Wie in jedem Jahr bringt Codemasters auch 2019 eine neue Version seiner Rennsimulation F1 auf den Markt. Ich habe mir angeschaut, ob die Pole weiter verdient ist oder ob es doch nur noch für die zweite Startreihe reicht.
Auf dem Cover des diesjährigen Ablegers sieht man die direkten Kontrahenten Sebastian Vettel und Lewis Hamilton. Während in der echten Rennsaison 2019 eine ziemliche Langeweile durch die Mercedes-Dominanz besteht, kann man in der Rennsimulation die Entscheidung um die Fahrerweltmeisterschaft in die eigenen Hände nehmen. Hierzu steht wieder die eigene Karriere im Mittelpunkt, in der man sich nicht nur mit den aktuellen Fahrern misst, sondern zusätzlich durch Verbesserungen in Aerodynamik, Motor-Tuning und Verbesserungen am Brems-System den eigenen Boliden stetig verbessert.
Bevor man allerdings in der Formel 1 starten kann, muss man sich nach Erstellung des eigenen Avatars durch Erfolge in der Formel 2 bei diversen Teams auf den Zettel bringen.
Die Boliden in der Formel 2 verfügen zwar über weniger Leistung, reagieren beim Herausbeschleunigen aber durchaus zickig und durch die verlängerten Bremswege, muss man sich auf der Strecke neu orientieren. Derzeit finden sich in der Formel 2 nur die Fahrer und Teams der Saison 2018 – dies soll aber über ein kostenloses Update aktualisiert werden. Man muss übrigens keine gesamte Saison absolvieren, um in die nächsthöhere Klasse zu kommen, sondern in bestimmten Szenarien Anforderungen erfüllen. Diese Szenarien werden von Codemasters ähnlich wie bei DTM Race Driver in eine Story zwischen zwei konkurrierenden Nachwuchs-Piloten gepackt.
Leider ist diese Story ähnlich schwach und die Figuren sind extrem klischeebehaftet. Ähnliches gilt für die erneut vorhanden Interviews, die wie bereits in der 2018er Version der eigenen Darstellung, der Teamfähigkeit oder dem Lob der eigenen Konstrukteure dienen – neu ist die Option, dass man Transkript seines Rivalen lesen und entsprechend beantworten darf. Ansonsten bleibt bei F1 2019 vieles beim Alten – es gibt weiterhin die diversen Optimierungs-Settings für die Anpassung des eigenen Rennwagen, die Veränderung der Fahrdynamik durch das Abnutzen der Reifen, den Boxenfunk und das großartige dynamische Wettersystem, das spürbar Einfluss auf den Rennverlauf nimmt.
Auch die Komponente, das Renngeschehen durch manuelles Justieren des Motors und Nutzung des ERS zu beeinflussen ist wieder mit der von der Partie. Bei der Steuerung triff Codemasters wieder die goldene Mitte zwischen forderndem Gameplay und Fahrspaß. Dies funktioniert auch wie beim Vorgänger bereits mit dem Controller hervorragend, für die bestmögliche Simulation empfiehlt sich aber die Nutzung eines Lenkrads.
Weitere Spielmodi sind eine komplette klassische Meisterschaft mit einem offiziellen Fahrer aus der aktuellen WM-Saison, Mini Meisterschaften und Online-Zeitfahren.
Auf den Punkt Mehrspieler wird in der aktuellen Version auch ein größeres Augenmerk gelegt. F1 Esports erhält im Startmenü einen eigenen Reiter und es bestehen die Möglichkeit zum Kreieren von eigenen Ranglistenrennen und Spaß-Lobbys mit unzähligen Einstellmöglichkeiten. Wer die beiden Rennlegenden Ayrton Senna und Alain Prost im Spiel zusätzlich sehen möchte, greift auf die Legends Edition zurück, oder erwirbt den notwendigen DLC. Die Investition lohnt sich aber nur marginal – geboten werden lediglich acht kleine Veranstaltungen wie Überholherausforderungen, Check-Point und Zeitfahr-Rennen. Die Klassik Inhalte beinhalten zusätzlich die alten Boliden von Lotus, Mc Laren, Williams und BrawnGP, es fehlen aber leider dafür klassische Tracks, wie z.B. die „Grüne Hölle“ alte Nordschleife oder der alte Hockenheimring.
Technisch ist alles bei „F1 2019“ gewohnt hoher Standard. Die Modelle der Fahrzeuge wirken detailliert, es gibt tolle Lichtspiegelungen auf dem Chassis der Fahrzeuge, der Detailgrad der Strecken ist unverändert hoch.
Ein absolutes Highlight bildet ein neues Beleuchtungs-System, bei dem Nachtrennen in ein imposantes Flutlicht getaucht werden. Auch an der KI hat man geschraubt, die Fahrer verteidigen ihre Position jetzt deutlich effektiver, sodass erfolgreiche Überholmanöver sichtlich schwerer werden. Gleichzeitig wirken sie bei Verfolgerduellen nicht mehr übermäßig aggressiv, sodass unnötige eigene Abflüge von der Strecke ebenfalls der Vergangenheit angehören. Auch die klassischen TV-Bilder, wie Streckenprofil, Startaufstellung und Boxengasse sind wieder enthalten. Neben kompletten Wiederholungen werden jetzt auch Höhepunkte des aktuellen Rennens direkt angeboten.
Akustisch hat man für den Formel 1 Part wieder das bewährte Kommentatoren-Duo Heiko Wasser und Stefan Römer gewinnen können. Man hat den beiden auch neue Variationen in ihren Kommentaren spendiert. In der Formel 2 hingegen kommt ein neues Kommentatoren Duo zum Einsatz.
Fazit:
Zum Jubiläum ruht sich das Team von Codemasters auf den verdienten Lorbeeren der vergangenen Jahre aus. Weitgehende Neuerungen bis auf die Implementierung der Formel 2 sucht man vergebens – allerdings werden weiterhin alle großartigen Elemente der Rennsimulation geboten. Die zahlreichen Setup-Optionen des eigenen Rennwagens, das dynamische Wettersystem, das Einfluss auf das Renngeschehen nimmt, das tolle fordernde Handling des Rennboliden, die Lizenz der aktuellen Formel 1-Saison, die TV-Übertragung der Rennen, dies alles ist bei Codemasters mittlerweile State-of-the-Art. Der verbesserte Mehrspieler-Part mit der Option eigene Ligen zu bauen und die verbesserte KI sind weitere klare Kaufargumente. Der klassische Part mit den Oldtimern Ayrton Senna, Alain Prost und ihren Rennwagen wirkt hingegen etwas lieblos. Auch die Interview-Funktion wirkt durch ihre Vorhersehbarkeit eigentlich überflüssig.
Trotzdem würde dem Platzhirsch der Rennsimulationen etwas mehr Innovation in den kommenden Jahren gut zu Gesicht stehen, um die Pole Position weiterhin sicher inne zu haben.
Pro:
+ offizielle und aktuelle F1 Lizenz 2019
+ umfangreicher Karrierer-Modus
+ tolles, forderndes Gameplay
+ stark verbesserte KI – fährt Kampflinie
+ historische Rennwagen
+ umfangreiches Tuning und Set-Up
+ tolle TV-Präsentation
+ detaillierte Fahrzeuge und Strecken
Contra:
-Leider keine historischen Strecken
-Interview-Funktion unnötig
-Story-Modus klischeehaft
(Michael Schröder)
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