Am 2. September 2021 kam „Behind You“ auf Blu-ray, DVD und digital in den Handel und wir haben für alle Interessierten das Review dazu:
Mit den Horrorfilmen ist das ja so eine Sache. Wirklich herausragende Genrebeiträge, wie die beiden bisherigen Filme des aufstrebenden US-Regisseurs Ari Aster, „Hereditary – Das Vermächtnis“ und „Midsommar“, sind äußerst selten. Selbst große Produktionen, wie die „Conjuring“ – Reihe oder die dem gleichen Filmuniversum zugehörige „Annabelle“ – Reihe, unterliegen zumeist den gleichen immer wiederkehrenden Erzähltopoi und rekurrieren auf die stets gleichen, schon unzählbare Male gesehenen dramaturgischen Einfälle, sodass es für Genrefans schwierig ist, wirklich wertvolles Material zu finden. In Bezug auf das Horrorgenre lässt sich die Binsenweisheit „schlimmer geht immer“ jedoch bestätigen. Ist die Liste an Nachbildungen der großen Genrefilme aus dem Low-Budget-Bereich, die das Ganze qualitativ dann nochmal um einige Stufen nach unten setzen, doch unüberschaubar lang. Als würde das noch immer nicht reichen, ließ man kürzlich mit „Behind You“ von Matthew Whedon und Andrew Mecham ein weiteres billiges Horror-Machwerk auf die Zuschauerschaft los.
Story:
Nach dem Tod ihrer Mutter gelangen die Schwestern Olivia (Addy Miller) und Claire (Elizabeth Birkner) unter die Obhut ihrer Tante Beth (Jan Broberg), da der Vater der beiden Mädchen aufgrund seiner Arbeit abkömmlich ist. Das Haus der Tante scheint jedoch ein mysteriöses Geheimnis zu bergen – wie erklärt es sich sonst, dass alle Spiegel verdeckt sind? Schon bald stellt sich heraus, dass in den Spiegeln des Hauses ein Dämon sein Unwesen treibt. Da in so ziemlich jedem Horrorfilm ein dämliches Missgeschick unverzichtbar ist, durch welches der Dämon freigesetzt wird, ist es auch hier nur eine Frage der Zeit, bis der Spuk so richtig losgeht.
Eindruck:
Kennt ihr diese Kommentare in der Art: „Wenn du X auf Wish bestellst“? Damit kommentiert man gemeinhin in sarkastischer Manier ein sehr minderwertiges Produkt, das ein hochwertiges Produkt X kopiert, jedoch nicht im entferntesten an dieses heranreicht. Man setze für X jetzt den Titel eines beliebigen, halbwegs bekannten und halbwegs gut gemachten Hounted House-Horrorfilms ein, und schon hat man eine ziemlich genaue Vorstellung von „Behind You“. Dieses Werk möchte derart gerne ein möglichst klassischer Horrorfilm sein, dass es eine dem Genre gegenüber konforme, uninspirierte und schockierend einfallslose Geschichte erzählt. Diese schockierende Einfallslosigkeit ist dann auch das einzig schockierende an diesem Film, der tatsächlich schockieren möchte, was auf der Metaebene eigentlich schon wieder eine schockierende Ironie ist. Was genau uns der Film mitteilen möchte, das lässt sich beim besten Willen nicht sagen. Außer halt, dass da ein böser Dämon in einem verfluchten Haus ist, der sich mit Zuhilfenahme eines psychisch ohnehin labilen Mädchens in der realen Welt manifestieren möchte.
Das sah man so oder ähnlich schon oft genug, allerdings war es nicht immer derart billig umgesetzt wie hier. Man merkt „Behind You“ durchgehend an, dass es den notwendigen Mitteln fehlte, die ohnehin völlig uninteressante Geschichte einigermaßen annehmbar umzusetzen. Der Film sieht exakt so billig aus, wie seine Produktion vermutlich war. Da ist man umso mehr erleichtert, dass das Ganze nach nur 82 Minuten schon wieder endet.
