„Christoph Kolumbus, Amerigo Vespucci oder doch Leif Eriksson?“
Regisseur Ridley Scott ist ein begnadeter Filmemacher und in puncto „Optik“ einer der besten seines Faches, keine Frage. Er schuf zeitlose Klassiker wie „Alien“, „Blade Runner“ oder auch „Gladiator“, die bestimmt jeder Filmfan in seiner Sammlung stehen oder zumindest schon einmal gesehen hat. Während oben genannte Titel in zahlreichen Bestenlisten oben mitmischen, gibt es aber auch Filme von ihm, die sich nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert haben und sowohl von seinen Fans als auch von Kritikern eher durchwachsen aufgenommen wurden.
Einer dieser Titel ist der 1992 erschienene „1492 – Die Eroberung des Paradieses“, der damals pünktlich zum 500. Jubiläum der Entdeckung Amerikas in den weltweiten Lichtspielhäusern aufgeführt wurde. Anhänger vom Isländer Leif Eriksson sehen die Entdeckung Amerikas natürlich mit ganz anderen Augen, aber das ist ja bekanntlich eine ganz andere Geschichte. Hierzulande erschien die deutsche Blu-ray Erstauflage davon erst 2012 und erhält nun über Pidax Film Media Ltd. und im Vertrieb der Al!ve AG eine Neuauflage spendiert. Die filme.de-Redaktion durfte für seine Leser die Blu-ray Disc auf Herz und Nieren testen und klärt, für wen der abenteuerliche Historienfilm mit Gerard Depardieu in der Hauptrolle denn zu empfehlen ist.
Story:
1942 – Spanien zur Zeit der düsteren Inquisition. Christoph Kolumbus ist getrieben von der Vision, einen neuen See- und Handelsweg nach Indien zu finden. Zielstrebig und auf westlichem Kurs segelt er einem unbekannten Land entgegen. Er hofft Indien zu finden und landet nach einer gefährlichen Reise auf der Insel Guanahani, einem Paradies vor der Küste Südamerikas. Doch der Eindruck täuscht: Hurrikans, Brände, Aufstände, sinnlose Ausbeutung und Brutalität beherrschen das Land. Am spanischen Hof fällt Kolumbus in Ungnade und eine Schiffsflotte ist ihm bereits auf den Fersen, um ihn zu verhaften. Ein gewisser Amerigo Vespucci entdeckt vor ihm das Festland und er selbst wird nach seiner Rückkehr nach Spanien ins Gefängnis geworfen. Die Eroberung des Paradieses endet für Kolumbus mit Verachtung und Enttäuschung. Auch nach seiner Begnadigung durch Königin Isabella und einer weiteren Expedition geben seine Widersacher keine Ruhe, ihn und seine Entdeckung zu verleugnen…
Kritik:
Regisseur Ridley Scott und Autorin Roselyne Bosch gingen recht locker mit der historischen Genauigkeit in dieser fast zu cleanen Erzählung rund um Christoph Kolumbus um. Anstatt den echten Kolumbus zu zeigen, der in vielen Ländern Gold plünderte, während er die Eingeborenen versklavt und massenmordet, zeigt uns Scott einen idealistischen, gutmütigen und sanften „Helden“, der „nur“ eine Neue Welt entdecken will, aber leider von skrupellosen Weggefährten umzingelt ist.
Man muss sich als Zuschauer also damit abfinden, dass Gräueltaten auf andere Personen als auf Kolumbus abgewälzt werden. Schafft man dies aber, bekommt man als Fan von ruhigen Abenteuer-Filmen dennoch solide Kost geboten-trotz diesem bitteren Beigeschmack. Ridley Scott erstellte eine tolle Momentaufnahme dieses Teils der Geschichte. Die Atmosphäre, die Angst, der Schrecken und die Unwissenheit im mittelalterlichen Spanien werden auf brillante Weise wiederhergestellt. Die schiere Weite des Unternehmens – sicherlich größer als der erste Raumflug, da Columbus buchstäblich keine Ahnung hatte, was jenseits des Horizonts lag – wirkt jederzeit authentisch. Wie von Ridley Scott erwartet, wird er dem geschichtlichen Thema vor allem ästhetisch gerecht, trotz der irritierenden Verwendung einiger Farbfilter.
Es ist jedoch erstaunlich, dass direkt nach Scott´s „Thelma & Louise“ die zwischenmenschlichen Momente von „1492 – Die Eroberung des Paradieses“ sprichwörtlich wie Kanonenkugeln versinken. Hier hätten einfach etwas mehr Charakterbildung und Aufbau von Beziehungen stattfinden können. Auch an Spannung mangelt es fast durchgängig – bei einer Laufzeit von 156 Minuten kein gutes Zeichen. Viel zu langatmig kommen einige Szenen daher und können schon mal den Geduldsfaden der Zuseher überspannen. Da hilft auch der damals noch schlanke Gerard Depardieu („Cyrano de Bergerac“) nicht viel, obwohl er besonders positiv heraussticht. Er spielt seinen Kolumbus nicht nur sehr charismatisch, sondern zeigt Gefühle wie Triumph, Leidenschaft und vernichtende Enttäuschung unter Zuhilfenahme seines gallischen Selbstvertrauens sehr glaubwürdig. Aber auch andere Stars wie Sigourney Weaver („Avatar“), Frank Langella (“Frost/Nixon“), Michael Wincott („Hitchcock“) uvm., sind in diesem Werk zu bestaunen.
