Im Mai 2022 kam der Film „Der Fall 9/11 – Was ist ein Leben wert?“ auf Blu-ray, DVD und digital in den Handel und wir haben das Review der Blu-ray dazu:
Obwohl mit Michael Keaton und Stanley Tucci durchaus hochkarätig besetzt, lief der US-amerikanisch-britisch-kanadische Film „Der Fall 9/11 – Was ist ein Leben wert?“, beziehungsweise im Original schlicht „Worth“ genannt, eher unter dem Radar. Die Regisseurin Sara Colangelo ist auch keine bekannte Größe in Hollywood, anders als die genannten Hauptdarsteller. Das muss aber mitnichten bedeuten, dass der Film uninteressant sein muss. Wir widmeten der Blu-ray-Fassung, die seit dem 06. Mai 2022 hierzulande verfügbar ist, eine genauere Betrachtung.
Story:
Nach den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001 möchte der US-Kongress einen Entschädigungsfonds für die Hinterbliebenen der Todesopfer einrichten. Der Anwalt Kenneth Feinberg (Michael Keaton) soll mit seiner Kanzlei die entsprechende Gesetzesvorlage durchsetzen. Bei den Vorbereitungen und Verhandlungen wird Kenneth unter anderem mit Charles Wolf (Stanley Tucci) konfrontiert, welcher seine Frau bei den Anschlägen verlor, und erlebt so das Leid, welches dieses Ereignis mit sich brachte, hautnah…
Eindruck:
„Worth“ – der englische Originaltitel könnte kaum sprechender sein, bringt er das, was der deutsche Nebentitel „Was ist ein Leben wert?“ ausdrückt, doch mit einem Wort auf den Punkt. Um genau diese Frage, die Frage nach dem Wert eines Menschenlebens, dreht sich die Handlung des Films. Was bedeutet es eigentlich, einen Entschädigungsfonds für Hinterbliebene anzustreben? Wie viel Geld müsste dieser dann aufbieten, um eine „gerechte“ Kompensation darzustellen? Lässt sich der Wert des Lebens eines Menschen, der, noch dazu durch eine so grausame Tat wie die Anschläge von Nine-Eleven, gehen musste, denn einfach so in Geld berechnen? Das sind einige durchaus interessante ethische und auch wirtschaftliche Fragen, welche der Film stellt und verfolgt. Dabei wird er nie so sperrig und fachspezifisch im Sinne des Rechtswesen-Szenarios, dass man ihm nicht mehr folgen könnte, gleichzeitig lässt er diese Fragen bis zum Ende aber auch nie außer Acht.
Es handelt sich bei „Der Fall 9/11 – Was ist ein Leben wert?“ um einen Film der sehr ruhigen Sorte. Originale Einblendungen von den Folgen der Katastrophe des 11. September 2001 und Interviewausschnitte mit Betroffenen zu Beginn sind im Grunde das Aufregendste, was innerhalb der knapp zwei Stunden betragenden Laufzeit passiert. Wirkliche Spannung wird ansonsten nicht erzeugt. An diejenigen, die einen Justiz- oder Politthriller erwarten, richtet sich „Der Fall 9/11 – Was ist ein Leben wert?“ daher nicht. Vielmehr handelt es sich um ein bedächtiges Drama im Kontext von Justiz und Politik.
In seinen stärksten Momenten erinnert „Der Fall 9/11 – Was ist ein Leben wert?“ dabei angesichts der Atmosphäre, die er etabliert, an einen anderen, deutlich bekannteren US-amerikanischen Justiz- und Politfilm, nämlich Oliver Stones Epos „JFK – Tatort Dallas“ von 1991. Ein Film, welcher ebenfalls ein brisantes Thema der politischen US-Geschichte aufarbeitet, nämlich die Ermordung John F. Kennedys im Jahr 1963, deren Umstände auch hier von einem Anwalt, gespielt von Kevin Costner, untersucht werden. Einige Parallelen sind also unverkennbar und möglicherweise nicht dem Zufall geschuldet. Freilich mangelt es „Der Fall 9/11 – Was ist ein Leben wert?“ an der Opulenz, welche Oliver Stones Film aufbieten kann. In einem Punkt ist dieser kleinere Film, auch wenn man das nun eventuell als Blasphemie betrachten könnte, aber sogar besser. Ein nicht unerheblicher Teil der knapp dreieinhalbstündigen Laufzeit von „JFK – Tatort Dallas“ (im Director’s Cut) widmet sich Handlungssträngen um private und familiäre Dramen der Beteiligten, insbesondere Costners Hauptcharakter, welche durch die Belastungen angesichts des schweren Falls, den man bearbeitet, zustande kommen. Auf derartige Nebenschauplätze, welche die Haupthandlung – das muss man bei allem Respekt, dem Stones Werk entgegenzubringen ist, doch anmerken dürfen – eher ausbremsen als sinnvoll ergänzen, verzichtet „Der Fall 9/11 – Was ist ein Leben wert?“ so gut wie vollständig. Auch hier lernen wir Kenneths Ehefrau kennen und bekommen einen Eindruck von seinem Familienleben, doch die Handlung bleibt konsequent am Fall, den es zu bearbeiten gibt. Das macht die involvierten Charaktere nicht unmenschlicher, die Geschichte wird so aber stringenter erzählt.
Fazit:
„Der Fall 9/11 – Was ist ein Leben wert?“ ist trotz zweier namhafter Hauptdarsteller nun kein Film, der in die Geschichte eingehen und über den man in vielen Jahren noch angeregt diskutieren wird. Bereits jetzt tut er sich eher schwer damit, Aufmerksamkeit zu erhalten. Wer sich aber darauf einlassen möchte, bekommt ein klein dimensioniertes, aber solide gemachtes, ruhiges Justizdrama vor historischem Hintergrund mit einem souverän aufspielenden Michael Keaton. Während sich der Film mit der Frage beschäftigt, was ein Menschenleben wert ist, können wir hier festhalten, dass „Der Fall 9/11 – Was ist ein Leben wert?“ seine knapp zwei Stunden Laufzeit durchaus wert ist.
Bild:
Das Bild ist für eine Blu-ray Version nicht herausragend, aber absolut angemessen und bietet angenehme Texturen und ausreichend Bilddetails.
Ton:
Auch hier wird ausreichender Standard in Form von DTS-HD Master Audio 5.1-Tons im englischen Original oder wahlweise einer deutschen Synchronisation geboten. Untertitel liegen ärgerlicherweise nur auf Deutsch, nicht aber auf Englisch vor.
Hier erhältlich:
- Der Fall 9/11 – Was ist ein Leben wert? (Blu-ray)
- Der Fall 9/11 – Was ist ein Leben wert? (DVD)
- Der Fall 9/11 – Was ist ein Leben wert? (Digital)
(Pascal Weber)
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