Nicht viele Videospielreihen können von sich behaupten ein Genre neu geprägt zu haben. Als „Devil May Cry“ 2001 auf der PS2 ins Leben gerufen wurde, war das eine dieser prägenden Stunden der Videospielgeschichte. Ein Actionspiel, welches man so noch nicht gesehen hatte. Obercoole Protagonisten und Antagonisten im ultimativen Dämonenkampf zwischen den Welten. Viele Jahre war es um das Devil May Cry Universum ruhig geworden, der einstige Action-König schien keinen Anklang mehr zu finden. 2013 gab es mit „DmC: Devil May Cry“ ein Reboot der Serie, welches, obwohl ein gutes Spiel, nicht das Feeling übermittelte wofür die Reihe bekannt war. Der letzte Teil der Hauptserie liegt noch weiter in der Vergangenheit und erschien mit „Devil May Cry 4“, 2008 auf den damaligen Heimkonsolen. Elf Jahre später kehrt das Franchise mit „Devil May Cry 5“ zurück. 2019 scheint das Jahr zu sein, indem Capcom alten Klassikern neues Leben einhaucht, zuletzt mit dem eindrucksvollen Remake von „Resident Evil 2“. Welchen Eindruck „Devil May Cry 5“ bei mir hinterlassen hat, verrate ich euch nun im Test der PS4 Fassung.
„Devil May Cry 5“ setzt gleich zu Anfang ein Zeichen, ohne große Umschweife stehen wir Urizen, dem selbsternannten König der Dämonen gegenüber. V, ein mysteriöser Name und schleierhafter Typ, erteilte dem legendären Teufelsjäger Dante höchstpersönlich den Auftrag Urizen zur Strecke zu bringen und die Pforten zur Hölle ein für allemal zu schließen. Auch Nero, bekannt aus Devil May Cry 4, findet sich im Getümmel wieder. Oberbösewicht Urizen hat dem angehenden Dämonenjäger den Arm genommen, indem die Kraft des legendären Schwertes Yamato innewohnt. Von hier aus wird die Geschichte im Wechselspiel der Charaktere und Zeitlinien erzählt, dies führt schließlich zu einem ultimativen Höhepunkt, den ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten werde. Auch wenn die Story von „Devil May Cry 5“ im ersten Augenblick nicht sonderlich originell wirkt, verbirgt sich eine ungeheuer spaßige Rahmenhandlung hinter der Daueraction, welche sich selbst nicht zu ernst nimmt und einfach nur pure Freude ausstrahlt. Eine ultimative Hommage an die Spielreihe im Allgemeinen, zudem ein Liebesbrief an alle Fans. Das Spiel funktioniert eigenständig, bietet aber eine Menge Fanservice für Freunde der Reihe. Neben dem dubiosen neuen Charakter V, bei dem man nicht so richtig weiß wer oder was er überhaupt ist, gesellt sich die sympathische Büchsenmacherin Nico zu Nero, Dante und Co. Die Virtuosin der Waffen und Ausrüstungen im Spiel ist immer für einen coolen Auftritt zu haben. Mit dem Devil May Cry Van schafft sie es sogar in den Tiefen der Dämonenwelt einen Stunt hinzulegen, nur um uns mit Upgrades zu versorgen.
