Film: „Miss Robichaux’s Akademie für außergewöhnliche junge Damen“ ist eine Einrichtung für Mädchen mit ganz besonderen Fähigkeiten. Dort treffen die Junghexen Zoe, Madison, Nan und Queenie auf Hausherrin Cordelia Foxx, die ihren Schülerinnen einen verantwortungsvollen Umgang mit ihren Fähigkeiten vermitteln will. Cordelias Mutter Fiona Goode, die Oberste Hexe ihrer Generation, will die jungen Hexen indessen auf eine Schlacht gegen die Menschheit rüsten, denn diese sind nach wie vor eine Gefahr für ihre Zunft. Doch nicht nur ein Orden professionellen Hexenjägern ist den Hexen auf der Spur, auch ein Geist aus der Vergangenheit und die Voodoo-Königin Marie Laveau stellen sich als nicht zu verachtende Bedrohung für den Zirkel heraus, und selbst Oberhexe Fiona verfolgt gnadenlos ihre eigenen Ziele, die nicht unbedingt zum Vorteil des Zirkels sind.
„American Horror Story“ bietet mit jeder Staffel eine völlig neue, unabhängige und in sich geschlossene Handlung, welche die Vorkenntnis der vorherigen Staffeln überflüssig macht. Dabei nehmen sich die Macher stets einem – wie der Name schon sagt – typisch amerikanischen Horrorelement an. In der ersten Staffel ging es um ein klassisches Spukhaus, in der zweiten Staffel ging es um menschliche Abgründe in einer Nervenheilanstalt und nun widmen sich Brad Falchuk und Ryan Murphy einem neuen Thema, das immer wieder für Alpträume sorgt: Hexen!
Dabei stehen die jungen Hexen, beziehungsweise deren Fähigkeiten, in der Staffel nicht einmal so sehr im Mittelpunkt. Im Grunde genommen handelt es sich bei „American Horror Story: Coven“, so der Originaltitel (der mehr als die deutsche Titulierung „Staffel 3“ klarmacht, dass es sich hierbei um eine in sich geschlossene Story handelt) um ein klassisches Coming-of-Age-Drama mit einem gehörigen übernatürlichen Einschlag. Hexen alleine sind natürlich nicht genug für eine Serie wie diese, und so werden jede Menge Folklore, klassische Urbane Legenden und eine dicke Portion Zombie-Mythologie mit in das Handlungsgerüst hineingemischt.
Das Endergebnis ist dabei nicht halb so gut, wie die Masse der Dinge vermuten lassen würde.
Das Problem der dritten Staffel liegt nämlich zum Großteil genau darin begründet, dass sie nicht so recht weiß, was sie eigentlich will. Am Anfang bekommen wir ein paar wahrlich schockierende Szenen aus New Orleans des frühen 19. Jahrhunderts gezeigt. Madame LaLaurie (Kathy Bates) gibt dort eine Party, um endlich einen Mann für ihre jüngste Tochter zu finden. Die Party endet mit der Zurschaustellung übelster Gräueltaten gegen die schwarzen Sklaven und ist in Punkto Abscheulichkeit nur schwer zu überbieten. Sollte man jedenfalls meinen, denn im weiteren Verlauf der Staffel werden solche Szenen keine Seltenheit sein. Das Grotesk-Morbide wird derart voyeuristisch dargeboten, dass man als Zuschauer gar keine andere Wahl hat, als es entweder zu lieben oder zu hassen. Eine Szene, in der zu den Klängen von „Oh, Freedom“ ausgerechnet ein Anschlag auf afroamerikanische Charaktere verübt wird, sorgte in Amerika für einen wahren Auffuhr der Verärgerung, da damit für manche die Grenze des guten Geschmacks deutlich überschritten wurde.
Rassismus in absoluter Reinkultur – wobei Serienneuzugang Kathy Bates hier eine gnadenlos gute Performance abgibt, womit sie ihrer Darstellerkollegin Jessica Lange ein ums andere Mal das Wasser abgräbt. Aber dazu später mehr.
