Laut Robert Redford soll „Ein Gauner und Gentleman“ sein letzter Film, zumindest in einer Hauptrolle, sein. Wie schon Clint Eastwood bei „Gran Torino“ meinte, dass dies sein letzter Film in einer Hauptrolle sein würde, so überraschte er uns dieses Jahr mit dem Film „The Mule“. Dies würde ich Redford ebenfalls zu trauen. Einer Filmlegende wird es vermutlich ewig in den Fingern jucken. Und so war er bereits nach „Ein Gauner und Gentleman“ nochmals in seiner Rolle als Alexander Pierce in „Avengers Endgame“ zu sehen. Dennoch sollte es so sein, dass wir hier letztmalig Robert Redford erleben dürfen, möchte ich in meinen Review noch an den einen oder anderen Klassiker aus seiner Filmkarriere erinnern. Denn dazu bietet sich „Ein Gauner und Gentleman“ geradezu an. Regie führte David Lowery, der, basierend auf einem Zeitungsartikel, die wahre Geschichte des Gauners Forrest Tucker erzählt.
Story:
Für den Mitsechziger Forest Tucker gilt immer noch der Spruch: die Katze kann das mausen nicht lassen. Er war schon zigmal „Gast“ in den Haftanstalten des Landes, aber noch immer baldowert er mit Hilfe seiner Spießgesellen Banken aus, um diese zu berauben. Natürlich nicht mit vorgehaltener Waffe und Strumpfmaske, Nein. Forrest Tucker ist Gentleman aller erster Güte und so verübt er seine Taten mit Charme und Freundlichkeit. Tucker kann einfach nicht ab, von diesem Katz und Maus Spiel. Es ist seine Droge, sein Lebenselixier, das ihn jung hält. Nach einem weiteren erfolgreichen Coup trifft er auf seiner Flucht auf die Witwe Jewel, die mehr oder weniger zu seiner Tarnung wird. Denn welcher Cop vermutet schon, dass ein flüchtiger Bankräuber anhält, um einer Frau bei ihrem liegengebliebenen Wagen zu helfen. So rauscht das Verfolgungskommando an Tucker vorbei und dieser nimmt auch gleich die Chance wahr, Jewel auf einen Cafe einzuladen. Sein Geständnis was er „beruflich“ so tut, wird natürlich nicht für bare Münzen genommen. Seine charmante Erklärung lässt ihn mehr als nur interessant erscheinen und so hinterlässt sie ihm bei der Verabschiedung ihre Telefonnummer. Zwischen seinen „Coups“ meldet er sich bei ihr und so entsteht eine zarte Liebschaft. Eigentlich der beste Moment, seinen „Job“ an den Nagel zu hängen. Doch von seiner Leidenschaft kann er nun mal nicht so einfach lassen, auch wenn er dabei seine neu gewonnene Liebe aufs Spiel setzt. Und so kommt ihm der desillusionierte Detective John Hunt, der auf seine Fährte gesetzt wurde, immer näher und näher.
Meinung und Bewertung:
Was für ein Filmthema, ein Ausbruchskünstler und charmanter Bankräuber. Passender hätte Redford seinen (vorläufigen) Abschiedsfilm nicht wählen können. Gelang ihm doch mit Gaunerfilm „Butch Cassidy und Sundance Kid (zu Deutsch: Zwei Banditen – 1969)“ an der Seite von Paul Newman, der große Kino Durchbruch. Für den Nichtkenner: dieser Film behandelt das Thema zweier Banditen, denen es über länger Zeit gelingt, den Sherriffs zu entkommen. Ebenso der grandiose Trickbetrüger-Film „Der Clou“ aus dem Jahre 1973. Weitere Kultfilm sollten folgen wie: „Die Unbestechlichen (1976)“, „Brubaker (1980)“, „Jenseits von Afrika (1985)“, „Sneakers – Die Lautlosen (1992)“, „Der Pferdeflüsterer (1989)“. Dies ist natürlich nur eine kleine Auswahl von vielen top Filmen aus Redfords Karriere. Robert Redford bediente dabei so einige Genre, sei es Komödie, Drama, leichte Actionkost, Liebesfilm, Thriller.