Devil May Cry setzt seither auf ein völlig freies Kampfsystem. Euch steht eine Vielzahl von Combos zur Verfügung, dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Das Spiel schreibt euch nicht vor wie ihr Vorgehen sollt. Am coolsten ist es, die Kämpfe und Missionen mit einem S Rang abzuschließen, dazu müsst ihr Gegner stylisch besiegen, Angriffe variieren und am besten wenige Treffer einstecken. Es hat schon einen gewissen Reiz, immer coolere Combos und Varianten auf die Gegner prasseln zu lassen. In „Devil May Cry 5“ dürft ihr wechselweise Nero, Dante oder V steuern. Alle Charaktere spielen sich erfrischend anders und ihr müsst mit verschiedenen Denkweisen heran gehen, um den Dämonen die Hölle heiß zu machen. Nero geht mit Schwert und Revolver auf die Jagt. Als einzigartiges Schmuckstück, gesellen sich spezielle Armprothesen zu seinem Arsenal. Die so genannten Devil Breaker bringen allesamt unterschiedliche Fähigkeiten mit sich. Die von Nico entwickelten Gadgets führen zu essentiellen Kombinationserweiterungen im Kampf. Overture beispielsweise entfacht einen Schock und verleiht uns Blitzangriffe, durch halten der Devil Breaker Taste kann man einen mächtigen Laserbeam aus der Hand schleudern, welches allerdings zur Zerstörung des Devil Breakers führt. Mehrere Devil Breaker können gleichzeitig ausgerüstet werden, zu finden in den Levels oder gegen aufgesammelte Rote Kugeln, die Währung im Spiel, bei Nico im Van zu kaufen. Leider gibt es keine Möglichkeit die ausgerüsteten Breaker nach Belieben zu wechseln. Einzig das Zerstören führt dazu, dass der nächste ausgerüstet wird. Zugegeben, anfangs ist das ganze System hinter den Devil Breakern etwas gewöhnungsbedürftig, lädt dann aber immer mehr zum Experimentieren ein.
Als nächstes auf der Liste steht V. Auch hier ist das Stichwort „gewöhnungsbedürftig“ wohl die beste Beschreibung dieses Charakters. V nimmt nicht nur in der Story eine ungewöhnliche Rolle ein, sondern stellt auch im Bereich Gameplay einen Gegenpol dar. Sein auf Fernkampf und Monsterbeschwörungen ausgelegtes Kampfsystem ist einzigartig. V hat das Kommando über Drei Dämonen, die ihm aufs Wort gehorchen. Mit der Viereck Taste ruft er die Vogelkreatur Griffon in den Kampf. Mit der Dreieck Taste ruft er die Raubkatze Shadow an seine Seite und mit entsprechend gefüllter Anzeige den Riesen Nightmare. Letzterer lässt sich nicht direkt steuern und führt nach dem Beschwören selbständig Angriffe aus, später dürft ihr mit einem Upgrade aber auch selber Handanlegen und das Monster kontrollieren. V greift auch ins Geschehen ein, allerdings nur, um Violett aufleuchtenden Gegnern mit einer coolen Animation den Gnadenstoß zu geben. Oft werdet ihr V nicht spielen, in den paar Missionen sorgt sein Spielstil aber für eine gelungene Abwechslung.
Der legendäre Teufelsjäger Dante spielt sich am komplexesten und erinnert stark an sein altes Ego aus Devil May Cry 3. Vier verschiedene Stile stehen euch als Dante zur Auswahl. Mit dem Steuerkreuz dürft ihr jederzeit zwischen ihnen wechseln. Als Trickster bekommt Dante einen Bewegungsschub und besser Ausweichmöglichkeiten. Im Gunslinger Stil werden Distanzkampf und Waffenfähigkeiten verbessert. Der Swordmaster Stil ist vollends auf Nahkampf ausgelegt und erweitert die Combomöglichkeiten. Im Royalguard Modus wird Dante zu einer Verteidigungsmaschine und kann Angriffe Parieren bzw. zu mächtigen Gegenangriffen ansetzen. Dante ist definitiv schwer zu meistern aber dadurch auch extrem spannend und unterhaltsam zu spielen. Glücklicherweise gibt es einen Trainingsmodus, oder „Die Leere“ wie es im Spiel heißt. Hier kann man nach Belieben alle Aktionen üben, sogar Gegner auswählen und solange trainieren, bis der Daumen glüht. Mit ca. 12 Stunden Spielzeit bietet „Devil May Cry 5“ genau die richtige Länge ohne unnötiges Strecken der Story. Auch wenn nach 20 Missionen der Abspann lief, war mein Drang am Kampfsystem und der Spielwelt noch lange nicht gestillt. Geheimmissionen mit kleinen Herausforderungen und neue Schwierigkeitsgrade sei Dank, gibt es immer einen Grund, in die Welt von „Devil May Cry 5“ zurück zu kehren.
