Am 08. Oktober 2020 kommt “Johnny Handsome“ im Mediabook in den Handel und hier gibt es das Review dazu:
John Sedley, dessen Gesicht seit seiner Geburt deformiert ist, plant gemeinsam mit seinem Freund Mikey sowie Sunny und Rafe einen Raubüberfall. Doch der Plan geht dank Rafe schief, Mikey wird getötet und Johnny verhaftet. Rafe veranlasst Johnny im Gefängnis töten zu lassen, doch er überlebt schwerverletzt. Der Arzt Steven Resher sieht in Johnny ein Projekt, denn mithilfe plastischer Chirurgie, soll Johnny ein neues Gesicht bekommen, das ihm zudem zu einem besseren Menschen machen soll, Johnny lenkt ein und lässt die Vielzahl an Operationen über sich ergehen. Mit neuem Gesicht, einer neuen Identität als Johnny Mitchell und auf Bewährung, beginnt er sein frisch gewonnenes Leben in Freiheit. Bei seinem Job auf der Werft läuft es gut, er lernt die hübsche Donna kennen, es scheint aufwärts zu gehen für Johnny. Doch tief in ihm schlummert die Rache, Rache für seinen Freund Mikey. Erneut schlägt er Sunny und Rafe einen Überfall vor, ohne dass beide ahnen, wer vor ihnen steht. Allerdings vergisst er die endlose Gier von Rafe, der längst einen weiteren Plan gefasst hat, sobald der Überfall beendet ist.
Eindruck:
Ein Film von Walter Hill, der mit seinen Actionfilmen die 80er revolutionierte, löst bei vielen Begeisterung aus. Zu seinen erfolgreichen Werken zählen Filme wie „Nur 48 Stunden“, 2Straßen in Flammen“, „Ausgelöscht“ und auch „Red Heat“.
In „Johnny Handsome“ orientiert er sich etwas am Film Noir, sowohl in der düsteren Inszenierung wie auch den hoffnungslosen Unterton, den die Story vermittelt. Die Kulissen und die Location zeigen eine finstere, fast pessimistische Stimmung. Dasselbe gilt für den Score, wofür Ry Cooder verantwortlich war, welcher übrigens äußerst gelungen ist und den Flair des Filmes gekonnt einfängt.
Das spiegelt sich auch in der restlichen Herangehensweise wider, die Farbgebung in Johnny Handsome unterscheidet sich deutlich von ähnlichen Filmen der 80er Jahre. Alles erscheint farbreduziert, als ob ein dunkler Schleier über allem liegt. Ebenso die Initiierung, Walter Hill beginnt zwar furios mit dem Raubüberfall, um anschließend das Tempo aber arg zu reduzieren. Hier gibt er dem Zuschauer Raum, die Charaktere kennenzulernen, das Hauptaugenmerk liegt natürlich bei Johnny. Geschickt lässt Walter Hill hin und wieder erzähltechnisch etwas Fahrt aufnehmen, um zum Finale hin ordentlich zu beschleunigen. Ein nicht unbedingt typischer Walter Hill Film, denn die Ästhetik und bedrückende Atmosphäre erinnern selten an seine sonstigen Werke. Wie erwähnt, hier hat er sich vom Film Noir inspirieren lassen, auch wenn seine eigene Handschrift klar erkennbar bleibt.
Der Cast in Johnny Handsome ist grandios, Mickey Rourke (Johnny Handsome/ Johnny Mitchell) überzeugt mit intensivem Spiel und verkörpert seinen Part überzeugend. Einzig Ellen Barkin (Sunny) gelingt es, ihm ein wenig die Show zu stehlen, sie spielt herrlich durchgeknallt auf. Daneben mit Morgan Freeman, Forest Whitaker und auch Lance Henriksen, bekommt der Zuschauer großartige Darsteller zu sehen, nein besser, zu erleben.
