Seit kurzem läuft „DUNE“ im Kino und wir haben für alle Interessierten das Review dazu:
Dem 1965 erschienenen Science-Fiction Roman „Dune“ des US-amerikanischen Autors Frank Herbert wird gerne nachgesagt, dass er unverfilmbar sei. Diesen Ruf bestätigte ihm der vor allem für seine späteren Werke wie „Lost Highway“ oder „Mulholland Drive“ berühmte Regisseur David Lynch 1984 mit seiner gleichnamigen filmischen Adaption, die kolossal scheiterte. Ob dies an einer tatsächlichen Unverfilmbarkeit des literarischen Stoffes oder vielleicht doch an der mangelhaften Qualität des Films lag, darüber ließe sich bestimmt trefflich streiten.
Unbestreitbar ist jedoch, dass das Kino nach mehreren geplanten, aber nicht umgesetzten Anläufen (zuletzt hatte Paramount Pictures 2008 eine Verfilmung angekündigt) und den beiden 2000 und 2003 entstandenen, aber vergleichsweise wenig beachteten Miniserien, nun endlich seine zweite Chance bekommt. Und wer wäre für einen derart verzwickten Fall wie „Dune“ besser geeignet als der begabte kanadische Regisseur Denis Villeneuve, dem man anhand seiner sehr sehenswerten und zu Recht erfolgreichen Filme wie „Prisoners“, „Sicario“, „Arrival“ oder „Blade Runner 2049“ ein Scheitern eigentlich gar nicht zutrauen kann?
Story:
Im Jahr 10191 übt das Adelshaus Harkonnen die Kontrolle über den Wüstenplaneten Arrakis aus. Dieser ist eine wichtige Abbauquelle für den Rohstoff Spice, der eine drogenartige Wirkung auf diejenigen ausübt, die mit ihm in Kontakt geraten und der unter anderem für interstellare Raumfahrten gebraucht wird. Die Herrschaft der Harkonnen geht zu Lasten der Fremen, der Einwohner von Arrakis, die von den Besatzern gewaltsam unterdrückt und ausgebeutet werden. Auf Geheiß des Imperators ziehen die Harkonnen jedoch von Arrakis ab, welcher als Lehen an die Familie Atreides fällt. Herzog Leto Atreides (Oscar Isaac), sein Sohn Paul (Timothée Chalamet) und dessen Mutter Jessica (Rebecca Ferguson), die Geliebte des Herzogs, finden sich auf Arrakis ein und machen sich unter anderem daran, ihrerseits die Spice-Gewinnung zu verwalten. Paul Atreides wird immer wieder von mysteriösen Träumen und Visionen heimgesucht, in denen ihm die junge Fremen Chani (Zendaya) erscheint. Unterdessen löst sich bei den Harkonnen die erfahrene Demütigung keineswegs in Wohlgefallen auf…
Eindruck:
Um die Katze aus dem Sack zu lassen: Denis Villeneuve war der absolut richtige Mann für den Stoff. Und lassen wir doch gleich noch eine Katze aus dem Sack: Nach diesem Film wird man den Nimbus der Unverfilmbarkeit, der dem Roman anhaftet, neu denken müssen. Für das, was „Dune“ an großartigen Bildern auf die Leinwand zaubert, aber auch für das, was er inhaltlich zu bieten hat, lohnte sich die pandemiebedingte Zeit des Ausharrens, um das Kino endlich wieder erleben zu dürfen.
Wer Villeneuves Filme wie die oben genannten kennt, weiß, dass die Werke des Kanadiers nicht nur tiefsinnige Geschichten erzählen, sondern auch mit visuellem Stil aufwarten. „Dune“ stellt hier keine Ausnahme dar, im Gegenteil. Einen Film mit beeindruckenderen Aufnahmen und Bildkompositionen dürfte man aktuell und auch in nächster Zeit kaum im Kino finden. Von großen Kulissen wie den weitläufigen Wüstenlandschaften Arrakis‘ (gedreht wurden die Szenen auf Arrakis an Originalschauplätzen in Jordanien) oder Großaufnahmen von Raumschiffen und Fahrzeugen bis hin zu Details wie Innenraumausstattungen, Kleidung und Uniformen – jedes Element ist stilsicher und kreativ umgesetzt, sodass ein künstlerisch hochwertiger Look entsteht. Untermalt wird dies von einem einmal mehr hervorragenden Soundtrack aus der Feder Hans Zimmers, der sich abwechslungsreich präsentiert und das Geschehen auf der Leinwand, je nach Situation, mit erhabenen, sanften, mystischen oder auch durchaus mal unheimlichen Tönen untermalt.
