Bombshell – Das Ende des Schweigens – Blu-ray – Review | EuroVideo Medien | 10.06.2020

Der Rauswurf der Moderatorin Gretchen Carlsons im Jahr 2016 brachte die Welle wegen sexueller Belästigung / Missbrauchs erst so richtig ins Rollen. „Bombschell – Das Ende des Schweigens“ aus dem Jahr 2019 nahm sich diesem Thema an und zeigt Carlsons Kampf gegen einen der mächtigsten Fernsehmacher der vergangenen Jahre, Roger Ailes. Der Film deckt dabei die Machenschaften des ehemaligen CEOs des TV-Senders Fox News auf. Regisseur Jay Roach, der unter anderem für Komödien wie die „Austin Powers“ Filmreihe oder auch „Meine Braut, ihr Vater und Ich“ bekannt ist, verfilmte „Bombshell“ nach einem Drehbuch von Charles Randolph („The Big Short“). In den Hauptrollen dürfen wir die aktuelle Damen-Oberliga Hollywoods, Nicole Kidman, Charlize Theron und Margot Robbie bei ihrem Kampf gegen Roger Ailes zusehen. Dieser wird von John Lithgow („Cliffhanger“, „Interstellar“) verkörpert. Ob Roach auch meinen Nerv mit der Verfilmung dieser unglaublichen Taten treffen konnte, erfahrt ihr wie immer wenn ihr weiterlest.

Story:

2016, schon länger ist sich die Moderatorin Gretchen Carlson sicher, dass sie aufs Abstellgleis geschoben werden soll. Ihre Sendung und ihre Reportagen finden bei ihrem Chef Roger Ailes immer weniger Anklang. Es scheint gerade so, als wenn sie sogar immer unbequemer für den mächtigsten Mann bei Fox News werden würde. So bereitet sie sich auf das Schlimmste vor und so soll es auch kommen, sie wird von einer auf die andere Minute gefeuert. Das kann und will sie so nicht hinnehmen. Womit Roger Ailes nicht rechnet, Carlson geht aufs Ganze und bereitet eine Klage gegen ihn vor. Diese wird so einige delikate Details enthalten, die nicht nur an Ailes Chefsessel rütteln, sondern wie ein Erdbeben wirken werden. Dies wird aber nur gelingen, wenn sich ihren Anschuldigen noch mehrere Geschädigte anschließen, denn sie hat vor, Roger Ailes unter anderem wegen sexueller Belästigung und Missbrauchs vor Gericht zu zerren. Doch alleine wird sie Ailes, der auch unter der Obhut des Senderchefs und wohl einem der mächtigsten Männer der Fernsehbranche, Rupert Murdoch steht, nicht bezwingen können. Dabei stellt sich die Frage, ob Carlsons Mut auch auf andere Frauen überspringen wird und diese sich nochmals ihren beschämenden Erfahrungen stellen werden.

Meinung:

Worüber früher gewitzelt oder nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wurde, man dies aber niemand lauthals zur Sprache gebracht hätte, wurde mit Gretchen Carlsons Klage gegen Roger Ailes erstmals öffentlich gemacht. Denn wer kennt die Sprüche nicht, die von der Besetzungscouch als horizontaler Karriereleiter sprachen. Umso ernster und trauriger ist der Umstand, dass diese nicht nur dumme Sprüche oder Witze waren. Menschen wie ein Roger Ailes oder Harvey Weinstein spielten gezielt ihre Macht aus, um sexuelle Gegenleistungen zu erhalten. Jay Roachs Film behandelt nun dieses Thema rund um die ehemalige Miss America und spätere Moderatorin Gretchen Carlson, gespielt von Nicole Kidman („Aquaman“). Diese scheint ihr vorzeitiges Karriereende vorherzusehen und sammelt Daten und Fakten, um sich mit einer Klage gegen einen eventuellen Rauswurf zu wappnen. Dabei wirkt Carlsons Handeln nicht hauptsächlich wie ein Befreiungsschlag für alle sexuelle belästigten Frauen, sondern auch wie eine Abrechnung mit ihrem ehemaligen Förderer. Um ihre Anschuldigungen zu untermauern bedarf es weitere Hilfe, sprich Aussagen weiterer sexuell belästigter Frauen. Das dies für viele Frauen eine unangenehme und schwierige Hürde ist und der Ausgang für Carlsons Klage bis zum Ende hin ziemlich offen bleibt, wurde dramaturgisch wirklich gut dargestellt. Auch die Beweggründe wie Roger Ailes stärkstes Zugpferd, Megyn Kelly, gespielt von Charlize Theron, („Atomic Blonde“) zu Clarksons Unterstützerin werden konnte, bleibt bis zum Schluss offen. Erst beobachtet sie, dann beginnt sie Fakten zu sammeln und dann trifft sie ihre Entscheidung. Die dritte im Bunde des Hauptcasts ist dann die Figur der Kayla Pospisil, gespielt von Margot Robbie („Once upon a time in Hollywood“). Dabei handelt es sich aber nicht um einen realen Charakter, sondern steht stellvertretend für alle Frauen, die unter Roger Ailes, sexueller Demütigung zu leiden hatten.

