„DER EINZIG WAHRE IVAN“ feierte am 11. September 2020 sein Streaming-Debüt auf Disneys hauseigenem Sender Disney+ und hier gibt es das Review dazu:
Anfang September wurde mit „Mulan“ ein langersehnter Blockbuster-Film auf Disney+ veröffentlicht, allerdings kann die Realverfilmung, trotz vorhandenem Abonnement, nur durch einen kostenpflichten VIP-Zugang betrachtet werden. Mit „DER EINZIG WAHRE IVAN“ bekommt Disney+ nach kürzester Zeit eine weitere hochwertige Produktion zur Verfügung gestellt, die diesmal ohne weitere Kosten daherkommt und im regulären Abo enthalten ist. Die Buchverfilmung eines silberrücken Gorillas, der zur schaubelustigen der Zuschauer in Gefangenschaft lebte, basiert auf wahren Begebenheiten und ob die Verfilmung aus dem Hause Disney einen Blick wert ist, erfahrt Ihr in der nachkommenden Review.
Story:
Ivan ist ein silberrücken Gorilla und lebt als Zirkusattraktion in einem Einkaufszentrum, wo er sich mit seinen Freunden Stella und Bob die Zeit bis zum nächsten Auftritt vertreibt. Obwohl er in Gefangenschaft lebt, scheint er nach den bereits vergangenen Jahrzehnten als Star der Manege, im Einklang mit seinem Leben zu sein. Doch als Ruby, ein Elefanten-Baby, zu der bunten Truppe dazu stößt, nimmt der Verlauf eine Wendung.
Kritik:
Man kann über Disney in vielerlei Hinsicht Unterschiedliches denken, aber wenn es um wertvolle und gar belehrende Inhalte geht, ist und bleibt der Micky Mouse Konzern die erste Wahl – so auch bei der Verfilmung von „DER EINZIG WAHRE IVAN“.
Bei der Herangehensweise des Themas wurde mit Samthandschuhen gearbeitet und das spürt man der Produktion auf Anhieb an. Immerhin ist hier die Rede von Tieren, die in Gefangenschaft leben, denen man die Freiheit genommen hat, ohne jegliche Rücksichtnahme. Eine Tatsache, die in der heutigen Zeit immer noch als selbstverständlich gilt, obwohl jeder Mensch es besser wissen müsste – oder würde sich ein Mensch etwa freiwillig einsperren lassen und sein Leben verwirken? Dennoch existieren weiterhin unzählige Zoos und Zirkus-Manegen, die sich ihren Weg samt Tiere von Ortschaft zu Ortschaft bahnen und von den unzähligen und quälenden Tierversuchen, die weiterhin ein fester Bestandteil der Wissenschaft ist, wird eine Hülle des Schweigen gelegt, anstatt dem allem endlich ein Ende zu setzen. Die Tiere werden als Gegenstand angesehen und nicht als eigenständig denkendes und fühlendes Lebewesen. Exakt dieser Punkt wird in einer eindrucksvollen Szene mit Bryan Cranston aufgegriffen, in der sein Handeln gegenüber dem Tier mit einem „Bin ich der einzige hier, der kapiert hat, dass wir Geld zum Leben brauchen?!“ begründet und gerechtfertigt wird. Genau dieser Aspekt legt den Finger auf die bereits blutende Wunde der Tiere, deren Geist und Seele mit zunehmender Zeit durch Resignation erlischt und schlussendlich dahin vegetieren.
Doch so brutal und lebensverachtend die Realität gegenüber der Natur ist, so achtsam wird das Thema durch Regisseurin Thea Sharrock inszeniert. Das Zepter der Erzählung wird den Tieren übergeben und die Menschen fungieren größtenteils als Nebendarsteller. Mit Angelina Jolie, Sam Rockwell, Danny DeVito und Helen Mirren hat man für das englische Original namenhafte Sprecher für die Zwei- bzw. Vierbeiner für sich gewinnen können – aber auch die deutsche Synchronisation lässt hier keine Wünsche offen und kann bei der Auswahl der Sprecher vollends überzeugen. Setzt man sich mit den Gedanken und den letztendlichen Handlungen der Tiere auseinander, basieren diese natürlich auf der Interpretations- und Wunschebene der Autoren und dienen in erster Instanz der filmischen Erzählung. Aber genau dieser Kniff sorgt dafür, dass die Zuschauer sich bestens in die Situation unserer tierischen Protagonisten versetzen und deren Dasein reflektierend nachvollziehen können. Die Kernaussage wird hervorragend durch eine Prise lockerem Humor sowie freundschaftlicher und herzlicher Interaktion getragen, damit das Gesamtwerk nicht zu schwer ausfällt und primär das junge Publikum begünstigen wird. Trotz der gut ausbalancierten Lockerheit wird die Botschaft präsent zur Schau gestellt und verfehlt in keiner Art und Weise sein Ziel.
