Nikita Argunov ist ein russischer Filmproduzent und Spezialist für visuelle Effekte, der sich in den letzten Jahren mit der Produktion von „Survival Game“ und „Guardians“ einen Namen in der Filmbranche gemacht hat. Mit „Coma“ liefert Argunov seine erste Regiearbeit ab, bei der er zusätzlich als Drehbuchautor fungiert und seine jahrelange Erfahrung und Können im Bereich der visuellen Effekten demonstrativ zur Schau stellt. Wird das reichen, um mit „Coma“ den großen Wurf zu landen?
Story:
Viktor (Rinal Mukhametov) wacht in seiner Wohnung auf und nichts scheint mehr zu sein, wie es sein sollte. Sämtliche Gegenstände in seiner vertrauten Umgebung lösen sich in ihrer Materie auf oder setzen sich erst zusammen – selbst Menschen werden davon nicht ausgeschlossen und die Außenwelt steht, wie in einem verstörten Traum, regelrecht Kopf und trotzt jeglicher Logik oder Schwerkraft. Als ob dies nicht bereits verwirrend genug ist, existieren schwarze und unheimliche Wesen namens Reaper, die einen verfolgen und jagen. So bizarr alles erscheinen mag, Viktor ist nicht verrückt geworden – er ist in die Welt des Komas gefallen.
Kritik:
Frei nach dem Motto „Erst schießen und dann fragen“, verliert Nikita Argunov in seiner Erzählweise absolut keine Zeit und katapultiert den Zuschauer in den konfusen Schauplatz des Geschehens. Innerhalb weniger Minuten hat man unzählige Fragen auf den Lippen und ist, wie Viktor, redlich von der Situation überrumpelt. Verschiedene Ebenen schweben über einem her, Menschen, denen man auf der Straße begegnet, scheinen nur ein Abbild ihrer selbst zu sein und absolut nichts ergibt einen Sinn. Die Darstellung und die Qualität der zur Schau gestellten Welt ist mehr als gelungen und macht für eine osteuropäische Produktion in keiner Weise einen billigen Eindruck. Man wird schnell von der Atmosphäre eingenommen und schaut gespannt auf den Schirm, verfolgt genauestens jeden Schritt oder Einblick von Viktor, um eventuell auf ein erstes Indiz für diese absurde Manifestation zu stoßen – doch weit gefehlt. Stattdessen werden der Adrenalinpegel und die Intensität in der Situation immens erhöht, als ein Reaper, ein in seiner Natur schwarzes und anscheinend flüssiges Wesen, auftaucht, dass keine gute Absicht hegt und schreiend die Jagd auf Viktor eröffnet.
Durch diesen rasanten Einstieg ist man einerseits umgehend von der Geschichte gefesselt und andererseits ist die Neugierde für die betrachtete Welt größer denn je. Immer wieder bekommt man Häppchenweise ein paar Informationen serviert, um das Interesse und den Spannungsbogen aufrecht zu halten und wird dabei tiefer in die „Coma“-Welt begleitet. Das Viktor nicht alleine umher wandelt wird schnell klar gestellt und die Einführung der weiteren „Überlebenden“ wird plump nach Schema F durchgezogen. Auch wenn mir persönlich die russischen Schauspieler unbekannt waren, ist die gebotene Schauspielkunst in ihrer Form solide, bodenständig und glaubhaft, ohne negativ aufzufallen. Richtet man sein Augenmerkmal auf die Visualisierung der erschafften Welt, so wird diese fabelhaft in Szene gesetzt und das gebotene Niveau ist Dank der Erfahrung von Argunov – wie bereits im oberen Teil angeschnitten – lobenswert zu erwähnen. Doch nicht nur die Umgebung wurde mit vielen Ideen und Details aufgebaut, auch die jagenden Reaper sehen optisch stimmig und bedrohlich aus.
