Es ist ein bisschen ruhig geworden um Helen Hunt, während sie in den 90ern und Anfang der Jahrtausendwende recht fleißig in den Kinos zu sehen war, wie z. B. in Filmen wie „Twister“, „Was Frauen wollen“ und nicht zu vergessen ihre Oscar Rolle in „Besser geht’s nicht“. Es heißt aber nicht, dass sie ganz untätig war, sie war in der Zeit mehr in kleineren Produktionen zu sehen, für deutlich weniger Budget und die meisten davon schafften es auch noch nicht mal in die Kinos. Eines dieser Titel ist „I SEE YOU“ der in erster Linie nur auf Festivals zu sehen war. Geschrieben wurde das Ganze von Devon Graye, den meisten bekannt als Darsteller aus der Kultserie „Dexter“. Capelight Pictures bringt „I SEE YOU“ nun direkt auf DVD und Blu-ray raus und stellte uns vorab eine Streaming-Version zur Verfügung. Von der Neugier gepackt, haben wir den Film für euch getestet und können euch sagen, ob sich hier ein besonderer Geheimtipp verbirgt oder ob der Film zurecht in erster Linie nur auf Festivals gezeigt wurde.
Story:
Aufgrund ihrer Affäre ist Jackie Harpers Familienleben ins Straucheln geraten. Ihr Sohn verachtet sie, ihr Mann redet kaum noch mit ihr, schläft lieber auf der Couch oder stürzt sich in die Arbeit. Schließlich ist er Polizist und muss im Fall eines entführten Kindes ermitteln.Doch dann geschehen merkwürdige Dinge im Haus. Gegenstände liegen nicht mehr da wo sie sein sollten oder verschwinden komplett, was noch für mehr Spannungen sorgt, weil jeder jeden beschuldigt. Aber nichts ist so wie es scheint.
Eindruck:
Ich weiß zwar, dass Helen Hunt bereits 56 Jahre alt ist, aber als ich sie hier nach langer Zeit mal wiedergesehen habe, dachte ich nur: Boah ist diese Frau alt geworden und anscheinend wurde auch fleißig versucht, glatt zu bügeln, was in dem Fall noch einiges optisch verschlimmbesserte.
Nun, an der Qualität des Films tut es aber keinen Abbruch, denn der Film hat es wirklich in sich. Der Film spielt zum Großteil in einem großen Haus, sodass man optisch zu keiner Sekunde merkt, dass „I SEE YOU“ mit gerade mal drei Mio. Budget gedreht worden ist. Die Story selbst ist zwar sehr ruhig erzählt, lebt aber von seiner wirklich tollen Atmosphäre und Spannung. Dabei ist der Film auch in drei Abschnitte unterteilt. Das erste Drittel des Films zeigt das zerbrochene Familienleben der
Familie Harper. Zu jeder Zeit spürt man die enormen Spannungen zwischen den drei Personen. Im Hintergrund der Entführung bekommt man gleichzeitig noch Auszüge der Medien geboten und wie Jackies Ehemann ermittelt. Die Atmosphäre ist wirklich mysteriös. Man spürt zu jeder Sekunde, dass etwas nicht stimmt, man errät nicht was los ist und fiebert direkt mit, wodurch es zu einigem Gänsehautmoment kommt, gefolgt von einigen netten kleinen Jump Scares. Da ignoriert man auch so einige Logiklöcher.
Nachdem das erste Drittel in einem kleinen dramatischen Höhepunkt endet wird zurückgespult, nun kommen alle Ereignisse noch mal, diesmal aus einer anderen Perspektive. Aus welcher Perspektive will ich mal nicht verraten, aber ich muss sagen, jetzt steigert es sich noch mal enorm.
Hier wird es nicht nur extrem Psycho, sondern es kommt auch zu brachialen Wendungen, womit man so in der Form nicht rechnet. Was natürlich auch bedeutet, dass man nicht einfach Sinn frei alles wiederholt, sondern durch die neue Perspektive und die Änderung des Blickwickels und zusätzlichen Informationen, die man bekommt, bekommt die Story eine wirklich tolle Wendung und man ist baff, was man da zu sehen kriegt. Dabei bleiben die Spannung und die Atmosphäre auf enorm hohem Niveau.
Im letzten Drittel kommen dann die Blickwinkel aus den ersten beiden Dritteln zusammen und man erzählt die Story sehr konsequent und weiterhin extrem spannend weiter, mit einem sehr rücksichtslosen und recht konsequenten Ende.
Der Cast des Films, neben Helen Hunt, macht hier seine Sache sehr gut, auch wenn jetzt keine großen Namen dabei sind und die meisten eher aus TV-Serien bekannt sind, bzw. aus recht kleinen Genre Produktionen.
Optisch wie gesagt, dadurch, dass 90 % des Films innerhalb des Hauses spielen, ist der Film sehr hochwertig in Szene gesetzt und unterstützt nochmal hervorragend die tolle Atmosphäre des Films. Was bei dem Film etwas Probleme bereiten könnte ist der Wiederanschauungswert. Ja, die Story ist mega spannend, Wendungsreich mit super dichter Atmosphäre, aber wenn man weiß, wie die Sache ausgeht, wer hier, wieso, wohin und weshalb, dann passiert es schon, dass der Film dadurch schon etwas an Qualität verliert. Ändert natürlich nichts an der Sache, dass die Erstsichtung einen auf extreme weise in den Bann ziehen wird.
Fazit:
Ein extrem spannender, intensiver und wirklich toller Mystery-Thriller, wo nichts so ist wie es scheint. Die Wendungen sind brachial und stellenweise sehr böse. Der Film ist nichts für sanfte Nerven. Der Film ist zwar jetzt nicht brutal, die, ich sag mal, blutigen Sachen passieren im off, aber „I SEE YOU“ schafft es, dass man in den Film nach wenigen Minuten total eintaucht und alles um einen vergisst und wirklich unglaublich mitfiebert. Da ignoriert man auch ganz gerne ein paar Logiklöcher. Einzig aufgrund der Auflösungen könnte der Wiederanschauungswert nicht so hoch ausfallen. Trotzdem muss gesagt sein, dass man diesen Film definitiv mal gesehen haben sollte. Ein wirklich toller Geheimtipp.
(Pierre Schulte)
©Bilder Capelight Pictures – Alle Rechte vorbehalten!
Ui, das könnt ein Sammlungskandidat werden, wenn ich das so lese…;)
Den hatte ich eh schon im Fokus – Dein Review hat das noch verstärkt.
Gutes Review, interessant und neugierig machend geschrieben. Top! Danke, Pierre.
Nur solltest Du Dir persönliche Seitenhiebe (hier das Aussehen von Helen Hunt inklusive mitgelieferte Spekulation) zukünftig verkneifen, zumal gleich am Anfang. Das mindert das Lesevergnügen…