Bei all seinen Filmen strahlte er dabei immer eine Art Eleganz, Charme und Lässigkeit aus, so auch bei „Ein Gauner und Gentleman“. Dabei spielt Redford die Figur des Forrest Tucker nicht als Draufgänger, sondern eher besonnen und einfühlsam. Sei es bei der aufgebrachten Kassiererin, die er während seines Bankraubs beruhigen muss oder bei den Szenen mit Jewel, zu der er sich hingezogen fühlt. Aber auch die Lebenslust die Forrest Tucker durchflutet, wenn er eine Bank ausraubt. Redford bringt sein ganzes Repertoire, was den Film trotz prominenter Nebendarsteller, wie Sissy Spacek, Casey Affleck, Danny Glover, Tom Waits, etc., zu einer One-Man-Show werden lässt. Dies ist nicht negativ gemeint, da die Story selbst nicht vollends ausgeschöpft wird. Deswegen ist es gerade gut, dass Redford sich auf die Figur Forrest Tucker konzentriert und diesen in den Mittelpunkt stellt.
Die Story selbst wird, wie bereits gesagt, nicht ausgeschöpft. Das, was der wirkliche Forrest Tucker abgezogen hat, hätte man aufwendiger und spannender umzusetzen können. Dessen Leben dürfte da noch einiges mehr zu bieten gehabt haben. So hat der Film von vielen Genre ein bisschen was, das aber reduziert auf das Nötige. Man erfährt leider nicht wirklich viel über Tuckers Ganoven Kollegen und der ermittelnde Detective, wird nur am Höhepunkt seiner Schaffenskrise gezeigt. Auch wenn mir der Film gefallen hat, so war das Zusammenspiel der Charaktere und die Story, in dem vergleichbaren Film „The Mule“ von und mit Clint Eastwood, einfach ausgewogener. Dabei bietet aber die rechte leichte Story Redford die Möglichkeit, sein Schauspiel vollends zu entfalten und den Film alleinig mit diesem zu tragen. Oft hat man das Gefühl, ihn in einem seiner älteren Filme zu sehen, so zum Beispiel bei seinem Versuch, per Pferd zu türmen. Als Fan seiner Darstellung wird man also definitiv nicht enttäuscht werden.
Komme ich nun zu meinem Fazit. Wer einen Film mit Robert Redford sehen will, der nicht mit ausufernder Action, Dramatik, Komödie oder Spannung überfrachtet wird, sondern sich auf das Schauspiel konzentriert, ist bei „Ein Gauner und Gentleman“ genau richtig. Im Gegensatz zu aktuellen Filmen, die heutzutage ein ziemliches Tempo vorlegen, entschleunigt dieser kleine Film den Sehgenuss. Klassisches Handwerk, dargeboten von einem der Besten seiner Zeit, steht hier im Mittelpunkt. Einfach schön Robert Redford noch einmal so sehen zu dürfen. Wer mit diesem Wissen an den Film geht und keinen Heist Movie ala „Oceans 11“ erwartet, dürfte somit nicht enttäuscht werden.
Daher splitte ich meine Bewertungsskala auf und füge dem Story-Element noch die Darstellung hinzu, da die Story recht simpel gestaltet, aber die Darstellung wiederum wirklich toll ist.
Habt ihr den Film gesehen, wie habt ihr ihn empfunden, hat er euch gefallen, bejubelt ihr ihn oder fandet ihr ihn bescheiden, wenn nicht sogar schlecht? Teilt es uns in den Kommentaren mit.
Bild:
Mit dem Bild war ich größtenteils zufrieden, aber ganz perfekt ist es nicht. Die Schärfe, Farben und Kontraste sind einwandfrei, doch der Schwarzwert schwächelt, manchmal ist es in Ordnung, dann wieder zu hell oder auch mal zu dunkel, sodass Details absaufen. Bildfehler konnte ich keine ausmachen, ebenso kein Bildrauschen.
Ton:
Da der Film sehr dialoglastig ist, liefert der Ton auch das was erwartet wird, eine sehr gute Dialogverständlichkeit, da gibt es nichts daran zu bemängeln. Auf Surroundeffekte muss man verzichten, da diese a. recht spärlich gesät sind und b. auch nicht sonderlich kraftvoll daherkommen. Dabei sei die Verfolgungsjagd erwähnt.
Extras:
Das Bonusmaterial ist bei der VÖ aber leider ein Schwachpunkt, nur eine Handvoll Interviews sind vorhanden, da hätte man wirklich ein bisschen mehr erwarten dürfen. Besonders in Hinblick auf Redfords letzte Rolle.
(Marc Maurer)
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