Love is Over – so heißt es, wenn man im neuen/alten Puzzle-Geschicklichkeits-Rollenspiel von „Atlus“ nicht ganz bei der Sache ist. Der für die „Megami Tensei“- Reihe oder als Mitverantwortlicher von „Demon´s Souls“ bekannte Entwickler und Publisher hat nach acht Jahren ein Spiel remastered, welches sich schon damals gewaschen hatte. Das Remake „Catherine Full Body“ ist seit dem 14. Februar 2019 für die PS4 erhältlich und lädt uns wieder auf albtraumhafte Nächte und komplizierte Beziehungsprobleme ein.
Im nachfolgenden Review werden wir uns ansehen, was an dem Remake anders ist, ob sich hier ein neuer Spieldurchlauf für Kenner von Catherine 2011 überhaupt lohnt und ob dieses Spiel wirklich so zeitlos ist, dass es auch nach acht Jahren euer Spielerherz nochmal oder zum ersten Mal umgarnen kann.
Das Remake „Full Body“ bietet einige Neuerungen zum Original. Aufpolierte Grafiken, spielerische Finessen und Optimierungen, außerdem – und jetzt kommt’s – einen neuen Charakter, der uns das Leben, aber vor allem unsere Nächte schwer macht. Dieser neue Charakter ermöglicht zugleich neue Handlungszweige und vor allem neue Endszenarien des Spiels.
Bei „Catherine Full Body“ handelt es sich um ein Anime-Spiel, welches keinesfalls für Kinder gedacht ist. Denn es reizt mit derben Sprüchen, Horrorelementen und anrüchigen Problemen Erwachsener seine Spieler. So hörte ich zum Beispiel: „Schaut aus wie son Anime-Porno, das Cover“, um eine gewisse Person zu zitieren. Und das muss man auch zugeben. Das netterweise zur Verfügung gestellte Steelbook spielt bewusst mit gewissen Kurven und Reizen, um die es in diesem Werk geht.
Die Handlung dreht sich um den jungen Programmierer Vincent Brooks, der schon seit mehr als fünf Jahren mit seiner Freundin Katherine McBride zusammen ist, aber nicht mit ihr zusammen wohnt, da jeder seine Freiheiten haben möchte, wie zum Beispiel die allabendliche Männerrunde in der Bar „Stray Sheep“. Jetzt fragt man sich, was ist denn da so interessant an der Geschichte?? An dieser Stelle bitte ich den letzten Satz nochmal zu wiederhohlen, Freundin Katherine McBride…
Ahhh!! Ja aber was ist jetzt daran so interessant ??
Na, dass das Spiel Catherine heißt und nicht Katherine!
Unser Held Vincent ist sich nämlich zurzeit gar nicht sicher, ob er sich sicher ist, zugleich er doch seine Katherine dennoch unglaublich liebt, was ihm schlaflose Nächte sowie unzählige Saufgelage im „Stray Sheep“ mit seinen drei Kumpels bereitet. Doch als er eines Abends wieder einmal länger in der Bar bleibt, um sein Glas zu leeren, gesellt sich eine junge, aufreizende Dame zu ihm. Als er dann auch noch mit Filmriss neben der jungen Dame in seinem Apartment aufwacht, sie sich als die namensgebende Catherine entpuppt und das Wort Untreue im Raum steht, ist das Drama perfekt. Sollte man meinen.
In „Catherine Full Body“ gesellt sich noch ein weiteres Mäuschen dazu nämlich Rin, die, wie es sich rausstellt, mit vollem Namen „Quatherine“ heißt und nach einem Zusammenstoß mit Vincent zufällig Klavierdame im „Stray Sheep“ ist. Rin hat es ebenfalls auf ihn abgesehen.
Nun steckt Vincent natürlich absolut in der Klemme. Soll er Katherine seinen Seitensprung beichten und damit seine Beziehung riskieren? Kann er Catherine, der absoluten Traumfrau, wiederstehen und die Affäre beenden, ohne dass sie total durchdreht? Und wie bewerkstelligt er es Rin zu helfen, aber ihr gleichzeitig aus dem Weg zu gehen? Dazu kommen noch diese bizarren Horror-Albträume unter denen er leidet und von denen behauptet wird, dass es sich um einen Fluch untreuer Männer handelt der auf Dauer zum Tode führen wird.
