Am 23. Juli 2020 erschien „Die Gräfin von Hong Kong“ auf Blu-ray und hier das Review dazu:
„Die Gräfin von Hong Kong“ aus dem Jahr 1967 war die letzte Regiearbeit des Großmeisters Charlie Chaplin („Moderne Zeiten“). Für diesen Film vereinte er Kinoleinwand Giganten Marlon Brando („Apocalypse Now“) und Sophia Loren („Arabeske“). Chaplin schrieb das Drehbuch und inszenierte hier seinen einzigen Farbfilm in seiner Karriere. Er ließ es sich ebenfalls nicht nehmen, in einer kleinen Nebenrolle als Schiffssteward aufzutreten. Dazu baute er einen weiteren herrlichen Gastauftritt ein. Die der schrulligen und leicht hypochondrisch veranlagte Mrs. Gaulswallow, gespielt von der unnachahmlichen Margaret Rutherford, etlichen bekannt als Jane Marple aus den Agatha Christie Verfilmungen der 60er Jahre und für viele, mich eingeschlossen die einzig wahre Miss Marple. Charles Chaplin konnte mit diesem Film keinen finanziellen Erfolg landen, im Gegensatz zu dem von ihm geschriebenen Titellied, welches weltweit die Charts eroberte. Wie dieser Klassiker auf mich wirkte und ob ich diesen, ebenfalls wie viele Kritiker Kollegen abstrafe, erfahrt ihr wie immer in den nachfolgenden Zeilen.
Story:
Wie viele der aus Russland nach Hong Kong geflohenen Adelsfamilien, konnte sich die russische Gräfin Natascha ebenfalls ihrem Schicksal der Flucht und Verarmung nicht entziehen. Dahin der Adel und der Reichtum und so ist sie gezwungen, in „speziellen“ Clubs der Stadt als Animationsdame für „gewisse Stunden“ zu arbeiten. So ergibt es sich eines Tages, dass sie mit zwei „Kolleginnen“, dem amerikanischen Diplomaten und Öl-Milliardärserben Ogden Mears als Begleiterin vorgestellt wird. Der Abend endet feucht fröhlich und nachdem sich Odgen ins Reich der Träume absetzt, keimt in Natascha ein Plan auf. So versteckt sie sich in Odgens Kabine und wird zum blinden Passagier. Ihr Ziel, die Vereinigten Staaten von Amerika. Tatsächlich gelingt ihr Vorhaben, dafür ist der Milliardärs Sohn völlig außer sich, als er sie in seinem Kleiderschrank entdeckt. Ein angehender Landesvertreter eines arabischen Landes kann es nicht zulassen, in solch eine Affäre verwickelt zu werden. So bleibt ihm nichts anderes übrig und er muss Natasha weiterhin in seiner Kabine verstecken. Dies zieht so einige Problemchen nach sich. Trotz all dieser Komplikationen hat sich Odgen an Nataschas Gesellschaft gewöhnt und möchte sie nicht mehr missen. Und auch die Gräfin scheint an Odgen Gefallen gefunden zu haben. Es stehen noch etliche Hürden an, bevor Natascha amerikanischen Boden betreten kann. Diese haben es in sich und reichen von einer vermeintlichen Heirat mit dem Butler, hin zu ihrem vorgetäuschten Ertrinken, bis zum Eintreffen von Odgens Ex-Frau in spe oder durch einen Ex-Lover Natashas. Bei diesen Turbulenzen stellt sich die Frage, ob die beiden jemals zueinanderfinden werden.
Meinung:
Selbst wenn Charles Chaplin, mit seiner russischen Gräfin aus Hong Kong, das Genre der Romantik Komödie nicht neu erfand, erhält man dennoch einen sehr unterhaltsamen Film. Mit Marlon Brando und Sophia Loren griff Chaplin zu zwei großen Namen der Filmwelt. So ist Brandos und Lorens Spiel auch der Grund, warum der Film bis heute nicht unterging. Neben den Hauptdarstellern verstand es Chaplin, die Nebencharaktere ebenfalls witzig in dieses Ränkespiel zu integrieren, siehe Odgens Freund oder sein Butler. Sich selbst und Margaret Rutherford spendierte er dabei einen kleinen Gastauftritt. Wobei ihn Rutherford mit ihrer Darstellung der Hypochonderin Mrs. Gaulswallow bei weitem übertrumpft. Wie erwähnt ist die Idee, zweier Personen, die sich erst nicht ausstehen und dennoch ineinander verlieben, nicht neu. Dank unterschiedlicher Charaktere, wie Brando mit seiner unterkühlten Art und Loren mit ihrem aufbrausenden Temperament, kann Chaplins Film dann aber doch überzeugen.