Jedenfalls sind diese Ekel- und Schockszenen in der dritten Staffel keine Seltenheit, was häufig die Frage aufkommen lässt, warum auf dem Cover lediglich ein blaues und kein rotes FSK-Siegel prangt, aber in letzter Zeit stellt sich diese Frage, gerade im Serienbereich, recht häufig. Es ist jedenfalls so, dass diese Szenen zwar stellenweise Handlungsrelevant sind, aber viel zu häufig zum Selbstzweck eingesetzt werden. So wird leider häufig den Eindruck erweckt, als wollte man hinter den Abscheulichkeiten die wahre Schwäche der Staffel verbergen: Die Handlung, so vielschichtig und verworren sie auch sein mag, kommt nämlich nie so richtig in Gang.
An Ideen mangelt es den Autoren der dritten Staffel sicher nicht: Neben den Hexen bekommt der Zuschauer wandelnde Tote geboten, es kommt zu Hexenverbrennung – untermalt mit grandios unpassender Jazzmusik – und Kettensägen schwingende Teenager legen sich mit Serienmördern an. Allerdings ist Weniger manchmal mehr, und statt echtem Horror oder auch nur dem ansatzweisen Gefühl der Furcht, welches wir den ersten beiden Staffeln erleben durften, ist Staffel 3 nur mehr eine lose Aneinanderreihung wirrer Ideen, die zwar Spaß macht, aber leider die nötige Substanz vermissen lässt. Das echte Horrorelement ist spätestens zur Mitte der Staffel fast vollständig aus der Serie verschwunden.
Zudem ist die Fähigkeit diverser Akteure, die Toten wieder zum Leben zu erwecken, nur am Anfang eine gute Idee gewesen. Da durch diese Fähigkeit jeder mutmaßliche Tod eines Charakters nur eine Frage der Zeit ist, beraubt sich die Serie damit selbst eines Großteils der damit verbundenen Dramatik. Das Finale setzt dem Ganzen leider noch die Krone auf, denn wie bereits bei Staffel 1 und 2 scheint es fast so, als wären den Autoren in der letzten Folge die Ideen ausgegangen und so kocht man einfach alles Gesehene nochmals auf. Die Ähnlichkeit zum Finale der zweiten Staffel ist derweil so groß, dass man fast meint, man hätte das Drehbuch nur minimal angepasst und damit Zeit und Kosten gespart.
Darstellerisch ist hingegen alles im Lot – mehr noch! Die Darsteller übertreffen sich von Episode zu Episode selbst. Das Hauptaugenmerk liegt erneut auf Jessica Lange, die hier als Oberhexe Fiona Goode wieder alle Facetten ihrer Hinterhältigkeit ausspielen darf. War sie in Staffel 1 und 2 noch unangefochten an der Spitze bekommt sie in Staffel 3 mächtig viel Konkurrenz. Zum einen wäre da Kathy Bates, die als rassistische Sklavenschänderin eine durch und durch verabscheuungswürdige Darstellung bietet, die selbst im späteren Verlauf – wo sie dem Zuschauer fast schon leidtun könnte – erstaunlich hassenswert bleibt. Ihr Schicksal, so hart es auch ist, kann nicht einmal ansatzweise das befriedigen, was der Zuschauer ihr wünscht. Absolut hervorragend.
Ebenso hervorragend spielt Angela Bassett als Voodoo-Königin Marie Laveau hochmütig und arrogant, dabei zu jeder Zeit absolut glaubhaft und mindestens so hinterhältig wie Jessica Lange. Überhaupt ist Staffel 3 eine echte Girl-Power-Staffel. Männer gibt es hier wenige, und die Paar die vorkommen, sind entweder Kanonenfutter oder Mittel zum Zweck. In Erinnerung bleiben hier lediglich die aus den ersten beiden Staffeln bekannte Evan Peters und Denis O’Hare. Peters erleben wir hier als liebenswerter Zombie Kyle Spencer, der wider Erwarten Gefühle entwickelt und seine Erinnerung zurückgewinnt und O’Hare spielt den unterwürfigen Hausdiener des Hexenzirkels, der mit seinen Obsessionen für einige denkwürdige Ekelszenen sorgt und damit lange in Erinnerung bleibt. Oh, und dann hätten wir da natürlich noch Danny Huston als Jazzliebender Axtmörder – auch nicht schlecht!
