“Hanna: Staffel 1“ sollte das neue große Prestige Objekt für Amazon werden. Während es auch optisch in Sachen Ausstattung und Kulissen wirklich sehr gut punkten konnte, schwächelt es beim Rest. Die Inszenierung war sehr langatmig und die Charaktere stellenweise auch sehr anstrengend, da man anstatt packende Agentenstory sehr auf Teenie Drama setzte. Natürlich waren die Klickzahlen des Serienremakes der wirklich tollen Filmvorlage trotzdem auch hohem Niveau, sodass man schnell eine zweite Staffel bestätigte. Doch werden die Schwächen der ersten Staffel nun ausgebügelt werden oder wird auch die zweite Staffel ähnlich enttäuschen, wie die erste Staffel. Wir haben Staffel 2 von „Hanna“ für euch getestet, sodass wir ganz genau berichten können.
Story:
Hanna und Clara leben zurückgezogen in den Wäldern, trainieren aber täglich für den Fall der Fälle. Als Clara aber den Fehler macht, nach ihrer Mutter Ausschau zu halten, gerät sie in eine Falle und wird gefangen genommen. Auch Hanna wird bei dem Versuch Clara zu befreien geschnappt und einer Gehirnwäsche unterzogen. Nun weiß sie nicht mehr was sie will, die Scheinrealität unter den Killern oder ihre Freiheit.
Eindruck:
Season 2 besteht aus acht Folgen zwischen 46 und 52 Minuten Laufzeit und ist wie Season 1 durchgängig erzählt. Inhaltlich wird von nun an auch die Filmvorlage komplett ignoriert, außer halt, dass die Charaktere auftauchen.
Die gute Nachricht, die Stärken der ersten Staffel sind auch weiterhin in der zweiten Staffel zu sehen. Die schlechte Nachricht, die Schwächen der ersten Staffel wurden nicht ausgebügelt und sind weiterhin sehr präsent.
Optisch merkt man natürlich, dass Hanna weiterhin eine große Prestige-Serie sein soll. Die Kulissen und die internationalen Schauplätze stehen Kinoproduktionen in nichts nach, entsprechend ist der Look wirklich klasse. Inhaltlich dagegen eher na ja. An sich ist die zweite Staffel, wie die erste Staffel recht ruhig erzählt, aber immerhin während der ersten Folgen nicht langweilig. Spannung und Dramatik ist da und schauspielerisch war die Serie ohnehin stets top, sprich Esme Creed-Miles als Hanna und Mireille Enos als Marissa Wiegler spielen großartig. Ihre Ausstrahlung ist klasse und ihre Charaktere sind sehr komplex. Dermot Mulroney als neuer Bösewicht, macht seine Sache auch sehr gut. Aber so gut die Schauspieler an sich sind, das Problem bleibt
bei den Charakteren an sich, in dem Fall die Teenager rund um Hanna und natürlich auch sie selbst. Sie spielen nämlich typische Teenager und wie typische Teenager nun mal sind, entsprechend auch sehr anstrengend. Sie zicken rum, sie hören nicht, benehmen sich recht dämlich, machen ständig Fehler, dadurch ist es weiterhin schwer, für Hanna und Co. Sympathien zu erwecken. Stattdessen hat man Mitleid mit den Erwachsenen, dass die es mit den Teenies aushalten müssen, ohne diese gleich erwürgen zu dürfen.
Wie in der ersten Staffel dreht sich auch hier der Mittelteil rund um typische Teenie Probleme und Sehnsüchte, ohne, dass ansonsten nicht wirklich viel passiert, außer entsprechend viel gegenseitiges Herumgezicke. In Kombination mit der recht ruhigen Erzählweise zieht sich der Part extrem, einzig, wenn dann ab und an mal Action gezeigt wird, wird es interessant. Hier kommt Hanna natürlich entsprechend cool wie eine Metzelmaschine rüber. Die Action selbst ist hart und schnell gedreht. Ohne Rumgeschüttel mit der Kamera, aber dafür mit schnellen Schnitten. Immerhin verliert man aber da nicht die Übersicht. Trotzdem bleibt der Actionanteil natürlich eher gering. Es geht halt um typische Teenie Probleme auch, wenn besagte Teenie allesamt ausgebildete Killer sind. Ist dies interessant und spannend, nicht wirklich.
Im letzten Drittel wird dann endlich die Story weitererzählt und die Erzähl-Geschwindigkeit wird höher. Es kommt zu ganz schönen Wendungen und hier noch mal herausragende Actionsequenzen, die einen an Bourne erinnern lassen. Die Spannung ist dann im Verlauf richtig gut, mit einem Ende, das zwar ohne brachialen Cliffhanger ist, dafür aber sehr offen, dass man gut darauf aufbauen kann.
Fazit:
Optisch und ausstattungsmäßig ohne Frage ganz großes Kino, aber inhaltlich die gleichen Probleme wie bei der ersten Staffel. Wenn man nun das letzte Drittel so anschaut, denkt man nämlich direkt wieder, warum kann das nicht ein durchgängiger Agententhriller sein, anstatt immer wieder durch Teenie Sehnsuchtsgejammer der Serie enorm an Fahrt und Qualität zu nehmen. Entsprechend ist auch die zweite Staffel direkt mal wieder 2–3 Folgen zu lang geraten. Immerhin ist das Ende wieder interessant genug, dass man neugierig auf eine dritte Staffel ist. Bleibt nur zu hoffen, dass man dann endlich aus den Fehlern gelernt hat. Potenzial ist ohne Frage da, etwas ganz Großes zu werden, wenn man sich nicht nur ständig selbst im Weg stehen würde.
Amazon bietet die Serie auch in 4k an.
(Pierre Schulte)
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