Bild:
Beim Bild im Ansichtsverhältnis 2,35:1 lässt sich kein Unterschied zur vorigen Erstauflage ausmachen. Die Qualität schwankt nach wie vor zwischen ordentlichem HD-Feeling und grauenhaftem Bildrauschen.
Die Farben werden lebendig und warm. Bei Nahaufnahmen sieht man wirklich jede Falte Depardieus oder die Beschaffenheit seiner Kleidung. Auch viele Details lassen sich dank der Schärfe, die vor allem bei gut ausgeleuchteten und sonnigen Aufnahmen gut zu erkennen ist, ausmachen.
Leider bekommt man dafür in den nächtlichen Szenen mitunter schlechte Schärfe- und Kontrastwerte spendiert. Hier kann das Bild schon mal etwas matschig, detailarm und vor allem sehr körnig ausfallen. Auch Doppelkonturen lassen sich hie und da ausmachen. Vermutlich kann man aus dem ursprünglich erstellten Bild-Master, das damals aus dem 35mm und sogar 70mm Filmmaterial erstellt wurde einfach keine bessere Qualität mehr herausholen – oder es wäre schlicht zu teuer.
Sei´s drum, die Bildqualität ist sehr wechselhaft und gewinnt, gerade im Vergleich mit anderen Produktionen aus dieser Zeit, leider keinen Blumentopf.
Ton:
- Deutsch DTS-HD MA 5.1
- Englisch DTS-HD MA 5.1
Beim Ton war ich in einem Punkt positiv überrascht. Nicht wegen der Qualität, sondern wegen seiner guten Räumlichkeit. Wenn zum Beispiel Kolumbus auf hoher See ist, hört man sehr gut, wie die hinteren Lautsprecher mit einbezogen werden und knarzende Schiffsgeräusche sowie starker Wellengang wiedergegeben werden. Hier bietet der Film eine angenehme Dynamik, die auch auf der Insel Guanahani mit unzähligen Umgebungsgeräuschen fortgesetzt wird.
Leider klingt der gesamte Ton, trotz einer durchschnittlichen Bitrate von 2,5 Mb/S, etwas muffig und angestaubt. Auch die Dialoge könnten etwas lauter wiedergegeben werden – dies gelingt der englischen Originalspur, unter Zuhilfenahme eines breiteren Klangteppichs, wesentlich harmonischer. Auch die Filmmusik von Vangelis hätte etwas brachialer in Erscheinung treten können, immerhin sorgt das bekannte „Conquest of Paradise“ Thema ab und an für Gänsehaut und unterstreicht dadurch die Atmosphäre immens.
Extras:
Als Bonusmaterial gibt es neben einem Wendecover ohne FSK 16 Flatschen (ja, einiges an blutigen Gemetzel bietet der Film auch!) lediglich ein halbstündiges, französisches Making-Of und den originalen Kinotrailer. Beides in SD-Qualität und mit deutschen Untertiteln.
Fazit:
Audiovisuell reißt auch die Neuauflage keine Bäume aus, dafür ist die Bildqualität zu unbeständig und auch der deutsche Ton, trotz Einsatz von abwechslungsreicher Dynamik, etwas zu muffig.
„1492 – Die Eroberung des Paradieses“ ist historisch gesehen zwar nicht ganz detailgetreu, unterhalten kann der gemächliche Abenteuerfilm aufgrund des gut aufgelegten Casts und den exotischen Schauplätzen dennoch. Wer eine gehörige Portion Spannung und viel „Eroberer-Action“ erwartet, liegt bei diesem Ridley Scott Werk aber leider falsch.
Testgeräte:
TV: LG OLED 55C8PLA
Player: Sony UBP X-700
AV-Receiver: Denon AVR X-1500 H
Center-Lautsprecher: Teufel Ultima UL 40 C Mk3
Front- und Surround-Lautsprecher: Teufel Motiv 6
Atmos-Lautsprecher: Teufel Reflekt (Front Height)
(Alexander Gabler)
©Bilder PIDAX – Alle Rechte vorbehalten!
Ich warte schon seit Jahren auf eine Veröffentlichung auf BD, schade das man nicht mehr draus gemacht hat. Aber werd ich mir dennoch irgendwann mal kaufen, wird schon besser sein als meine alte DVD Ausgabe aus der TVMovie 😀
@Birgit die Neuauflage der BR ist NATÜRLICH besser als die alte DVD, Wunder erwarten sollte man aber keine. 🙂