Die Glaubwürdigkeit der Tiere ist ebenfalls der fantastisch technischen Umsetzung zu verdanken, die eine atemberaubende Qualität bei den visuellen Effekten offeriert. Die Gesichtszüge, die Augenpartie oder jegliche noch so kleine Facette in der Gesichtsregung vermittelt umgehend die emotionale Gefühlsebene des Tieres, ohne dabei unnatürlich oder fiktiv zu wirken. Insbesondere ist die dezent angelehnte Darstellung hervorragend geglückt, damit die Tiere nicht zu sehr einer animierten Figur ähneln und dadurch ihre Echtheit verlieren – bravo!
Widmet man sich den Schauspielern, so leisten sich diese keine Blöße und allen voran Bryan Cranston verleiht seinem Charakter eine authentische Ader, die sich im Positiven, wie auch Negativen, nie im Absurden verliert.
Auch wenn der Einsatz aller eher als Nebenstrang in der Geschichte stattfindet, so sind die wenigen Szenen wohl bedacht gewählt worden und bringen die Problematik blendend zum Vorschein. Besonders der Charakter der jungen Julia, gespielt von Ariana Greenblatt, bringt mit ihrer Geschichte um die persönliche Bedeutung ihrer Zeichnungen eine sehr schöne Parallele zu Ivan und seinem aktuellen Schicksal, die er sich schließlich zu Nutze macht.
Disney liefert mit „DER EINZIG WAHRE IVAN“ einen inhaltlich wichtigen Film ab, der technisch restlos zu überzeugen weiß, einen tollen Cast darbietet und durch Komponisten Craig Armstrong, einen musikalisch passenden und stimmungsvollen Soundtrack präsentiert. Für den erwachsenen Zuschauer könnte das Gesehene eventuell nicht ganz mitreißend sein, da es an Tiefgang und ergreifenden Dramaanteil fehlt und darüber hinaus einen sehr vorhersehbaren Ablauf inne hat. Doch wird der Fokus auf die vorhandene Materie und dessen Bedeutsamkeit verlagert, wird man nichtsdestotrotz sehr gut unterhalten und kann vielleicht den Film mit den Augen eines Kindes betrachten, der noch im Glauben ist, dass die Natur, die Tierwelt und Menschheit in rücksichtsvoller Harmonie leben. Umso mehr berührt in diesem Fall die vorliegende Thematik sowie das eingegrenzte Leben dieser hilflosen und dem Menschen ausgelieferten Tiere.
Mit Ansatz des Abspanns, wird eine schöne Foto-Collage des echten Ivan eingeblendet, die anschließend von einer kleineren Mid-Scene abgerundet wird. Im Jahr 2012 ist Ivan im Alter von 50 Jahren verstorben und zu Ehren von Ivan, wurde ihm eine massive Bronze-Statue gewidmet, als immerwährendes Andenken an den silberrücken Gorilla. Als kleine Randnotiz möchte ich anmerken, dass das angegangene Thema und deren Wichtigkeit durch einen Bonus-Punkt in der Gesamtwertung zusätzlich anerkannt wurde.
Fazit:
„DER EINZIG WAHRE IVAN“ besticht durch die Charakterisierung der Tiere und einer einfühlsamen Einsicht in deren Gedankenwelt, die von der Machart her, besonders dem jüngeren Publikum zu Gute kommt. Die wichtige Botschaft des Films, bekommt durch die ruhige Erzählstruktur eine angenehme Entfaltung, ohne das Gesamtwerk zu dramatisch ausarten zu lassen. Ein wertvoller Beitrag, zu einem Thema, dass niemals in den Hintergrund geraten sollte.
(Deniso)
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