Es ist „Dune“ hoch anzurechnen, dass er sich als Blockbuster nicht dem Mainstream-Kino und den damit verbundenen Sehgewohnheiten anbiedert. Die ernste Grundstimmung wird konsequent eingehalten, Humor ist nur sehr spärlich vorhanden – dann aber auch in der Tat lustig. Freilich bietet der Film auch Spektakel, doch nutzt er den größten Teil seiner Laufzeit dazu, die Geschichte und die Figuren zur Geltung kommen zu lassen und auszuarbeiten. Wenn es dann aber kracht, darf der Zuschauer sich sicher sein, dies ebenfalls auf höchstem inszenatorischen Niveau zu erleben. Damit sticht „Dune“ mühelos jeden Mainstream-Blockbuster aus, der sich voll und ganz den Effektorgien verschreibt, aber nicht imstande ist, auch nur annähernd vergleichbare Qualität darzubieten.
Nicht nur der visuelle Stil und die Ästhetik machen aus „Dune“ aber einen großen Film. Es ist nicht zuletzt auch die Handlung, welche in etwa auf der ersten Hälfte des Originalromans basiert, die den Film auszeichnet. Das Science-Fiction-Genre lebte schon immer davon, Themen aus der Realität in fiktive Kontexte zu übertragen und dort zu behandeln. Dieses Prinzip ist unter anderem das, was das „Star Trek“-Franchise bereits in den 60er-Jahren ausgemacht hat, und wir finden es nun auch in „Dune“ verwirklicht. Die Geschichte ist tiefsinnig und philosophisch und befasst sich mit einer Vielzahl von Fragen gesellschaftlicher, politischer und auch religiöser Natur – mit zu vielen letztendlich, um sie alle im Rahmen dieser Filmkritik wiederzugeben, nicht aber mit zu vielen, um seitens des Films allen gerecht zu werden. Bereits die Ausgangslage lässt ja aufhorchen: Es gibt ein Imperium im Weltall unter der Oberherrschaft eines Imperators, der ihm untergeordnete Fürsten wie Herzog Leto Atreides in die Gebiete seines Reiches, wie eben den Planeten Arrakis, einsetzt. Die Herrschaft über ein Reich im Weltraum in der Zukunft erfolgt also in der Form mittelalterlicher Feudalherrschaft. Dieser basale Aspekt ist nur einer von vielen in „Dune“, die um ein vielfaches mehr zum Nachdenken und Reflektieren anregen, als es der oberflächliche Durchschnitts-Blockbuster vermag.
Fazit:
Wenn am Ende von „Dune“ davon die Rede ist, dass dies „erst der Anfang“ sei, hat das freilich mit dem hier nicht vorwegzunehmenden Kontext der Story zu tun – es ist aber, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass erst der erste Teil des Originalromans seine filmische Umsetzung erfahren durfte, durchaus auch als Botschaft auf der Metaebene zu verstehen. Ein sehr selbstsicheres Statement, zu dem der Film alle Berechtigung hat. Nicht nur ist „Dune“ durch seine beeindruckenden Bilder Kunst. Er appelliert auf einer tieferen Ebene auch an die Kunst, sich mit dem Gesehenen geistig und intellektuell auseinanderzusetzen – eine Kunst, die im ermüdenden Dauerfeuer der austauschbaren und seelenlosen Unterhaltungsfilme, mit denen man die Massen in die Kinosäle lockt, bisweilen zu verloren gehen scheint. Wären da nicht immer wieder solche Hoffnungsträger wie dieser Film.
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(Pascal Weber)
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