Ein Mädchen, das blutverschmiert die Straße entlang läuft. Das ist das Erste, was wir in „I am not okay with this“ – einer Coming of Age Serie – zu sehen bekommen. Wie diese Geschichte mit Superkräften zusammenpasst und ob das nicht Stranger Things 2.0 ist, wird in dieser Kritik geklärt.
Story:
Das erste Mal Sex und ein Zug an einem Joint (ohne zu husten!), scheinen die Highlights im so langweiligen Leben von Sydney zu sein. Die 17-Jährige ist in der Schule eher eine Außenseiterin und fühlt sich auch sonst allein gelassen. Nachdem ihr Vater Suizid begeht und keine Erklärung hinterlässt, zieht sie sich vollkommen zurück. Gerade dann kommt ihre beste Freundin Dina mit einem neuen Freund an – Brad. Er ist der klassische Liebling aller aus dem Football-Team. Schon beim ersten Aufeinandertreffen ist klar: Das ist Hass auf den ersten Blick. Doch als wäre damit noch nicht der Höhepunkt erreicht, tun sich mysteriöse Dinge in Sydneys Körper. Und nein, die Rede ist nicht von den Pickeln an ihrem Bein. Allem Anschein nach hat Syd Superkräfte – ganz und gar nicht okay.
Kritik:
In dieser Ausgangssituation finden wir uns in „I am not okay with this“ wieder. Eine Geschichte eines Mädchens, das neben Gefühlen für ihre Freundin und Stress mit der Familie auch noch Superkräfte bekommt. Superkräfte sind nur nicht immer cool. Anders als in Filmen wie „Shazam“, machen Syd ihre Kräfte zu schaffen. Der einzige, der an ihren Kräften wirklich Gefallen findet, scheint ihr Nachbar Stanley Barber zu sein. Nachdem sie ihn in ihr größtes Geheimnis eingeweiht hat, ändert sich für ihn das Zentrum seines Lebens. Er selbst hat es mit seinem Vater nicht einfach und will Sydney nun helfen. Doch die hat darauf wenig Lust. Viel eher leidet sie an Verfolgungsangst und wäre doch viel lieber normal. Aufreizende Klamotten, Partys und Sex? Für Sydney eher ein Schritt zur nächsten Panikattacke. Und seit kurzem fürchtet sie diese noch mehr. Denn sobald sie ihre Wut kanalisiert, kann das wortwörtlich Bäume ausreißen.
Ähnlich wie schon beim Flucht-Roadtrip „The End Of The F****ing World“ verzichtet man bei den im Schnitt 20-minütigen Episoden auf ein großes Intro. Der rote Serientitel ist jetzt gelb und schon sind wir mitten im Geschehen. Die beiden Serien verbindet allerdings noch weitaus mehr. Sowohl TEOTFW als auch „I am not okay with this“ basieren beide auf den Graphic Novels von Charles S. Forsman. Wer nun bei den Superkräften ebenfalls Parallelen zu Eleven aus „Stranger Things“ sieht, liegt gold richtig. Shawn Levy, der Produzent der Coming of Age Geschichte, war mit seinem Studio nämlich bereits als Produzent des Netflix Flagschiffs tätig.
Doch hier bricht man auch mit den Gemeinsamkeiten der Serien. Während die Superkräfte in „Stranger Things“ ein tragendes Element der Geschichte sind, so sind sie hier nun ein kleiner Twist in der Geschichte. Auch sind die Hauptcharaktere schnell viel sympathischer, als in TEOTFW. Während man bestimmt zwei Folgen braucht, um mit James und Alyssa, den zwei Soziopathen, zu sympathisieren, geht es in dieser Serie deutlich schneller. Die Distanz zum mordlustigen James hat man aufgebrochen und durch eine sympathische Langweilerin ersetzt. Sophia Lillis schafft es, ihre Hauptrolle so zu spielen, dass man oft selbst Parallelen ziehen kann.
Doch auch wenn es die Serie schafft, sich eine eigene Identität zu kreieren, so hat sie doch auch ihre Schwächen. Die Charaktere sind allesamt zwar gut nachzuvollziehen, dafür allerdings auch sehr klischeebehaftet. Vom beliebten Football-Spieler, über die Außenseiter bis hin zur punkigen Unruhestifterin sind nahezu alle möglichen Klischees bedient. Dem zur Rettung steht glücklicherweise der Superhelden-Twist. Dieser gibt der Geschichte den Ruck in eine andere Richtung und lässt viel Spielraum für weitere Geschichten offen.
Fazit:
Mit „I am not okay with this“ inszeniert man eine Geschichte die sowohl lustig, emotional wie auch sprachlos machen kann. Durch die eingefangenen Bilder schafft man eine kleine Welt, die vor Langeweile nur so strotzt und doch so spannend ist. Die 150 Minuten der sieben Episoden vergehen wie im Flug und laden daher gerade Binge-Watcher ein, die Serie am Stück zu schauen. Die Erzählweise ist über die gesamte Staffel sehr konstant und gerade das Ende lässt auf eine zweite Staffel hoffen. Um es mit dem Titel zusammenzufassen: „I am not only okay with this!“
Seit dem 26. Februar 2020 sind alle sieben Episoden der ersten Staffel auf Netflix verfügbar.
(Nils Zehnder)
©Bilder Netflix – Alle Rechte vorbehalten!