Unterm Strich lässt sich sagen, dass die Serie sich in der dritten Staffel zwar ihrer Ästhetik und Linie treu bleibt, aber leider nicht ganz weiß, was sie will. Grandiose Darsteller, Ekel- und Schockmomente noch und nöcher, jede Menge Referenzen an die Popkultur und haufenweise Mythen, Mystizismus und Folklore – aber leider keine packende und geradlinige Story. Staffel drei macht zwar noch immer Spaß, aber die Erwartungen, welche in den ersten beiden Staffeln geschürt wurden, können die Hexen leider nicht erfüllen.
Bild: Wer die ersten beiden Staffeln der Serie kennt weiß, was ihn qualitativ erwartet. Nach wie vor wurde auf Zelluloid gedreht, wodurch die Serie eine tolle Kinofilm-Optik bekommt. Allerdings führt dies auch zu leichtem Filmkorn, welches der Serie einen besonderen Reiz und eine gewisse Kernigkeit verleiht, aber eben nicht jedermanns Sache sein dürfte. Glücklicherweise hält sich dieses Kriterium jedoch sehr in Grenzen. Filmtechnisch gibt es grundsätzlich fast nichts zu bemängeln, die Kameraarbeit ist vorzüglich und in manchen Einstellungen fast nicht zu bändigen. So werden Handlung und Protagonisten erneut in allen möglichen und unmöglichsten Winkeln eingefangen und dabei perfekt in Szene gesetzt.
Die Schärfe ist in manchen Einstellungen ganz hervorragend, in machen wiederum eher weich, teilweise sogar verwaschen – auch das ist eine gewollte Entscheidung der Macher und darf daher nicht als Kritik gewertet werden, drückt die allgemeine – rein technisch-objektive – Bewertung allerdings ein wenig nach unten. Details lassen sich dennoch fast immer ausmachen und somit ist die doch recht hohe Punktevergabe durchaus gerechtfertigt. Die Farben sind genretypisch mal mehr mal weniger stark verfremdet, was jedoch ebenfalls ein gewollt und gezielt eingesetztes Stilmittel ist. Der Kontrast ist sehr gut eingestellt und lässt das Bild in manchen Stellen sehr plastisch wirken. Der Schwarzwert kommt hier voll zur Geltung und ist tief und satt, lässt allerdings hin und wieder die Durchzeichnung vermissen.
Ton: Auch der deutsche Ton verfügt wieder über die gleichen hohen Qualitätsmerkmale seiner beiden Vorgängerstaffeln und ist absolut zufriedenstellend. Es werden wieder zahlreichen Surroundeffekten geboten und bereits in der ersten Szene der ersten Episode fühlt man sich gleich mitten im Geschehen. Die Hexen treiben ihr Unwesen rund herum im Heimkino und punkten mit einer ansprechenden Soundkulisse. Die Direktionalität erreicht mühelos die Qualität der zweiten Staffel und erneut lässt sich jeden Soundeffekt einwandfrei zuordnen. Der Subwoofer punktet hier sogar noch mehr als in der zweiten Staffel und kann einige Male zeigen was in ihm steckt. Neben subtilen Bässen, die wieder Angst und Unbehagen beim Zuschauer wecken, gibt es diesmal auch noch zusätzlich Druck auf die Ohren, wenn es zur Sache geht – und das ist sehr häufig der Fall.
