Koji Igarashi (Iga) – würde es eine Hall of Fame für Videospielentwickler geben, wäre dieser Name sicherlich auf der Liste. Meistens wird der Name in einem Atemzug mit „Castlevania: Symphony of the Night“ erwähnt. Ein Klassiker der Videospielgeschichte, ursprünglich erschienen 1997 für die PS1 und verantwortlich für das Metroidvania oder Igavania Subgenre, welches heute noch bei Entwicklern im Spieldesign Anklang findet. Vielleicht habe ich jetzt die Erwartungen an, den durch Kickstarter finanzierten, geistigen Nachfolger „Bloodstained: Ritual of the Night“ etwas zu hoch gesteckt. Schauen wir uns im Test an, ob Iga und sein Entwicklerstudio ArtPlay den Erwartungen gerecht werden können.
Die Menschen wenden sich immer mehr der Spiritualität ab. In ihrem Einfluss bedroht, beschwören Alchemisten Dämonen aus den Tiefen der Unterwelt, um die Menschheit mit Angst und Schrecken für ihre Sache zurückzugewinnen. Unglückliche Versuchsobjekte werden durch Experimente mit magischen Kristallen zu sogenannten Scherbenbindern fusioniert und den Monstern zum Opfer dargeboten. Unsere Protagonistin Miriam ist eine dieser Scherbenbinder, vor ihrer Opferung jedoch verfällt sie in einen tiefen Schlaf und wacht zehn Jahre später wieder auf. Mit ihr erscheint aus dem Nichts ein dämonisches Schloss. Zugegeben, etwas verwirrend aber: Willkommen bei „Bloodstained: Ritual of the Night“. Die Handlung passt mit ihrem Hang zum okkulten hervorragend zum Gotik Setting und führt eine mysteriöse Atmosphäre ein, bleibt aber etwas uninspiriert und ist gerade in den Dialogen sehr klischeehaft.
„Bloodstained: Ritual of the Night“ spielt sich tatsächlich so wie ich „Symphony of the Night“ in Erinnerung hatte. Die Steuerung ist präzise und eingängig, wichtig für die zahlreichen Begegnungen mit den abwechslungsreichen Gegnern. Das Leveldesign ist schön ausgelegt und bietet Unmengen an versteckten Räumen, Items, Waffen und NPCs mit denen wir interagieren können, nicht alle sind übrigens freundlich auf uns eingestimmt. Die Bosskämpfe sind clever in Szene gesetzt und erfordern, wie erwartet, gute Reflexe und geplantes Vorgehen, sonst heißt es sehr schnell Game Over. Insgesamt ist der normale Schwierigkeitsgrad ausgewogen und bietet genug Herausforderung für den ersten Durchlauf, weitere Schwierigkeitsgrade lassen sich nach dem ersten Durchspielen freischalten. Das Spiel hat zudem eine außerordentlich motivierende Struktur. Es vergeht nie zu viel Zeit, ohne neue Waffen oder andere Geheimnisse zu finden, dadurch bleibt die Motivation stets hoch und das Spielgeschehen flüssig. „Bloodstained: Ritual of the Night“ glänzt zudem mit vielen Rollenspielelementen und Gameplay Mechaniken, die schnell gelernt sind und einfach Spaß machen. Von besiegten Gegnern können wir Scherben bekommen, wodurch wir allerlei magische sekundär Angriffe und Fähigkeiten erlernen. Gegner können natürlich auch Waffen und Ausrüstungsgegenstände fallen lassen, so macht es einem nicht viel aus etwas zu „grinden“, um zu sehen welche neuen Scherben oder Gegenstände die jeweiligen Monster hergeben. Neue Gegenstände, Scherben und Waffen lassen sich auch aus erstandenen Materialien zusammenschmelzen und aufwerten. Auch hier ist das System sehr schnell verstanden: Nehme Gegenstand A + B und Gegenstand C kommt heraus. Es gibt im Spiel auch Nebenquests, diese kommen aber meisten über den Standard „Kille X Monster“ und besorge „Gegenstand X“ Schema nicht weit hinaus. Trotzdem lohnt es sich die Aufgaben abzuschließen und die Belohnungen mitzunehmen, denn Monster plätten wir auf unserem Weg ohnehin, warum also nicht gleich doppelt dafür belohnt werden?
„Bloodstained: Ritual of the Night“ hat sich im Laufe seiner Entwicklung vor allem grafisch einigen Änderungen unterzogen. Nach den ersten Demos haben sich Iga und sein Team die Kritik der Fans zu Herzen genommen und die oft kritisierte Optik verfeinert und schlicht verbessert. Das Endergebnis ist definitiv ein sehr sauberer, glatter Look für die 2,5D Präsentation. Die unterschiedlichen Areale sind stimmungsvoll durchleuchtet und punkten durch eine schöne Farbgebung. Einzig negativ auffallend sind die teilweise hölzern wirkenden Animationen. Miriam, Gegner und sogar einige Bosse machen einen unfertigen Eindruck in den Bewegungsabläufen. Monsterdesign ist wiederum durchweg kreativ und punktet durch eine starke Vielfalt. Gastauftritte und kleine Eastereggs im Gegnerdesign gibt es auch, Shovel Knight lässt grüßen! Ich begrüße auch die englische, sowie japanische Sprachausgabe. In beiden Synchronisationen wurden tolle Sprecher besetzt, sogar David Hayter, die markante Stimme von Videospielikone Solid Snake aus „Metal Gear Solid“, hat eine Sprechrolle. Die Musik in „Bloodstained: Ritual of the Night“ ist sorgfältig gewählt und steht einem echten Castlevania in nichts nach. Klassisches Piano mit dezenter Orgelmusik im Hintergrund kommt auf jeden Fall nicht zu kurz. Miriam überrascht an einer Stelle sogar mit einer Gesangseinlage im Mondschein. Ein atmosphärisches Highlight, welches übrigens optional ist und mit einer Trophäe belohnt wird. Die Szene ist zwar simpel aber ein deutliches Zeichen der Detailverliebtheit des Entwicklerstudios.
Fazit:
Ja, „Bloodstained: Ritual of the Night“ ist technisch vielleicht nicht ganz ausgereift, aber die bereits erwähnte Detailverliebtheit ist jederzeit zu spüren. Das Spiel fühlt sich einfach richtig an. Das Spielgefühl ist präzise und erstaunlich motivierend. Die einfachen Rollenspielelemente ergänzen sich wunderbar mit dem cleveren Leveldesign. Fans des Genres sollten daher auf ihre Kosten kommen.
Pro:
+ gutes Leveldesign
+ viele Geheimnisse
+ motivierender Spielablauf
+ stimmiger Soundtrack
+ Rollenspielelemente
Contra:
– hölzerne Animationen
– uninspirierte Nebenquests
(Sascha Djodaki)
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