„Gundala“ aus dem Jahr 2019 ist Indonesiens Antwort auf Marvel und Co. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Comic des 2016 verstorbenen Autors Harya „Hasmi“ Suraminata. Der Film, der von Regisseur Joko Anwar geschrieben und inszeniert wurde, erzählt die Entstehungsgeschichte des Helden Gundala, der im realen Leben Sancaka heißt. Sancaka / Gundala wird gespielt von mehrfach ausgezeichneten Schauspieler Abimana Aryasatya. Der Film spielt in einem alternativen Indonesien, in dem Korruption und Ungleichheit an der Tagesordnung stehen, was in Massenaufständen und Gewalt mündet. Im August 2019 feierte der Film in Indonesien Premiere und seine internationale Aufführung fand im September 2019 beim Toronto International Film Festival statt. Dabei erhielt der Film viele lobende Worte und Kritiken. Nun liegt dieser auch mir vor und ich muss gestehen, nach all der Flut an Disney / Marvel Superheldenfilmen, bin ich ziemlich neugierig darauf, einen Superhelden zu sehen, der nicht unter den Fittichen der Disney / Marvel Kooperation steht. Ob „Gundala“ bei mir ebenfalls wie bei der internationalen Presse punkten konnte, erfahrt ihr wie immer wenn ihr weiterlest.
Story:
Der kleine Sancaka lebt mit seinen Eltern in den Slums Indonesiens. Sein Vater ist ein Dorn im Auge des nächst größeren Arbeitgebers und so initiiert dieser nach ersten Warnstreiks seiner Mitarbeiter einen Aufstand, dem Sancakas Vater zum Opfer fällt, indem der während der Aufruhr erstochen wird. All das muss Sancaka miterleben und während die Leute um ihn herum versuchen, ihn zu beruhigen, steigt ein Unwetter auf und Sancaka wird vom Blitz getroffen. Ein Jahr nach dem Tod seines Vaters und seines Unfalls durch den Blitz, sind die finanziellen Reserven aufgebraucht. Seine Mutter muss für ein paar Tage die Stadt verlassen, um andernorts Geld zu verdienen. So verspricht sie ihm, wieder zurück zu sein, wenn er tags drauf von der Schule heim kommt. Doch seine Mutter kommt nicht wieder und so haust der kleine Sancaka einige Zeit allein in der Behausung, bis er erkennt, dass es hier für ihn keine Zukunft geben wird. So zieht er seine Wege durch die Slums, bis er auf jungen Awang trifft, der ihn vor einer Gruppe jugendlicher Schläger beschützt. Dieser lehrt Sancaka auch das Kämpfen und gibt ihm den Rat mit, niemandem zu vertrauen. So wächst Sancaka auf den Straßen Indonesiens zu einem jungen Mann heran, der sich um die Maschinenwartung in einer Druckerei kümmert. Doch auch hier verfolgen ihn die Blitze, die ihn schon als kleines Kind trafen. Selbst Jahre später hat sich nichts geändert und das organisierte Verbrechen samt korrupten Politikern beherrscht noch immer dieses Indonesien. Eines Tages ist es Sancaka nicht mehr möglich, sich aus allem herauszuhalten und er muss bei einer Ungerechtigkeit eingreifen. Ihm ist klar, das sein eingreifen Folgen haben wird, doch er hätte nicht geahnt, dass er mit dem Leben dafür bezahlen muss. Als ihn seine Peiniger für tot halten, wird sein toter Körper wieder von den Blitzen heimgesucht und Sancaka entsteigt den Blitzen wie ein Phoenix aus der Asche. Nun endlich offenbart sich ihm die Macht der Blitze, die ihn wie ein Lebenselixier durchströmt. Mit dieser unglaublichen Energie kann sich Sancaka endlich gegen die herrschende Ungerechtigkeit und Gewalt mit eiserner Faust erheben.
Meinung:
Wie bereits geschrieben, war ich ziemlich neugierig darauf, wie Indonesiens Antwort auf Marvel und DC aussehen wird und ich kann schon mal voraus schicken, ich wurde nicht enttäuscht. Mir sind in den letzten Monaten ein paar indonesische Titel auf den Tisch geflattert und ich muss sagen, die Filmemacher aus dem fernen Osten haben wirklich positiv überrascht. Man merkt zwar den fernöstlichen Einfluss, welche immer wieder gerne mit etwas zu viel Theatralik seine Filme würzt, dies ist aber durchaus zu verschmerzen.
Der große Unterschied zwischen der Traumfabrik Hollywoods und dem indonesischen Kino ist die Darstellung. Superheldenfilme aus den Staaten wirken immer irgendwie weichgespült, ganz im Gegensatz zu diesem hier. Bei einem Superheldenfilm von Realitätsnähe zu sprechen ist zwar etwas paradox, aber die Darstellung der Slums und Sancakas Dilemma, als seine Mutter nicht mehr zurückkommt, ist schon ziemlich heftig. Die Dramatik ist recht hoch, als Sancaka völlig alleine in der Wohnung haust, als er aber versucht, auf der Straße zu überleben, drehen die Filmemacher so richtig auf. So harte Kämpfe zwischen Kindern habe ich ehrlich gesagt so noch nicht gesehen. Auch wenn der Film eine Fiktion ist, ist es durchaus vorstellbar, dass auch unter Kinderbanden solch gnadenlose Revierkämpfe stattfinden.