Die gesamte deutsche Tonspur ist ebenfalls wieder sehr gut ausbalanciert bietet eine ausgeglichene Balance zwischen der trefflich eingesetzten Musik und den jederzeit klar verständlichen Dialogen. Die Musikalische Untermalung bringt altbekannte Stücke der beiden vorherigen Staffeln auf, setzt aber auch gezielt auf diverse Songs und Jazzstücke, die zum Schauplatz der Handlung passen wie die Faust aufs Auge. Hier zuckt es einem stellenweise förmlich in den Beinen!
Die deutsche Synchronisation ist im Endeffekt sogar besser als die originale Tonspur, zumindest was die Dialogverständlichkeit und Deutlichkeit anbelangt. Die bekannten Gesichter wurden wieder mit den bekannten Stimmen versehen, wodurch zusätzlich eine gewisse Kontinuität erreicht wird. Neu mit an Bord ist die markante Stimme von Klaus-Dieter Klebsch, der dem „Axtmann“ Danny Huston seine tiefe Stimme verleiht, und sogar besser zum Charakter passt als die Originalstimme.
Extras: Das Menü der dritten Staffel ist identisch mit dem Menü der beiden vorherigen Staffeln und lässt lediglich andere verstörende Bilder im Hintergrund ablaufen. An Bonusmaterial wurde leider ein wenig gespart. Lediglich drei Beiträge von einer Gesamtlaufzeit von etwas mehr als einer halben Stunde widmen sich einmal dem „Zombie Halloween“ aus der siebten Episode, dem Hexenzirkel an und für sich und „Ms. Nola“. Alle drei Feautures liegen zwar in HD vor und wurden deutsch untertitelt, sind aber leider nicht besonders informativ und bieten lediglich einen Einblick in die Handlung der Serie, nicht aber in deren Produktion. Somit kann das Bonusmaterial leider nicht sonderlich zufriedenstellen.
Es wird übrigens dringend davon abgeraten, sich das Bonusmaterial vor der Staffel anzusehen, da hier gehörig gespoilert wird.
Fazit: Auch die dritte Staffel von „American Horror Story“ kann wieder überzeugen und hat vor allem qualitativ nichts von seiner hohen Güte eingebüßt. Das Bild ist nach wie vor sehr gut und nutzt einige objektive Mängel wie weichere Bilder und unnatürliche Farben als gezielte Stilmittel. Der Ton bringt zahlreiche Surroundelemente mit und ist der englischen Originalspur in mancher Hinsicht sogar überlegen. Lediglich die Extras sind leider etwas mager ausgefallen und können uns an dieser Stelle absolut nicht zufriedenstellen.
Inhaltlich wird – wie man es von der Serie kennt – wieder eine völlig neue, in sich geschlossene Story geboten, die mit den ersten beiden Staffeln nichts gemeinsam hat und daher einen Quereinstieg absolut erlaubt. Leider verzettelt sich die Handlung in belanglosen Story Fetzen und weiß nie so recht was sie will. Der Schluss ist erneut sehr ärgerlich und macht vieles kaputt. Ästhetisch und vor allem interessant ist die dritte Staffel dennoch, und wer sich nicht an den zahlreichen Logiklöcher und den wilden Sprüngen in der Inszenierung n stört, der kann hier durchaus seinen Spaß haben. „Horror“ ist vielleicht nicht ganz zutreffend, dafür geht es zuweilen recht drastisch zur Sache. Alleine wegen Jessica Lange und Kathy Bates sollte man zumindest mal einen Blick wagen.
(Michael Speier)
© Copyright Bilder und Trailer 20th Century Fox – Alle Rechte vorbehalten
[amazon_link asins=“B00LQ1JOCC,B00BQTL1AW,B00MWLYYF2,B00GJNMU0K,B00PC0EEP0,B00PC0EFIG,B019NXYTIS,B019NXYTJW,B01HP9I9MO“ template=“ProductGrid“ store=“filme-reviews-21″ marketplace=“DE“ link_id=“fba2196c-9468-4868-8792-a0b92d7cdb7b“]