Komme ich zur Ausstattung, diese ist recht opulent ausgefallen, man merkt aber auch, dass der Film überwiegend aus Studioaufnahmen besteht, bei denen die Set Designer wiederum einen brillanten Job geleistet haben. Ich vermute, dass die wenigen Außenaufnahmen aus Archivaufnahmen stammen. Kostüme und Bauten sehen wirklich toll aus. Dennoch bezweifle ich, dass es zu dieser Zeit solch ausladend großen Säle oder Kabinen auf Kreuzfahrtschiffen gegeben hat. Daher wirkt die gewollte Schiffsatmosphäre nicht ganz überzeugend. Der Cast wurde mit Marlon Brando, Sophia Loren, Sydney Chaplin, Patrick Cargill, Tippi Hedren und Margaret Rutherford wunderbar besetzt. Interessant an dieser Verfilmung ist der Punkt, dass die Kritiken durchwachsen waren, aber Chaplin selbst mit seinem letzten Werk sehr zufrieden zeigte.
Fazit:
Dieser Meinung kann ich mich im Großen und Ganzen anschließen und komme somit zu meinem Fazit: Vorab muss ich zugeben, dass „Die Gräfin von Hong Kong“ nicht an die Genre-Klassiker dieses Jahrzehnts herankommt. Hierbei seien als Beispiele: „Ein Hauch von Nerz“, „Schick mir keine Blumen“, „Ein Pyjama für Zwei“ oder „Ein Goldfisch an der Angel“, genannt. Diese sind durch wesentlich frischere Ideen, mehr Tempo und skurril-lustigen Momenten Chaplins Werk weit überlegen. Das dieser Film dennoch nicht in der Versenkung verschwunden ist, ist weniger Chaplins Story, dafür mehr Brandos und Lorens Spiel zu verdanken. Lorens temperamentvolles Auftreten und das selbstbeherrschende kühle Spiel Brandos, sorgen für so manch lustige Szenen. Dieses Niveau wird über den ganzen Film gehalten, das Ende wirkt dann aber irgendwie gehetzt. Das Auftreten von Ogdens Frau, gespielt von Tippi Hedren, bekannt aus Hitchcocks „Die Vögel“, fällt recht kurz aus und unterstützt die Entscheidungsfindung von Odgen nicht wirklich. Dieses Element wurde zwar als dramatischer Kniff installiert, verpufft aber in seiner Wirkung völlig. Das Publikum weiß wie es endet und enden muss, alles andere wäre unglaubwürdig. So bekommt der Zuschauer eine kleine, feine und lustige Romantik-Komödie, die trotz der Defizite neben den bekannten Genre-Klassikern einen Wiederanschauungswert bietet.
Bild:
Das Bild der Blu-ray wurde wunderbar aufbereitet und erstrahlt in neuer Farbenpracht. Die Kontraste sind ordentlich abgestimmt und die Schärfe ist auf gehobenem Niveau. Der Schwarzwert ist ebenfalls ordentlich. Bildfehler oder Bildrauschen sind mir nicht aufgefallen, feines Filmkorn ist vorhanden wirkt aber zu keiner Zeit störend.
Ton:
Der Ton liegt für in Deutsch und Englisch jeweils im Format DTS-HD MA 2.0 vor. Genrebedingt ist der Film Dialoglastig und die Dialoge sind somit zu jeder Zeit deutlich und klar zu verstehen. Surroundeffekte sind kein vorhanden.
Extras:
- Kino-Trailer
- Bildergalerien
Technische Wertungen beziehen sich auf das Alter und das vorhandene Ausgangsmaterial!
Wie immer möchte ich mich für eure Aufmerksamkeit bedanken und hoffe wir lesen uns bei meinem nächsten Review wieder.
(Marc Maurer)
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