Innerhalb dieser kurzen Lauflänge muss man jedoch so einiges an furchtbar schlecht umgesetzten Horrormomenten über sich ergehen lassen, die zudem nicht den geringsten Ansatz eigener Ideen in sich bergen. Stattdessen wird praktisch jedes noch so ausgeleierte Klischee mitgenommen. Türen, die sich von selbst bewegen, furchtbar schlecht animierte Dämonenfratzen, Jumpscares, die sich bereits aus der größtmöglichen Entfernung ankündigen, Jumpscares, die angedeutet werden, dann aber ganz überraschend doch nicht umgesetzt werden, und Menschen, die von einer unsichtbaren Entität durch den Raum geschleudert werden. Da fehlt doch eigentlich nur noch das Duell gegen einen Dämon, der in den Körper eines kleinen Mädchens fährt. Nun, ihr könnt ja mal raten, was im letzten Drittel des Films passiert.
Der Low-Budget-Charakter verdeutlicht sich nicht nur an der billigen Umsetzung und insbesondere an den, soweit vorhanden, lächerlichen Spezialeffekten. Auch der völlig untalentierte fügt sich in das Bild ein. Selbst wenn man kein hoch bezahlter Hollywoodakteur ist (und auch bei denen ist Schauspieltalent ja nicht immer zwangsläufig vorhanden), sollte man doch ein Gespür dafür haben, die eigene Rolle auf natürliche Art und Weise zu spielen. Die Schauspieler laufen jedoch entweder mit geöffnetem Mund durch den halben Film, um Emotionen wie Schock oder Aufgeregtheit darzustellen, oder sie starren derart teilnahmslos in die Leere, als hätten bewusstseinserweiternde Substanzen bei den Dreharbeiten eine Rolle gespielt. Nun gut, vielleicht war dies auch tatsächlich die einzige Möglichkeit, den Dreh dieses Machwerks irgendwie auszuhalten.
Bild:
An eine DVD-Version sollten die Erwartungen ohnehin gedrosselt werden – das sehr schlechte Bild der Ausgabe liegt jedoch gewiss nicht nur am Trägermedium, sondern deutlich sichtbar auch an der schlechten Ausrüstung, mit welcher der Film gedreht wurde. Insbesondere Kanten von Gesichtern oder Gegenständen sind stellenweise derart verpixelt, dass jede moderne Handykamera ein besseres Bild hinbekommen hätte.
Ton:
Es liegen die originale englische Tonspur vor, die für die Sichtung gewählt wurde, sowie eine deutsche Synchronisation. Den Ton gibt es in Dolby Digital 5.1 und DTS 5.1. Der englische Originalton ist soweit in Ordnung, mehr jedenfalls, als sich das über die anderen Bestandteile der Ausgabe sagen lässt. Fraglich ist nur, warum lediglich deutsche, aber keine englischen Untertitel angeboten werden.
Fazit:
Dass es sich bei „Behind You“ ganz klar um einen Low-Budget-Film handelt, ist ausdrücklich keine gültige Entschuldigung für das Desaster, das der Film darstellt. Bereits 2007 bewies „Paranormal Activity“, dass sich auch mit knapp bemessenem Budget und ohne Spezialeffekte eine Menge anstellen lässt. Nun ist „Paranormal Activity“ natürlich weit davon entfernt, ein Meisterwerk zu sein, doch gelang es dem Film seinerzeit, seine sehr begrenzten Mittel voll auszuschöpfen und eine minimalistisch angelegte, aber durchaus atmosphärische Grundstimmung zu erzeugen. Man muss eben innerhalb der Grenzen des Machbaren bleiben – das haben die Verantwortlichen hinter „Behind You“ nicht verstanden. Am Ende bleibt nur ein weiterer redundanter und billiger Horrorfilm, den die Welt nicht braucht.
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(Pascal Weber)
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