Alte Bande – – Review | Release Company | WDR Media Group | 23.01.2020

1976 drehte der griechische Regisseur Nikos Perakis die Gaunerkomödie „Boxer & Paganini“ mit Mario Adorf und Tilo Prückner in den Hauptrollen. Nicht zu Unrecht kann man behaupten, dass der Film vom Dramaturgischen her eher durchschnittlich war. Was ihn aus der Masse abhob waren die Titel Figuren: Boxer, dargestellt von dem großartigen Mario Adorf („Rossini“, „Der große Bellheim“) und Paganini, dargestellt von dem nicht minder bekannten Tilo Brückner („Die unendliche Geschichte“, „Didi, der Doppelgänger“). Einem Gauner-Duo, welches vom großen Coup träumte und dabei vom Regen in die Traufe kam. Nun, rund 44 Jahre später, vereinen die Regisseure Kaspar Heidelbach und Dirk Kummer Adorf und Prückner noch einmal in diesen alten Rollen.

Inhalt:

Der alte Gauner „Boxer“ verteidigt auf seine alten Tage immer noch seinen Titel als Knastkönig. Sein halbes Leben sitzt er schon ein, aber dass er es noch draufhat, kriegen auch jüngere Knackis zu spüren. Natürlich nur, wenn sie es wissen wollen. Doch das Alter fordert seinen Tribut und das bleibt auch dem Gefängnisarzt nicht verborgen. Es ist Zeit für den alten „Boxer“, in den Rentnerknast zu wechseln. Früher waren sie zu dritt, Henne, Wallberger und er und was für Dinger sie gedreht haben, aber auch diese Zeiten sind längst vorbei. Doch die Beute aus dem letzten großen Coup ist noch sicher. Mit Wallberger hatte er sich verstritten und nun ist nur noch Henne da, der ihn regelmäßig besucht. Dieser hat ihm etwas mitzuteilen, er hat seine alte Flamme gefunden und sie scheint eine Tochter zu haben, seine Tochter. Vergessen sind die Sorgen um den Rentnerknast, die Verlegung, seine Katrin und eine Tochter, das ist ein Zeichen. Ein Zeichen auszubrechen und wo geht das wohl am besten, natürlich im Gefängnis für Pensionäre. Dort ist die Sicherheitsstufe wesentlich geringer, denn wer rechnet schon damit, dass ein Rentner türmt. Doch dort trifft er auf Wallberger, seinen alten Rivalen um Katrin, ob das gut gehen kann?

Meinung und Wertung:

Nach über 40 Jahren sind Mario Adorf und Tilo Prückner wieder vereint vor der Kamera zu sehen, da stellt sich doch die Frage, kann das Alt-Herren-Gespann noch funktionieren? Die Frage kann man mit einem eindeutigen Ja beantworten. Es ist fast schon unglaublich, wie sich Mario Adorf vor der Kamera mit seinen fast 90 Jahren gibt. Nichts, aber auch gar nichts, hat der Grand Monsieur des deutschen Films verlernt. Adorf spielt den in die Jahre gekommenen „Boxer“ zwar dem Alter entsprechend, das aber unerwartet agil. Aber auch der rund 10 Jahre jüngere Prückner spielt sehr souverän auf. Um genau zu sein, spielen die beiden Herren die jüngere Generation geradezu an die Wand. Jeder Satz, jede Pointe und jede Mimik sitzen, somit ist es eine wahre Freude, den beiden bei ihrem Spiel zuzusehen. Der dritte Gauner im Bunde namens Henne, gespielt von Hermann Beyer, gerät dabei leider etwas ins Hintertreffen. Was aber nicht direkt an seinem Spiel liegt, sondern mehr an seiner kleinen Rolle. Scheinbar angespornt durch das hervorragende Spiel der alten Garde, möchte so mancher Nebendarsteller wohl auch über sich hinauswachsen, dabei kommt es an manchen Stellen dann doch zu etwas Overacting, was im Film zwar nicht stört, aber dennoch auffällt.

Die Story ist zwar recht simpel und der Verlauf eigentlich recht geradlinig. Der Plot selbst wurde mit einige Ecken und Kanten verfeinert, damit dieser nicht gänzlich vorhersehbar ist. Nach Dreiviertel des Films kann man sich nicht mehr sicher sein, ob das zu erwartete Ende auch Eintritt. Spoiler-Alarm: Nein tut es nicht, viel Spaß beim Spekulieren. Natürlich reden wir hier von einem TV-Film, dessen Budget natürlich wesentlich begrenzter ist, als bei Kinoproduktionen. Daher gibt es auch keine aufwendigen Settings, Locations oder großartige Tricks. Der Film „Alte Bande“ beweist aber mal wieder, dass Schauspieler, die ihr Handwerk beherrschen, einen Film auch ohne großes Brimborium durchaus tragen können.

Fazit:

Lange Rede kurzer Sinn, kommen wir zum Fazit. „Alte Bande“ ist zwar ein recht einfach gehaltener TV-Film, der mit den Schauspiel-Legenden Mario Adorf und Tilo Prückner durchweg unterhalten kann. Es sitzt zwar nicht jede Szene des Drehbuchs, kleinere Logiklöcher sind durchaus erkennbar. Diese kann man Dank des grandiosen Spiels der beiden Herren durchaus ignorieren. Der Film schließt lose an eine vor über 40 Jahren begonnene Geschichte, um die drei Gauner namens: Boxer,

Wallberg und Henne an. Dabei bleibt der Film charmant, rührend und macht auch ein bisschen nachdenklich. Die Frage, die sich dabei stellt: jagen wir in jungen Jahren den wirklich wichtigen Dingen nach oder sind wir dabei eher blind und übersehen das Wesentliche? Auch wenn die Story für sich alleine keine dramaturgische Meisterleistung darstellt, wird sie unheimlich durch die Darsteller aufgewertet. Daher bekommt die Story allein wegen dem Schauspiel von mir eher selten vergebene Extra Punkte.

Habt ihr den Film gesehen, wie habt ihr ihn empfunden, hat er euch gefallen, bejubelt ihr ihn oder fandet ihr ihn bescheiden, wenn nicht sogar schlecht? Teilt es uns in den Kommentaren mit.

Bild:

Das Bild ist für eine TV-Produktion wirklich ordentlich geworden. Es gibt keine qualitativen Ausreißer nach unten, aber ebenso wenig nach oben. Die Punkte: Farben, Kontraste, Schwarzwerte und Schärfe, können wirklich überzeugen.

Ton:

Der Ton liegt in DD 2.0 vor und ist erwartungsgemäß bei dieser Art Film sehr auf Dialoge getrimmt.  Diese sind durchweg gut verständlich und werden nicht durch andere Geräusche überlagert. Sprich räumliche Effekte oder Surround Sound sucht man hier vergebens.

Extras:

• Making of
• Interviews
• Trailer

(Marc Maurer)

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