Die antreibende Kraft hinter der Technik von „Devil May Cry 5“ ist Capcoms „wunder“ RE Engine. Die ausgezeichneten Charaktermodelle, wie wir sie bereits bei Resident Evil 2 Remake gesehen haben, sind auch hier wieder zurück. Zitate wie: „Das sieht fast aus wie in einem CGI Film“, gehören langsam der Vergangenheit an. „Devil May Cry 5“ sieht aus wie ein CGI Film. Hochdekorierte Garderoben mit detaillierten Materialtexturen hauchen den gefühlsechten Animationen noch mehr Leben ein. Alles im Spiel ist darauf ausgelegt, super stylisch zu wirken. Sichtbare Blutspuren auf den Charaktermodellen und sogar Dantes Bartstoppeln zeigen die Detailverliebtheit der Entwickler. Die Direktion der Zwischensequenzen ist nur als filmreif zu bezeichnen, tolle Kamerafahrten und dynamisches Einfangen der Kampfszenen. Die Umgebungen können etwas einfach wirken und unterscheiden sich nicht sehr vom Setting aber sind wegen des starken Artdesigns künstlerisch dennoch ansprechend. Die Action läuft sowohl auf der Standard PS4 als auch auf PS4 Pro mit rasanten 60 Bildern pro Sekunde, erstaunlich, was die RE Engine und die Entwickler hier aus den Tiefen der Dämonenwelt heraufbeschworen haben. Einen Wermutstropfen muss ich an dieser Stelle jedoch ansprechen: Die Ladezeiten. In den Levels selbst gibt es keine Ladezeiten, schön und gut. Ärgerlicherweise gibt es aber im Anpassungsmenü vor den Missionen, und jedes Mal, wenn wir im Spiel Nicos Van betreten, eine kleinere Ladezeit, also beim Betreten des Menüs und beim Austreten. Anfangs nicht ganz so schlimm, hat es mich später jedoch arg gestört, da man oft seine Ausrüstung wechselt und neue Fähigkeiten freischaltet ist das Management im Anpassungsmenü unumgänglich.
Die Vertonung des Spiels ist wahlweise in englischer oder japanischer Sprache zu genießen. Beide Sprachausgaben sind exzellent, die englische ist aber mein Favorit, hier haben Charaktere ihren ganz eigenen Charme und Coolness. Nico die Büchsenmacherin stiehlt aber allen die Show mit ihrem amerikanischen „Southern Dialekt“, eine herrlich überzeichnete Figur, die hervorragend als Neros Sidekick fungiert und den Dialogen die extra Würze verpasst. Was wäre ein „Devil May Cry 5“ ohne fetzigen Soundtrack? Und was für ein heftig guter Soundtrack es dieses Mal geworden ist, vor allem der bereits aus den Trailern bekannte Song „Devil Trigger“ (Neros Battle Theme) von Casey Edwards feat. Ali Edwards ist ein absoluter Ohrwurm. Wenn der Song im Spiel anfängt, während Nero Dämonen zweiteilt, wird das Blut in Wallung gebracht und Actionherzen schlagen höher. Metal, Rock, Pop und sogar Jazz Fans dürften Freude an dem Sound von „Devil May Cry 5“ haben.
Fazit: „Devil May Cry 5“ ist ein fokussiertes Actionfeuerwerk ohne unnötigen Ballast. Das Spielgeschehen steht hier im Vordergrund, ein variantenreiches Kampfsystem mit den drei spielbaren Charakteren Nero, Dante und V, verdammt coole Typen, die sich unterschiedlich steuern und perfekt ergänzen. Die Detailverliebtheit und filmreife Inszenierung, mit welcher Capcom der Serie endlich die verdiente Fortsetzung spendiert, stellen den Höhepunkt der Reihe dar. Die technisch saubere Umsetzung und zeitgemäße Grafik sind optisch eine Freude für jeden Actionliebhaber.
Pro:
- variantenreiches Gameplay
- detaillierte Charaktermodelle
- geschmeidige Bildrate
- spaßige Story
- filmreife Zwischensequenzen
- fetziger Soundtrack
Contra:
- Ladezeiten in den Menüs
(Sascha Djodaki)
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