Der Sprung ins Erwachsenen-Alter und die Findung seiner Kräfte verläuft wieder nach dem allseits bekannten Schema. Der Aufbau, die Positionierung und die Darstellung des Bösewichts namens Pengkor ist ebenfalls wieder eine Klasse für sich. Der Plan, den er aber gedenkt auszuführen, toppt die Story nochmals. Ich möchte nicht spoilern, aber auch wenn der böse Plan weit her geholt klingt, ist diese Idee, ebenfalls wie die Kinderkämpfe, etwas, das sich weder DC noch Marvel trauen würden. Da wirkte Thanos Auslöschung der Hälfte allen Lebens irgendwie recht harmlos, gegen das, was in diesem Film mit schwangeren Frauen und ihren ungeborenen Babys passieren soll. Der Film orientiert sich dabei an der Figur Gundala des Comicautors und Zeichners Harya „Hasmi“ Suraminata. Regisseur Joko Anwar entwarf aber ein eigenständiges Drehbuch mit Bezug auf die bekannte Geschichte um den Helden Gundala.
Nicht nur die Story, auch die Auswahl der Darsteller ist wirklich sehr gut ausgefallen. Allgemein sind die Kinder-Darsteller im Film die Showstealer schlechthin. Die Action weiß ebenfalls zu gefallen, die Fights sind hart und wirklich sehr gut choreografiert, wobei die chinesischen Stuntcrews da nochmals in einer anderen Liga spielen. Im Vergleich zu amerikanischen Vertretern des Genres kommen hier wesentlich weniger digitale Effekte zum Einsatz. Vieles wirkt noch recht handgemacht und dadurch auch wesentlich realistischer, auch wenn Wirework (Kabeltechnik) zum Einsatz kommt. Die Effekte, die sehen alle hochwertig aus, auch wenn man manch digitalen Effekt eindeutig auch als solchen identifizieren kann. Laut den enthaltenen Interviews ließ man für diesen Film die Besten der Besten Filmemacher Indonesiens zusammenkommen und das merkt man dem Film auch an. Dies ist definitiv keine fernöstliche Hinterhof Produktion.
Fazit:
Ich muss zugeben, dass mich das indonesische Kino von Mal zu Mal mehr positiv überrascht. Mit „Gundala“ liefert Filmemacher Joko Anwar einen Superheldenstreifen ab, der sich vor seiner amerikanischen Konkurrenz nicht zu verstecken braucht. Dennoch muss ich eines erwähnen, wer das Marvel oder das DC Universum mag oder gar liebt, der könnte von „Gundala“ etwas vor den Kopf gestoßen werden. Dieser ist wesentlich härter und kompromissloser in seiner Darstellung des Bösen, ebenso was das Bekämpfen dessen betrifft. Auch wenn man nicht von direkt von realitätsnaher Darstellung bei einem Superheldenfilm sprechen kann, so wirken diese hier viel echter und aufgrund dessen auch wesentlich eindringlicher. Die ganze Produktion wirkt ziemlich hochwertig und man merkt dieser an, dass man hier einige der Besten der Branche zusammen brachte. Die Effekte kommen zwar nicht ganz an die Hollywoods heran, doch das was man zeigt, sieht wirklich hochwertig aus.
Was mir besonders gut gefallen hat, man erkennt viel ursprüngliches Film-Handwerk, im Gegensatz zu dem, was man in Hollywood inzwischen mit Hilfe von CGI umsetzt. Auch der Cast hat mir sehr gut gefallen. Wie im Abschnitt zuvor schon erwähnt, sind aber besonders die Kinder-Darsteller der Hammer. Alles in allem konnte mich „Gundala“ überzeugen, Action, Drama, Witz und Charakterentwicklung, selbst die Charaktere die eigentlich Over-the-top sind, wurde wirklich sehr ausgewogen und spannend umgesetzt. Ich freue mich jedenfalls schon mal, wie es im Film angedeutet wird, auf eine Fortsetzung von Gundalas Abenteuern. Dieser Film sei allen Superhelden Filmfans ans Herz gelegt, die auch fernab von Marvel und Co gerne mal einen Blick über den Tellerrand riskieren. Aber auch allen andern die Alternativen, die nicht aus dem Amiland kommen, eine Chance geben wollen.
Habt ihr den Film gesehen, wie habt ihr ihn empfunden, hat er euch gefallen, bejubelt ihr ihn oder fandet ihr ihn bescheiden, wenn nicht sogar schlecht? Teilt es uns in den Kommentaren mit.
Bild:
Das Bild ist entsprechend einer aktuellen Veröffentlichung sehr gut geworden. Farben, Kontraste und der Schwarzwert stimmen. Ebenso ist die Schärfe auf einem hohen Niveau, die man bei einer neuen VÖ auch so erwarten darf. Der Film spielt ein wenig mit Farbräumen und so ist das Bild überwiegend in warme, erdige Farbtöne getaucht. Zu Beginn dominieren noch kältere Farben, die wohl die Tristesse unterstreichen sollen. Alles in allem gibt es an dem Bild nichts zu mäkeln.
Ton:
Der Ton liegt für Deutsch und Indonesisch jeweils im Formt DTS-HD 5.1 vor. Der deutsche Dialogton, ist durchgängig klar und verständlich und wird in den Action Sequenzen nicht übermäßig überlagert. Die Musik schallt kräftig aus den Boxen und unterstreicht hervorragend die Szenen, ohne dabei zu aufdringlich zu wirken. Dennoch steht die Musik auch in Kampfszenen im Vordergrund und gibt den Surroundeffekten nicht allzu viel Raum zur räumlichen Entfaltung im heimischen Wohnzimmer.
Extras:
- Behind the Scenes Part I bis IV
- Toronto Film Festival Premiere
- Interview – Premiere
- Original Trailer
- Deutscher Trailer
- Trailershow
Technische Bewertungen beziehen sich immer auf das Alter und das vorhandene Ausgangsmaterial!
Wie immer möchte ich mich für eure Aufmerksamkeit bedanken und hoffe wir lesen uns bei meinem nächsten Review wieder.
(Marc Maurer)
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