Am 26. November 2020 kam „Berlin Alexanderplatz“ auf Blu-ray, DVD und digital in den Handel und wir haben das Review dazu:
Story
Francis wird nach einer verhängnisvollen Überfahrt über das Mittelmeer an den europäischen Strand gespült. Erschöpft aber am Leben schwört er ein guter Mensch zu werden und ein ehrenwertes Leben zu führen. Er landet schlussendlich in einem Flüchtlingsheim in Berlin, bekommt einen Job auf einer Baustelle, jedoch als Asylant ohne Papiere, birgt das ein Risiko. Im Flüchtlingsheim treibt sich der neurotische und fast unscheinbare Reinhold herum, er versucht Männer zu rekrutieren, um Drogen zu verkaufen. Trotz Francis Schwur und anfänglicher Standhaftigkeit, gerät auch er in die Fänge von Reinhold.
Schnell lernt er das süße Leben von Weib, Wein und Gesang kennen. Reinhold nimmt ihn in seiner Wohnung auf, eine ungewöhnliche Bindung, fast Freundschaft entsteht zwischen den beiden. Reinhold tauft Francis in Franz um, der geht seinem neuen Job unter Reinhold nach und lernt auch dessen Chef Pums kennen. Zudem macht er die Bekanntschaft mit der attraktiven Eva und verliebt sich in sie, es scheint Aufwärts zu gehen, wenn auch in eine fragwürdige Richtung.
Doch Francis beginnt innerlich vieles zu hinterfragen, er wird aufsässiger gegenüber Reinhold. Bei einem gemeinsamen Überfall auf einen Juwelier wirft Reinhold bei der Flucht Francis plötzlich aus dem fahrenden Auto. Er überlebt das Ganze nur knapp, verliert allerdings einen halben Arm. Eva bringt ihn zu einer Freundin, die Mieze genannt wird, hier soll er wieder auf die Beine kommen. Die Prostituierte Kitty, genannt Mieze, ist wenig begeistert, auch von Francis, doch sie lenkt ein. Zwischen Francis und Kitty entwickelt sich trotz anfänglicher Abneigung mehr, er hilft ihr sich bei einem ihrer Kunden zu rächen und wird ihr Zuhälter.
Aber in Francis nagt etwas, er überfällt Reinhold in seiner Wohnung, um sich an ihm zu rächen. Doch es entwickelt sich komplett anders als erwartet, er ist wieder in dem Sog des unberechenbaren Reinhold gelandet. Und dieser beginnt erneut seine Fäden mit Francis zu ziehen, in denen auch Kitty eine Rolle spielen wird.
Eindruck
Der Regisseur Burhan Qurbani verfilmt „Berlin Alexanderplatz“ frei nach dem Roman von Alfred Döblin und transportiert seine Geschichte in das heutige Berlin. Das 1929 erschienene Buch wurde schon 1931 verfilmt und auch von Rainer Werner Fassbinder, als kleine TV-Serie inszeniert. Der Regisseur tauscht nun die Figur Franz Biberkopf gegen den gestrandeten Asylanten Francis aus und anstatt den letzten Jahren der Weimarer Republik, geht es in die Gegenwart.
Francis (Franz) wird von Welket Bungue recht eindringlich gespielt, dennoch kann er den Zuschauer nicht immer fesseln. Ganz anders Albrecht Schuch (Reinhold), der seine neurotische, undurchsichtige und irre Figur höchst beeindruckend mit Leben füllt. Daneben gibt es unter anderem Joachim Krol (Pums), Annabelle Mandeng (Eva) und Jella Haase (Mieze) zu sehen, die alle ihren Part vielschichtig darstellen.
Von der Inszenierung in „Berlin Alexanderplatz“ bekommt man relativ wenig Berlin zu sehen. Überwiegend spielt es sich in Räumlichkeiten ab, wie Bars, Clubs und dem Flüchtlingsheim. Ein paar wenige Ausnahmen bilden die Drogengeschäfte im Park oder Szenen mit Reinholds Boss Pums. Das Setting ist kühl, eigen und zeigt seinen eigenen Kosmos, einer dunkleren Berliner Seite.