Doch bei Betrachtung von Argunovs Werk wird man immer wieder das Gefühl nicht los, etwaiges bereits gesichtet zu haben und das zurecht. Die Inszenierung der Welt erinnert unweigerlich an Christopher Nolans „Inception“ und ein Hauch von „The Matrix“ ist gefühlt in vielen kleineren Details enthalten. Aber auch die aktuell sehr beliebten Superhelden-Zeit findet sich in den Fähigkeiten einiger Charaktere wieder und bringt Ansätze von Marvels „X-Men“ zum Vorschein. Nichtsdestotrotz wird die Idee von Nikita Argunov konstruierten Welt dadurch nicht geschmälert und kann in mancherlei Hinsicht sogar als kleine Hommage an die genannten Werk angesehen werden, doch leider schafft „Coma“ im Gesamtbild nicht ,die hohe Klasse seiner Vorgänger zu erreichen. Je länger die Geschichte voranschreitet und je tiefer man in die vorhandene Welt eintaucht, desto ernüchternder wird so manch Erklärung, wie z.B. der Ursprung der Reaper. Einige relevant wichtige Eckpunkte werden sogar bis zu Letzt gar nicht angesprochen und wenn doch jemand auf den Gedanken kommt, wird die Frage bedauerlicherweise ohne eine Antwort geschichtlich abgehakt. Leider verliert „Coma“ dadurch an Faszination und Reiz, weil es inhaltlich an weiteren Ideen mangelt und man letztendlich das Potenzial nicht voll ausschöpft. Argunov, der mit Timofei Dekin und Aleksey Gravitskiy das Drehbuch verfasst hat, fehlt es im Endspurt am letzten Feinschliff und an inhaltlicher Raffinesse, um den Aufbau und die Existenz dieser kreierten Welt nachvollziehbar zu entschlüsseln und den Zuschauer vollends zu begeistern. Auch wenn das offene Ende zu gefallen weiß, das eventuell als Hintertür für eine Fortsetzung dient, so bringt dies noch mehr unbeantwortete Fragen mit sich. Eine rege Diskussion wird „Coma“ definitiv herbeischaffen, denn gewisse Interpretationsspielräume wurden bewusst zurück gelassen – vielleicht, um den selbiges Effekt wie in „Inception“ auszulösen, ob der Kreisel am Ende umkippt oder nicht – an dieser Stelle seid Ihr gefragt.
Fazit:
Die Macher von „Coma“ lassen sich von einigen der besten Filme der Geschichte inspirieren, um eine eigene Welt zu kreieren, die unterhaltungstechnisch zu fesseln weiß – doch letztendlich wird man mit zu vielen offenen Fragen und einem daraus resultierenden faden Beigeschmack zurückgelassen. Mit einem ausgeklügelteren Drehbuch wäre definitiv mehr drin gewesen, denn inszenatorisch und visuell ist „Coma“ sehr ansehnlich ausgefallen und wird noch für Gesprächsstoff sorgen.
Deniso
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Eigentlich nur eine Anmerkung 😛
Hab das Gefühl als biete es die Vorlage für einen 2. Teil, da das Ende offen ist: Endet da wo es begonnen hat! Diejenigen die scheinbar im Koma verstorben sind existieren wieder! Was für mich bedeutet das sie entweder immernoch im Koma liegen oder in einer Zeitschleife gefangen sind(sich in Träumen verrennen?) … jedenfalls teile ich viele Kritiken zum lahmen und sprunghaften Filmbeginn und mangellnder Charaktertiefe nicht im geringsten! Gerade, weil Ich(persönlich) keine Dauervergleiche zu Matrix oder Inception ziehe! Im Gegenteil, die Wortkargheit der Charas erklärt sich ziemlich schnell durch die Rollenverteilung in der Gruppe(wenn ich mich in die Rolle der Person versetze … würde ich auch einfach die Schnauze halten 😉 )!
Und auch das aufdrößeln der Hintergrundgeschichte zu Beginn, ist Bullshit; im wahren Leben weis man auch net alles von jedem(egal ob es ein Film ist)! Und Phantom leidet zunehmend ganz klar an Größenwahn(wegen seeiner Führungsrolle) und Verzweiflung(da von Reaper verletzt!)!
Ich müsste ihn ein zweites mal schaun, um zu verstehen, welche Fragen nicht beantwortet wurden, da für mich eigentlich alles schlüssig ist.