Fazit:
„Johnny Handsome“ ist mehr Drama als Actionfilm, auch wenn es bisweilen ordentlich zur Sache geht. So steht das Schicksal von Johnny im Kern der Geschichte, angefangen mit seinem zu Beginn entstellten Gesicht, die Chance auf ein neues Leben dank der Operationen, bis hin zu seinem Seelenleben. Doch trotz all der guten Dinge, die ihm plötzlich widerfahren sind, die Gelegenheit, mit seiner neuen Existenz den richtigen Weg einzuschlagen, leider ausschlägt.
Und das geschieht zu schnell und zu offensichtlich, sodass sein Gegenpart wie Sunny und Rafe, bisweilen interessanter wirken. Auch die auf der Werft entstandene Romanze zwischen Johnny und Donna wirkt eher konstruiert als mitreißend.
So bin ich etwas hin- und her gerissen, auf der einen Seite eine gelungene und stilvolle Inszenierung, die mit ihren Bildern eine eindrucksvolle Atmosphäre vermittelt, dazu kommt die großartige Besetzung und das bis in die kleinsten Nebenrollen.
Mir fehlte bei der Figur Johnny Handsome einfach die charakterliche Entwicklung, der Feinschliff, um den Zuschauer an seinem Schicksal mitfiebern zu lassen. Wie erwähnt, Ellen Barkin läuft ihm hier teilweise den Rang ab mit ihrer Interpretation von Sunny, obwohl ihre Rolle recht klischeehaft skizziert wurde.
Insgesamt kein schlechter Film, nein, davon ist „Johnny Handsome“ weit entfernt. Er wirkt nur leider bisweilen etwas unausgegoren, zu mutlos, den vielversprechenden angefangen Weg weiterzugehen. Walter Hill entscheidet sich lieber das zu tun, was er bestens kann, auf ein spektakuläres und blutiges Finale hinzuarbeiten. Damit beraubt er sich selbst, seiner gelungenen Arbeit und Einführung in der Story, wenn auch höchst unterhaltsam und teilweise recht abwechslungsreich.
„Johnny Handsome“ wird zum schönen Johnny, um anschließend hässlich Rache zu nehmen.
Zu dem von Koch Koch Films kommenden Mediabook zu Johnny Handsome kann ich in Bezug auf Artwork, Booklet und Qualität des Filmes auf Blu-ray leider keine Angaben machen. Mir lag der reine Film nur als DVD vor, sowie eine Blu-ray mit Bonusinhalt. Diese bietet neben einer interessanten Dokumentation zum Film noch drei sehenswerte Featuretten.
Bild:
Das Bild der DVD sieht zu Beginn des Filmes ernüchternd aus, recht unscharf und fast schwarz-weiß zeigt es sich auf der Leinwand. Doch nach ein paar Minuten wechselt sich der Zustand, es wird farbiger, obwohl wie schon erwähnt, kräftigere Farben sind hier eher Mangelware. In hellen Szenen bekommt man ein recht scharfes Bild, das viele Details für DVD Verhältnisse zeigt. In den dunkleren Szenen gibt es davon weniger zu sehen, zudem das Bild eine gewisse Körnung besitzt. Sowohl der Kontrast und Schwarzwert bewegen sich auf solidem Niveau, teils überdurchschnittlich gut, manchmal aber auch nur solide.
Ton:
Die Stereospur der DVD erklingt überraschend dynamisch. Der Score löst sich gut von den Boxen und vermittelt etwas Raumgefühl, die Stimmen sind klar und deutlich, selbst in den Actionreicheren Szenen. Die übrigens, obwohl es nur eine Stereospur ist, ebenfalls recht druckvoll abgebildet werden. Angesichts dessen, eine wirklich gelungene Abmischung, die viel besser klingt als man es erwartet.
Extras:
- Trailer
- Bildergalerie
- Dokumentation Codes to Live by
Featurettes:
- Wordsmith
- Eye of the Beholder
- Action Man
Testequipment:
JVC DLA-X35
Panasonic DMP UB704
Marantz AV8801 / MM7055
B&W 7er Serie 5.1
(Hartmut Haake)
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