Fazit, „Berlin Alexanderplatz“ ist ein ungewöhnlicher Film geworden, zwar bietet die Zeitversetzte Geschichte in die heutige Zeit einen vielversprechenden Ansatz, doch so richtig packend gelingt dies nicht immer, den Zuschauer ununterbrochen zu faszinieren. Dazu trägt einerseits die hohe Laufzeit von über 3 Stunden bei, wie auch die extrem gemächliche Erzählgeschwindigkeit. In einigen Momenten erinnerte mich die Herangehensweise oftmals an typische David Lynch Szenen, inklusive dessen verstörenden Score.
Mir blieb die Darstellung von Francis häufig recht blass, seine Odyssee durch Berlin, zu glatt und vorhersehbar. Reinhold dagegen zog mich mit seiner Performance deutlich mehr in den Bann, auch wenn man mit Francis Schicksal durchaus mitfieberte, so blieb Reinhold der heimliche Star in „Berlin Alexanderplatz“. Ein Film, der eigentlich kein Tempo besitzt, der uns fast nur Francis begleiten lässt und das in dokumentarischer Art. Die Spannung entsteht daraus, wohin verschlägt es ihn und wie meistert Francis die ständig wechselnden Situationen.
Mit philosophischen Dialogen einer Stimme aus dem Off, auch von Francis, verleiht man seinem hoffnungslosen Leben eine Seele. Eine gute Seele in einer Welt, die seelenlos erscheint. Sein Trip durch Berlin, das so gar nicht nach Berlin aussieht, ähnelt einem Roadmovie zu Fuß, in einer endlos erscheinenden Stadt. Dessen Zentrum immer wieder Reinhold ist, der Francis nicht loslässt und Francis scheinbar nicht losgelassen werden will. Hier gibt es kein schwarz und weiß, selten eine Grauzone. Francis Leben verläuft in dunklen Bahnen, Positives muss man suchen, so wie Francis. Ob er oder der Zuschauer es in „Berlin Alexanderplatz“ findet, nehme ich hier nicht vorweg. Kein Film für die breite Masse, aber auch keiner, der es nicht Wert ist gesehen zu werden.
Ein Drama mit hypnotischer Wirkung, das zeigt, wie schnell man auf die schiefe Bahn gelangt und wie schwer es ist, sie zu verlassen.
Bild
Teils farblich reduziert, mit mal fahler und auch warmer Filterung versehen, präsentiert sich das Bild. Das nächtliche lichtdurchflutete Berlin erscheint ungleich kräftiger. Sein Neonlicht verleiht der Szenerie eine lebendige wie trügerische Stimmung. Die Schärfe und das Kontrastverhältnis liegen auf hohem Niveau, einzig der Schwarzwert leidet bisweilen unter den stilistischen Mitteln. Insgesamt ein sehr gutes Bild, mit gelungener Detailzeichnung, an dem es kaum etwas zu bemängeln gibt.
Ton
Tonal ist die DTS-HD MA 5.1 Spur recht zurückhaltend abgemischt. Akustisch fügt sich die Tonspur dem Gezeigten und versucht nicht den Film dramatischer oder spektakulärer erscheinen zu lassen. Nichtsdestotrotz, bekommt man eine stimmungsvolle Abmischung, die dynamisch aufspielt, wenn es notwendig ist und zurückhaltend bleibt, wenn es die Szenerie erfordert. Klingt nicht sonderlich aufregend, bietet im laufenden Film jedoch die passende Klangkulisse.
Extras
- Interviews mit Darstellern und Crew
Testequipment
JVC DLA-X35
SONY KD-77AG9
Panasonic DMP UB704
Marantz AV8801 / MM7055
B&W 7er Serie 5.1
Hier erhältlich:
- Berlin Alexanderplatz (Blu-ray)
- Berlin Alexanderplatz (DVD)
- Berlin Alexanderplatz (digital)
(Hartmut Haake)
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