Gerade diesen Kniff, den fiktiven Charakter Kayla Pospisil stellvertretend für den sexuellen Missbrauch einzuführen, fand ich auf der einen Seite sehr gut. Da Margot Robbie den Schmerz und die Demütigung eindringlicher darstellen kann, als wenn nun jede Frau im Film ihre schmerzlichen Erfahrungen teilt. Dadurch wird der Zuschauer nicht mit zu vielen Personen überfordert, sondern kann mit der leidvollen Erfahrung bei einem Charakter bleiben. Andererseits fehlt dadurch den anderen beiden Hauptdarstellerinnen etwas die emotionale Tiefe ihrer Figuren, da von diesen so gut wie keine große emotionale Betroffenheit gezeigt wird. Auch fehlt mir etwas der investigative Teil. Carlson legt ihren Anwälten zwar ihre Beweise vor, aber diese sollte man ja auch irgendwie untermauern. Dies am besten mit Zeugen, hier setzt Regisseur Roach auch wieder auf nur einen Charakter, der hinter vorgehaltener Hand manche Infos bestätigt. Kommen wir noch zu Roger Ailes selbst, der von John Lithgow („Friedhof der Kuscheltiere 2019“) hervorragend dargestellt wurde.  Man merkt diesem Charakter schon von der ersten Minute an, dass es ihm um die absolute Kontrolle geht und er so auch einige Vorbereitungen getroffen hatte, seine jahrelangen Gelüste hinter verschlossenen Türen nach zugehen. Er weiß das er Menschen aufbauen, aber auch zerstören und wegwerfen kann. Dieses gnadenlose Verhalten bringt Lithgow in jeder Minute seiner Screentime dem Zuschauer nah. Der Rest des Casts bleibt dabei recht unauffällig und blass im Hintergrund zurück. Seien es Murdochs Söhne, Zeugen oder auch Rupert Murdoch winzig kleiner Auftritt, gespielt von Malcolm McDowell („Tank Girl“) selbst. Diese Charaktere verkommen mehr zu Stichwortgebern, um die Handlung in die entsprechenden Richtungen zu schubsen, mehr aber auch nicht.

Kommen wir zu einer weiteren Enthüllung und zwar der Enthüllung des Fazits:

„Bombshell – Das Ende des Schweigens“ konnte mich überwiegend gut unterhalten. Kidman, Theron und Robbie spielen sehr gut, wobei Robbie neben Theron den emotionalsten Anteil in ihrer Rolle hat. Nüchtern betrachtet bleiben Theron und Kidman recht kalt und etwas emotionslos zurück. Beide spielen ihren Part überlegt, berechnend und abwartend. Kidmans Figur bereitet schon im Vorfeld eine Klage für den Fall der Fälle vor, wodurch diese Figur berechnend und fast schon rachsüchtig daher kommt. Dabei entsteht ein bisschen der Eindruck, dass die Belästigungs- und Missbrauchsvorfälle mehr Mittel zum Zweck, als zur Aufdeckung dieser Ungeheuerlichkeit dienen. Unabhängig davon hat mir das gesamte Spiel des Hauptcasts durchaus gefallen, leider versinkt der Nebencast zu Stichwortgebern. Margot Robbie sticht in diesem Fall besonders hervor, da sie den unangenehmsten Part zu übernehmen hatte. Sie spielt eine fiktive Figur die stellvertretend für alle Missbrauchsopfer das Leid, den Schmerz und die Demütigung erdulden und auch darstellen muss. Wahrlich kein einfaches Unterfangen, ohne dabei ins Overacting abzudriften. Für meinen Geschmack hat Robbie diese Aufgabe bravourös gemeistert. Dennoch fehlte mir, wie angesprochen, mehr Emotionalität von Theron und Kidman.

Auch die Findung der Beweise, die Ailes zu Fall bringen, wurde mir zu knapp behandelt. Um zum Schluss zu kommen, „Bombshell“ ist zwar ein richtig guter, hochwertiger und wichtiger Film geworden, aber es fehlt ihm die emotionale Tiefe und die Story wird mir zu oberflächlich abgehandelt. Ohne den wirklich tollen Cast, der seine Rollen wirklich sehr stark ausfüllt, wäre der Film wohl wirklich nur unterer Durchschnitt. Dieses Spiel hebt den Film aber wieder auf gehobenes Niveau. Somit bleibt der Film durch Cast und Grundstory durchaus sehenswert, und auch wenn es an der Dramaturgie mangelt, kann oder sollte sich jeder diesen Film ansehen. Alleine aus dem Grund, um zu sehen, was die Mächtigen der Welt hinter ihren verschlossenen Bürotüren so alles treiben. Denn dass diese Dinge wirklich geschehen und von vielen geduldet wurden, ist keine reine Fiktion, sondern ein realer demütigender Missbrauch von Macht.

Habt ihr den Film gesehen, wie habt ihr ihn empfunden, hat er euch gefallen, bejubelt ihr ihn oder fandet ihr ihn bescheiden, wenn nicht sogar schlecht? Teilt es uns in den Kommentaren mit.

Bild:

Das Bild entspricht dem, was man von einer modernen Blu-ray Produktion erwartet, schöne Farben, ausgewogenen Kontraste und eine tolle Schärfe, all das bietet die BD zu „Bombshell“. Fehler oder sonstige Bildtechnik Probleme konnte ich keine ausmachen, auch der Schwarzwert konnte durchweg überzeugen.

Ton:

Der Ton liegt in dem Format DTS-HD MA 5.1 jeweils für deutsch und englisch vor. Da der Film nur aus Dialogen besteht, bleiben die räumlichen außen vor. Dafür überzeugt der Dialogton, der durch die Bank klar und verständlich daherkommt. Störgeräusche oder überlagernde Soundsequenzen gab es zu keinem Augenblick.

Extras:

• Making-of (ca. 90 Minuten)

Technische Bewertungen beziehen sich immer auf das Alter und das vorhandene Ausgangsmaterial!

Wie immer möchte ich mich für eure Aufmerksamkeit bedanken und hoffe wir lesen uns bei meinem nächsten Review wieder.

(Marc Maurer)

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