall freuen, denn „Knives Out 2“ ist bereits angekündigt und vielleicht dreht Johnson dann nochmal etwas weiter an der Stellschraube des kommenden Scripts und lässt den Zuschauer länger im Dunkeln mit seinen Vermutungen.
Habt ihr den Film gesehen, wie habt ihr ihn empfunden, hat er euch gefallen, bejubelt ihr ihn oder fandet ihr ihn bescheiden, wenn nicht sogar schlecht? Teilt es uns in den Kommentaren mit.
Bild:
Das Bild der Blu-ray lässt mich ziemlich zwiegespalten zurück. Die Farben und Kontraste sowie der Schwarzwert sind sehr ausgeglichen und wissen wirklich zu gefallen. Die Schärfe ist durchweg auf sehr hohen, wenn nicht sogar auf zu hohem Niveau. Gerade die ersten Szenen scheinen arg überschärft und der Bildstand bzw. Teile des Bildes sind dabei ziemlich unruhig und pumpen Flackern im Hintergrund. Dies konnte ich am stärksten in einer der ersten Szenen beobachten. Besonders stark war dies bei der Kamerafahrt auf Harlans Anwesen und bei der anfangs beginnenden Zeugenbefragung. Dies ließ sich erst mit der runter Regulierung der Helligkeit und des Kontrastes in Griff bekommen. Im Verlauf des Films konnte ich zwar wieder auf meine Sehgewohnheiten zurück drehen, wer aber gerne etwas mehr Helligkeit im Bild mag, wird hier mit einem stark auffallend fehlerhaften Bild konfrontiert. Wie gesagt, dies legte sich im Verlauf des Filmes, darf bei einer Erstveröffentlichung aber nicht passieren.
Ton:
Der Ton ist genrebedingt natürlich dialoglastig und weiß mit einer sehr guten Verständlichkeit zu überzeugen. Ausufernde zimmerfüllende Surroundeffekte bietet der Film eher weniger. Im Gegensatz zu dem Bild, bin ich mit dem Ton durchaus zufrieden.
Extras:
- Audiokommentar Rian Johnson, Steve Yedlin und Noah Segan
- Kinokommentar mit Rian Johnson
- Meet the Thrombeys
- Ode to the Murder Mystery
- Deleted Scenes
- Rian Johnson: Planning the perfect Murder
- Director & Cast – Q&A
- Making a Murder
Technische Bewertungen beziehen sich immer auf das Alter und das vorhandene Ausgangsmaterial!
Wie immer möchte ich mich für eure Aufmerksamkeit bedanken und hoffe wir lesen uns bei meinem nächsten Review wieder.
(Marc Maurer)
©Bilder, Trailer und Medium zur Verfügung gestellt von LEONINE – Alle Rechte vorbehalten.
Ich muss zustimmen, dass das Bild ziemlich versaut wurde und eigentlich „reklamationswürdig“ ist. Dieses Flackern – auch wenn es im weiteren Verlaufs des Films etwas abnimmt – ist ein riesen Störfaktor, den ich nicht durch Anpassen meiner Bildeinstellungen minimieren müssen möchte. Gerade in Anbetracht eines Films mit einem gewissen Analog-Look vergangener Tage erreichen möchte, welcher sogar noch durch das Einfügen künstlichen Filmkorns nachträglich verstärkt werden sollte, wiegen Bildfehler des digitalen Zeitalters umso schwerer. Das ist so, als wenn Grindhouse überall Kompressionsartefakte gehabt hätte, die im Widerspruch zu den beabsichtigten analogen Bildfehlern stünden.
Tut mir leid, aber für so ein hochwertig produzierten Film (angeblich $40 Mio.) kann ich mir so eine schlampige Heimkinoveröffentlichung nicht erlauben.