Der spielerisch knifflige Teil befindet sich eben genau in diesen Träumen, in denen Vincent einen Turm aus freischwebenden Blöcken durch Verschieben empor klettern muss. Das Ganze klingt leichter als gedacht, denn hier gibt es verschiedene Fallen-, Explosive-, Selbstbewegende- oder brüchige Blöcke. Zudem wird man im Laufe des Spiels von Schafen, die sich als Mitmenschen, welche ebenso im Traum gefangen sind, entpuppen, gehindert oder angegriffen. Nicht zu schweigen von gigantischen Monsterbabys oder Zombie-Ehefrauen, die immer zum Abschluss einer Nacht Verfolgung aufnehmen. Klingt noch nicht knifflig genug?
Okay der Turm löst sich natürlich mit der Zeit von unten her auf, so dass man gezwungen ist, schnell zu überlegen und flott zu handeln. Je nach Grad der Schwierigkeit heißt es hier schneller „LOVE IS OVER“ als einem lieb ist.
Um Gedanken- oder Eingabefehler nochmal zu korrigieren, stehen hier unterschiedlich viele „UNDO´s“ zur Verfügung, die einen Schritt rückgängig machen können.
Ist der Traum überlebt, geht’s für uns sequenztechnisch durch Vincents Tag, bis wir ihn abends, in Rollenspiel-Manier, durch Gespräche mit Barbesuchern, „Rin“, dem Barkeeper „BOZZ“ oder seinen Freunden, ausklingen lassen können. Zwischenzeitlich ist das Mobiltelefon ein essentieller Punkt, da es die Story und deren Inhalt glaubwürdig rüberkommen lässt. Hier gehen regelmäßig Anrufe oder SMS ein, die wir beantworten müssen. Je nachdem, wie wir Antworten und uns unseren Mitmenschen gegenüber verhalten, ändert sich auch die Story sowie das Ende des Spiels.
Grafisch wurde hier passend zum Anime-Stil gearbeitet, Bewegungen kommen dennoch realistisch und natürlich rüber. Nicht hakelig und zerrig, wie in anderen Anime-Spielen. Zwischensequenzen sind wiederrum in einem Anime-Stil gehalten, der sich in keiner Hinsicht vor TV- oder Movie-Size-Animes verstecken muss. Die Übergänge zwischen animierter Sequenz, spielbarem Inhalt und glorreich gezeichnetem Anime sind hier so perfekt umgesetzt, dass man regelrecht in der Story versinken kann. Hierzu trägt die klasse gewählte, zeitlose und teilweise sogar von Rin mit dem Klavier untermalte Spielmusik bei. Wer mag, kann die Musik auch an der Jukebox des „Stray Sheep“ ändern. Dialoge und Erklärungen wurden komplett in Englisch oder Japanisch synchronisiert. Hier hat man allerdings im Englischen eine absolut glaubhafte und vor allem echt wirkende Atmosphäre erschaffen, welche die ganze Vieleckliebschafts Dramatik und Vincents Gewissensbisse spitze untermalt.
Fazit:
„Catherine Full Body“ ist ein Meisterwerk, welches so viel mehr ist, als ein Spiel mit dramatischer Story und bizarren Komplikationen. Es befasst sich vor allem mit den moralischen Grundsätzen des Spielers, die immer wieder hinterfragt und mit denen der Allgemeinheit verglichen werden. Auch der neue Charakter „Rin“ ist genial integriert worden, so dass nur Spielern des Originals auffällt, dass hier was neu und anders ist.
„Catherine Full Body“ ist eine Empfehlung für jedes Spieleregal, denn es hat mit seinen 13 Enden, vor allem durch seine Puzzlemechaniken und seinen Windungen und Wendungen, einen hohen Wiederspielwert. Ein Online- sowie ein lokaler Mehrspieler-Puzzlemodus runden das Gesamtpaket zu einem geschliffenen Edelstein ab, welches auf jeden Fall als eines der besten Remakes gesehen werden kann, da es seinem Original alle Ehre macht, wenn nicht sogar den Platz abläuft.
Pro:
+ geniale Story die zum Nachdenken anregt.
+ passende Schwierigkeitsgrade
+ freie Entscheidungen bei Konversationen ändern den Spielverlauf
+ Mehrspieler Modus
Contra:
– Kameraführung nicht immer optimal
– Steuerung im Puzzlemodus ab und an hakelig
– nervige Soundeffekte im Puzzlemodus
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(Bastian Avermann)